Neue Forschungen zur Herrschaft Wertenstein
und den Baronen von Roussillon als Lehensinhabern
von Lothar Baus

Zeichenerklärung:
[...] drei Punke in eckigen Klammern = Auslassungen im Original
[ ] Text in eckigen Klammern = erläuternde Einfügungen
[?] Fragezeichen in eckigen Klammern = unentzifferbares Wort in Sütterlinschrift

  Die Herrschaft Wertenstein, ein sogenanntes Afterlehen der Grafen von Oberstein, war nur ein kleiner Punkt auf dem riesigen Flickenteppich von Herrschaftsgebieten im ehemaligen Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. Die Freiherren von Roussillon, die zweitletzten Lehensinhaber vor der französischen Revolution, waren von 1690 bis 1754 damit belehnt. Seit dem Jahr 1748 kaufte die Benediktinerabtei Tholei Anteil für Anteil von den Baronen von Roussillon und anderen Erben auf, bis sie 1754 im vollständigen Besitz von Wertenstein war. Außer dem geschichtlichen Interesse an der deutsch-französischen Adelsfamilie, ist ein literarisch-kulturelles mit dem Namen Roussillon verknüpft. Aus dieser Familie stammte eine Goethe-Geliebte, von Goethe und den Darmstädter Freunden und Freundinnen >Urania< genannt, nach einer der neun Musen. Und wie bei einem alten Märchen aus längst vergangenen Zeiten, so ist auch hier vom Staub der Jahrhunderte so viel zugedeckt worden, dass nur noch mit großer Mühe einige wenige Spuren in Kirchenbüchern und Archiven zu finden sind. Bis heute konnte nicht zweifelsfrei und eindeutig geklärt werden, ob nun die ältere Sophie Henriette (* 7.9.1727) oder die jüngere Henriette Alexandrine von Roussillon (*19.1.1745) Goethes Freundin war. Da ich davon überzeugt bin, dass mehrere gewichtige Indizien für das jüngere Fräulein von Roussillon sprechen, erfolgt meine Darstellung der Geschichte der Barone von Roussillon aus der Perspektive von deren Eltern.

  Henriette Alexandrine von Roussillon erblickte am 19. Januar 1745 in Saarbrücken das Licht der Welt. Am 20. Januar wurde sie in der katholischen Basilika des heutigen Stadtteils St. Johann getauft.

  Der Vater, Rittmeister Franz Alexander Moritz Christian Ludwig von Roussillon (kurz Ludwig oder frz. Louis genannt), Baron von Wertenstein und Freisen, war von Beruf Offizier. Er wurde am 22.12.1700 als zwölftes Kind des Jacques de Rossillon und der Johanna Louise, geb. Gräfin von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg, geboren. Er entstammte einer typisch adeligen Offiziersfamilie, die, weil sie keine oder nur geringe Einkünfte aus Grundbesitz besaßen, bei den Grafen und Herzögen ihrer Nachbarschaft in Diensten standen.

  Ludwig von Roussillon begann seine militärische Laufbahn auf die damals übliche Art und Weise: er wurde zuerst Page; und zwar am Hofe des Markgrafen Karl von Baden-Durlach. Wie er selber in einem Brief an den Markgrafen erwähnt, lebte er seit frühester Kindheit an dessen Hof. Am 21. September 1721 wurde er zum Hof-Juncker und Fähndrich bei der Wöllwartischen Compagnie ernannt, die zum löblichen Baden-Durlachischen Schwäbischen Crays-Regiment zu Fuß" gehörte. Am 19. August 1723 widerfuhr Ludwig von Roussillon ein böses Mißgeschick, das schwerste Auswirkungen auf sein ganzes späteres Leben haben musste. Er verletzte in alkoholisiertem Zustand, während eines unsinnigen Geplänkels, seinen besten Freund und Regimentskamerad Wilhelm von Teuffel zu Birkensee mit einem Degenstich am Auge. Die Wunde infizierte sich, höchstwahrscheinlich durch unsachgemäße Behandlung, und der Freund starb am 31. August unter Krämpfen, es war wohl Wundstarrkrampf. Ludwig wurde verhaftet und verhört. Das Protokoll über das Verhör wie auch seine ganze Militärakte liegt im Generallandesarchiv Karlsruhe (Dienerakten Nr. 76/6414). Wegen des schroffen und für ihn unehrenhaften Verhaltens seiner Vorgesetzten geriet er in Panik und floh in der Nacht vom 12. zum 13. September 1723 aus seinem Gefängnis. Wenige Tage später, am 22. September, ließ er folgendes >Bitt-Memorial< an den Markgrafen von Baden-Durlach schreiben (das Schreiben ist eindeutig nicht von seiner Hand):

Durchleuchtigster Marggraf, gnädigster Fürst und Herr

  Wann Ewgl. Hochfürstl. Durchl. weltberühmte erbarmungsvolle Gnad und Milde mir nicht von Kindesbeinen an, mehr dann überflüssig bekan[n]t wäre, würde Ich, [ein] durch das Verhängniß im höchsten Grad unglückseelig Gewordener, mich niemahlen erkühnet haben, Ewgl. Hochfürstl. Durchl. /: die Ich durch mein, ach leyder! allzu groß begangenes Verbrechen, allzu hart beleydiget zu haben in meinem biß in den Todt betrübten Gemüth, zu doppeltem Leydwesen, meines ohnedem gequälten Hertzens gnügsam empfinde :/ durch dieß mein aller unterthänigstes und höchst flehendliches Bitte-Memoriale, zu beschwehren.

  Da aber, Durchleuchtigster Marggraf, Gnädigst. Fürst und Herr! Ewgl. Hochfürstl. Durchl. angebohrene hohe Clemence [Milde] männiglichen [im Sinne von: vielen], sonderlich aber dero Getreuen, durch ein unglückerliges [unglückliches] fatum gefallenen Diener und Unterthan, noch niemahlen versaget, wohl aber Gegentheils höchst rühmlich zu statten kommen. Mein biß in den Todt mich reuend und quälender Zustand Ewgl. Hochfürstl. Durchl. aber, ohne Weitläufiges anführen, mit allen Umbständen sonderlich aus dem bey meiner Verhör geführten Protocollo zur Genüge bekan[n]t, worauf Ich mich auch allhier beziehe, welches genugsam ausweiset, daß diese unglückseelige Entleibung meines vorher jederzeit gewesenen besten Freundes keineswegs vorsetzlich und promeditate, sondern bloß allein aus einer in der Natur selbsten erlaubten Nothwehr, und zwar in Trunckenheit, beyder!, geschehen, daß dannenhero Ich in meinem [?] und leydtragenden Hertzen tröstlich Vergebung von Gott nicht nur empfinde, sondern auch das aller unterthänigste Vertrauen zu Ewgl. Hochfürstl. Durchl. in tiefster Submission trage, dieselben in genauer Erwägung aller Umbständen dieses Facti, mir dero gndl. Pardon nicht versagen, mithin mich in meine biß dahin treulich geleistete Dienste, ohne Kränkung meines ehrlichen Nahmens, und Verschimpfung meiner gantzen Familie, in Gnaden wieder auf- und anzunehmen gnädigst geruhen werden. Item weiß ich gar wohl, daß durch meine Entfernung und heimliche Echappirung aus dem mir höchst beschwerlichen Arrest, meine Sache nicht verbessert, wohl aber verschlimmert, undt bey Ewgl. Hochfürstl. Durchl. mich in nicht geringen Verdacht eines bößen Gewissens, und folglich in noch schwerere Ungnad gesetzt haben werde.

  Da aber, Durchleuchtigster Marggraf, gnädigster Fürst und Herr, der gerechte und allwissende Gott hierin mein Hertz und Sinn am besten weiß, auch überdieß mein Verhör sat[t]samb erweißet, daß Ich zu meiner Defension [Verteidigung] satis ponderosa argumenta vor mir habe, und dannenhero gar keine Ursach gehabt, als trauete Ich meiner gerechten Sachen nicht, mich aus dem Staub zu machen, sondern contestire vielmehr bey meinem guthen Gewissen, daß die Furcht vor einem allzu lang währenden und unleydlichen Gefängnüß verursachet, diese Resolution zu ergreifen. Wannenhero Ewgl. Hochfürstl. Durchl. unterthänigst umb Gnad und Vergebung dieserthalben fußfälligst anrufe, mit der noch weitern gantz flehendlichen Bitte, nicht nur das von mir Begangene in Gnaden zu vergeßen, sondern auch mich in meine vorige Dienste wiederumb gnädigst auf und anzunehmen, und mich also gegen alle meine Verfolger kräftigst zu schützen. Sol[l]te Ich aber, gegen alles Verhoffen, in meinem dermahligen elenden Zustand auch noch so unglückseelig seyn, daß Ewgl. Hochfürstl. Durchl. mich dero Diensten dimittiren wollten, so sehe Ich zwar mein Unglück verdoppelt, und werde also gemüßiget, der Fügung Gottes mich gedultig zu unterwerfen. Zu Ewgl. Hochfürstl. Durchl. aber habe Ich dennoch das feste Vertrauen, daß dieselben in Regard meiner denenselben von Jugend auf geleisteten treuen Diensten, und von denenselben in der Zeit dargegen empfangenen unzählbaren hohen Gnadenbezeigungen, mir auf mein ferner unterthänigstes Schreiben, darinnen Ich den Ort meines jetzigen Aufenthalts kund machen werde /: welches, daß es dießmahls hierinnen nicht beschieht, Ewgl. Hochfürstl. Durch. nicht ungnädigst nehmen werden :/ einen christlichen Pardon und hohe Recommendation an andere Herrschaften, nebst einen ehrlichen Abschied zu nicht geringem Houlagement, und desto beßerer Fortkom[m]ung in meinem betrübten Exilio in allen Gnaden mittheilen werden.

  Auch bitte Ewgl. Hochfürstl. Durchl. Ich nochmahls wehmütigst dieselben an mir die Barmhertzigkeit erweißen, und mich wieder zu Gnaden annehmen, mithin in die bißher so treu geleistete Dienste, umb Gottes und meines dermahligen elenden Zustands willen, gnädigst restituiren, und da Ich so unschuldig in dieß Unglück gekom[m]en, mich nicht gar verstoßen [zu] wollen.

  Ewgl. Hochfürstl. Durchl. sage ich indeßen unterthänigsten Dank, vor alle mir von Kindesbeinen an erzeigte hochfürstl. Gnade und bin bereit solche jeder Zeit mit Guth und Blut hinwieder zu demeriren, der Ich niemahlen nachlaßen werde, vor Ewgl. Hochfürstl. Durchl. hohes Wohlseyn, beständige Gesundheit, langes Leben und glückseel. Regirung, den Höchsten inbrünstig anzuflehen. Mich aber empfehle zu beständig Hochfürstl. Gnad, und in Erwartung einer erfreulichen Resolution, verharre in tiefster Submission

Datum, den 22ten September 1723

Unterthänigst treu gehorsambster Knecht bis in den Tod

Ludwig Christian von Rossillon

  Erst nachdem seine Schulden, die er bei seiner Flucht zurückgelassen hatte, im Jahr 1727 zum Großteil beglichen waren, erhielt er vom Markgraf von Baden-Durlach das gewünschte Pardon.

  Vermutlich durch Protektion seines älteren Bruders Carl von Roussillon, der in Diensten des Grafen Ludwig von Nassau-Ottweiler stand, erhielt Ludwig von Roussillon eine Lieutenantsstelle beim Idsteinischen Kreis-Contingent; und zwar mindestens seit dem Jahr 1726.

  Im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden fand ich weitere Akten und Urkunden zur militärischen Laufbahn des Ludwig von Roussillon. Wiederum ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu vermuten, dass er seine schnelle Karriere den Verdiensten seines älteren Bruders Carl zu verdanken hatte. Nachdem am 6. September 1730 der Capitaine Johann Eberhard Ludwig von Langel gestorben war, übernahm Carl von Roussillon an dessen Stelle die Führung über das Idsteinische Kreis-Contingent. Ludwig von Roussillon wurde vom Lieutenant zum Hauptmann befördert und zum Compagnie-Verwalter des Ottweilerischen Kreis-Kontingents ernannt, der bisherige Compagnie-Verwalter, der Major Philipp Henrich Schröder, zum würklichen Capitaine" bestellt.

Ernennung des Compagnie-Verwalters, Major Schröder, zum würklichen Capitaine"

Von Gottes Gnaden Wir Charlotta Amalia verwittibt und gebohrene Fürstin zu Nassau /ect. ect./ thun kund und bekennen hiermit: Nachdeme unsers jüngern Prinzen Wilhelm Heinrich Liebden bey vormahligem Abgang des bey dem Ottweilerschen Creyß Contingent bisher als Hauptmann gestandenen Carl von Roussillon diesen nach Absterben des von Langels die Itsteinsche Compagnie gnädigst anvertrauet worden hatt [an Stelle] der bisherig Usingsche Compagnie diejenige vom Ottweilerschen und Saarbrückschen Creyß-Contingent übernom[m]en, Wir [?] unseren Major und lieben Getreuen Philippe Henrich Schroeder alß bißherig Compagnie-Verwalther gäntzlich überlaßen und dieseswegen ihn als würklichen Capitaine in Gnaden bestellet. Alß[o] haben wir diese unsere Resolution gnädigst unserm Major Schroeder in Gnaden anfügen wollen.

In Urkunde deßen haben wir gegenwärttiges Patent eigenhändig unterschrieben [?] Signatum Usingen, den 16. Oktober 1730

Carl von Roussillon wechselte von der Ottweilerischen Compagnie

zum Idsteinischen Kreis-Contingent

Von Gottes Gnaden Wir Charlotta Amalia verwittibt und gebohrene Fürstin zu Nassau etc.etc. verkünden und bekennen hiermit: daß nachdeme der bey Unserem Itsteinschen Creyß-Contingent bißher gestandene Capitaine Joh. Eberhard Ludwig von Langel unterm 6. Septembris [1730] Todes verblichen und dann deßen erledigte Stelle wieder anderwärtts zu besetzen. Wir darauf unsern bey der Ottweilerschen Compagnie bißher gestandenen Hauptmann und lieben Getreuen Carl von Roussillon bey Unserem Itsteinschen Creyß-Contingent in eben solcher qualité gnädigst declarirt und bestellet haben. Alß haben wir Herrn Carl von Roussillon gegenwärtiges Patent, mit Unserer eigenhändig Unterschrift [?] ausfertigen lassen. Signatum. Usingen, den 16ten Oktober 1730.

Hauptmanns-Patent für den bisherigen Lieutenant

Ludwig von Roussillon und Ernennung zum Compagnie-Verwalter

Von Gottes Gnaden Wir Charlotta Amalia, verwittibt und gebohrne Fürstin zu Nassau /etc. ect./ verkünden und bekennen hiermit: Nachdeme Wir die durch das unterm [6. Sept.] laufenden Jahres [1730] erfolgte Absterben des bey unserem Idsteinschen Creyß-Contingent gestandenen Capitain Johann Eberhard Ludwig von Langell erledigte Compagnie und Hauptmanns Stelle dem bey unserer Ottweilerschen und Saarbrück'schen Contingent biß anhero gestandenen Hauptmann Carl von Roussillon in Gnade conferirt, dahingegen letztere Compagnie von unserem geliebten jüngeren Prinzen Wilhelm Heinrich Liebden übernommen worden und so dann hierbey unsern bey dem Itsteinschen Creyß-Contingent bißher gestandenen Lieutenant und lieben Getreuen Ludwig von Roussillon bey der von unsers jüngsten Prinzen Liebden übernommenen oberrheinschen Compagnie als würkl[ichen] Hauptmann und Compagnie-Verwalter zu declariren und zu bestellen gnädigst resolvirt; also haben wir Ihm, Ludwig von Roussillon, darüber gegenwärtiges Patent des Endes gnädig[lich] ertheilet, [um] sich bey dem löblichen Creyß damit behörig zu legitimieren. Urkundlich Unserer eigenhändig Unterschrift [...]

Usingen den 16ten Oktober 1730

  Im gleichen Zuge erhielt Carl Dietrich von Oheim die Lieutenants-Stelle bei der Idsteiner Kreis-Compagnie, die der zum Hauptmann beförderte Ludwig von Roussillon früher besaß.

Die Patente wurden von der verwittweten Fürstin Charlotta Amalia von Nassau ausgestellt und unterschrieben, die die gesetzliche Vormünderin ihrer beiden Söhne war.

Lieutenants-Patent für Carl Dietrich von Oheim

  Von Gottes Gnaden Wir Charlotte Amalia /ect. ect./ verkünden und bekennen hiermit: Nachdem Wir Unsern bey dem Itsteinschen Creyß-Contingent bißher gestandenen Lieutenant und lieben Getreuen Ludwig von Roussillon bey Unserer hierauf geliebten Prinzen Wilhelm Henrich Liebden übernom[m]enen Compagnie also Hauptmann und Compagnie-Verwalter vom Ottweilerschen und Saarbrückschen Creyß-Contingent zu bestellen und bißherig und auch lieben getreuen Carl Dieterich von Oheimb an dessen Stelle Lieutenant bey unserem Itsteinschen Creyß-Contingent zu declariren und zu bestellen gnädigst resolvirt, alß haben Wir Ihm, Carl Dieterich von Oheimb gegenwärttiges Patent darüber der Endes gnädigst ertheilet, um sich gemäs bey löbl. Creyß Ausschreib- und Oberstes Ambt geziemend legitimieren zu können.

Urkundl. pp Signatum, Usingen, den 13. Octobris 1730.

Im gleichen Konvolut befindet sich eine Liste von allen Lieutenants, die in der Idsteinischen Kreis-Compagnie dienten, bis zur Auflösung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation:

Acta betreffend die Besetzung der Lieutenantsstelle

bey der Idsteinischen Kreis-Compagnie

Ludwig von Roussillon [bis 1730]

Carl Dietrich von Oheim [ab] 1730

Wilhelm Heinrich von Bendleben 1741

Johann Erasmus von Laßberg 1747

Georg Albrecht Adrian von Specht 1751

Hans Christian Ernst von Spitznah 1756

Johann Friedrich Carl von Schott 1763

Friederich August von Hayn 1766

Friedrich Wilhelm von Maltitz 1767

Carl August Sigismund von Ziegesar 1776

Johann Wilhelm von Hayn 1779

Carl Franz Ludwig Marschall von Bitterstein 1791

[Vorname unbekannt] von Eptingen 1794

  Ein Grund, weshalb die Freiherren von Roussillon schließlich die Herrschaft Wertenstein mit umliegendem Grundbesitz verkaufen mussten, war der Kinderreichtum ihrer Eltern. Außerdem musste man, wenn man beim Militär Karriere machen wollte, seine Hauptmanns-Charge sozusagen kaufen. Kurt Hoppstädter schrieb dazu treffend in seinem Artikel >Der Saarbrücker Hofadel im 18. Jahrhundert<: Unter den Familien des Hofadels besaßen nur die eine solide Grundlage für ihre Existenz, die über Vermögen verfügten oder im Lande draußen einen Besitz hatten und ihren Salär, den ihnen der Fürst gewährte, als angenehmen zusätzlichen Nebenverdienst betrachten konnten. Viele aber entbehrten dieses Rückhaltes und, da ihnen ihr Stand und ihre Stellung bei Hofe gewisse Verpflichtungen hinsichtlich ihres Auftretens und ihrer Kleidung auferlegten, blieb oft Schuldenmachen der einzige Ausweg."

  Als im Jahr 1734 der Polnische Erbfolgekrieg ausbrach und die französische Armee bis an den Rhein bei Mainz vorrückte, begannen die rechtsrheinischen Staaten eilig ihre Streitmacht aufzurüsten. Dies war der Anlass für Ludwig von Roussillon, seinen Bruder Christian, der als der Älteste mit der Herrschaft Wertenstein belehnt worden war, um einen Vorschuss zu bitten aus dem noch auszubezahlenden elterlichen Erbteil. Er und auch sein Bruder Carl brauchten das Geld dringend, um sich Feld-Equipage (Feld-Uniform) anschaffen zu können.

  Er schrieb am 11. Mai 1734 von Usingen aus (Der Brief liegt zwischen den Notariatsakten des Amtes Schaumburg zu Tholei, Seite 546):

  [Der Anfang fehlt]

  [?] könt danach, wan alles das Capitale nicht stehen solle, bis zu seiner Abtragung in Kürze wieder sehe [?] mich die Obligation eine Rahte [?] ich verlasse mich auf der Brüder, kan ein ander Mahl wieder [?] ihr mich bereit mich wan es jetzt nicht so hoch nödig hette, so wolle er nicht begehren. Aber wie er [Carl von Roussillon] bericht, sich in Felt-Equipage zu setzen, da erfordert es viel Geld, ich will auch hoffen, ihr wird zu daime [daheim] sein glücklich ankome. Hir ist noch alles ganz wohl, mich könen erst von [?] von der Schnepenjacht, an dasige sämptliche hohe gnädige Herrschaft mein ganz unterth. [Kompliment?] bitt' zu machen, womit [?]

beharre, mon chère frère,

Usingen, le 11 Marty 1734

Votre très humble et très obeissant serviteur et fidele frère

  Louis de Rossillon

  Seite 547: 2. Brief des Ludwig von Roussillon an seinen Bruder Christian von Roussillon, Herr von Wertenstein:

  [Der Anfang fehlt]

  [?] als schon geschossen kompt. Der Corporal [?] man strich nager [nach] Ottweiller beurlaubt und mir gegenwerdigeß Schreiben von Hr. [?] und dem Atvokaten Huard wie ich es bräuchte [?] ihr schleunigst hin umb die Sache zu befördere, Er möchte sich aber wohl angett manquiren, da aber nun die Sache so weit gekome, es der Familie zum besten gereiche, so müßt ihr auch was dazu aufnehme, aber ich bitte, es auch dahin zu besten anzuwende und weill ihr nun ohnedem auf Zweybrücken gehen wolt, so [?] es so viel neher macht mir, daß die Sache entlich quitt ausgehet nachbalt und [?] bekannt mitt den Herrn Foregnie [Feignies] 40 bis 50 G(ulden) werden wohl in allem daher hinreichend sein,

ade mon chère frère, lebt wohl, ich bin

izt in Biberich [Biebrich bei Wiesbaden] L[ouis] de R[ossillon]

  Ein Jahr später brauchte Ludwig von Roussillon wiederum dringend Geld, zur Beförderung meiner Ehren", wie er an seinen Bruder Christian schrieb. Der Major Schröder hatte den Dienst quittiert und ihm wurde die Stelle des würklichen Capitains", das heißt des Hauptmanns der Ottweilerischen und Saarbrückischen Kreis-Compagnie angeboten.

  Notariatsakten des Amtes Schaumburg zu Tholey, Seite 548: 3. Brief des Ludwig von Roussillon an seinen Bruder Christian von Roussillon, Herr von Wertenstein:

  Mon très chère frère

  In Folge unserer letzten Abrede [?] Sie bey den Krämer mit der Folmacht, daß ihr, mon chère frère, solt in Nahmen meiner 200 G[ulden] aufnehmen, welche ich zu Beförderung meiner Ehren anjetzo von Nöthen habe, weilen nun der Hr. Maior Schröder quidire wird und ich dessen Compagni bekommen werde. Obgedachte zweyhundert Gulden sollen auf die Freysener Rende versichert werden und solle der Schulteiß alda die Pension verrichte, auch mit dieser Clausule [Klausel], daß woferne ich das Leben behalten solle, ich selbige ohne der Familie beschwerden selbsten abdrage werden, widrigen Falls aber daß ich for dem Feind oder sonsten sterben würde, da solle der Creditor oder der Darlehner des [Kapitals] sich [?] ob besagte Sum[m]a der 200 hundert Gulden an meinem Erbentheil erhalle und durch Kraft dies mit und ohne Recht bis er durch einer meiner Gebrüder oder deren [Erben] abgedragen würde, auch solle bis dahin die Pension durch den zeitigen Schulteißen zu Freysen järlig richtig abgedragen werden. Bitte auch, mon chère frère, in die Folmacht wan's dienlich oder angenome wird, setzen zu lassen, daß ich ein hundert Gulden für das erste Mahl abdrage ließe, und nachgehents das Übrige auf daß es mir nicht zu schwer fiele und ich der Interesse [Zinsen] in soweit auf eine Zeit das ganze Capitale übergebe werde. Es were mir ein großer Gefallen, wan ihr mache dettet, daß ihr solches zu [?] bekome köntet, weile bey jetzige Conjuncturen es geferlig werde, dan mir [?]sampt [samt] dem Gelt weg genommen werden könde.

  Der Erstgeborene des Jacques de Rossillon, Christian, erbte das Lehen Wertenstein und damit die Herrschaft über einige Dörfer in der Umgebung. Nach dem Tod seiner Frau Maria Charlotte Juliane, geb. Baronesse von Wangelin, im Jahr 1733, geriet er in immer größere finanzielle Schwierigkeiten. Er hatte dreizehn Kinder zu versorgen, wie sein Vater. Die Schulden begannen dem Herrn von Wertenstein schließlich über den Kopf zu wachsen. Offensichtlich verkaufte er um das Jahr 1737 die Herrschaft an seinen jüngeren Bruder Ludwig (Louis) von Roussillon. Ich fand im Testament der Catharina Christiana von Roussillon auf einer Liste mit unbezahlten Waren des Christian von Roussillon die Anmerkung: alß Herr Louis von Roussillon die werdnsteinisch Guther [Güter] übernommen [hat] hat er auch die Schulden zu zahlen sich anheischig gemacht".

  Erstmals im Jahr 1737 quittierte Ludwig von Roussillon den Erhalt der Flachsabgaben der Untertanen von Freisen: 1737, 38 Pfd. Flachs je Hausstatt [erhalten] am 29.12.1737: Ludwig von Roussillon".

  Das Lehen Wertenstein wurde offensichtlich 1737 von Christian von Roussillon an den jüngeren Bruder Ludwig übertragen; dieser übernahm als Gegenleistung alle Schulden seines Bruders. Ein notarieller Vertrag über diese Transaktion ist nicht bekannt, wurde wahrscheinlich auch nicht erstellt. Nach dem Tod des Ludwig von Roussillon im Jahr 1745 sollte deswegen seine Ehefrau Maria Anna von Roussillon in große finanzielle Schwierigkeiten geraten.

  Am 23. März 1737 kaufte Ludwig von Roussillon von einem weiteren Bruder, Hans Friedrich von Roussillon, durch notariellen Vertrag dessen Viertelanteil ab:

Notarielle Überschreibung des Erbanteils am Lehen und Grundbesitz der Herrschaft Wertenstein des Friedrich von Roussillon an seinen Bruder Ludwig von Roussillon

vom 23. März 1737, Prévoté Schaumburg, Band 4, Tabellion Blandin

Kundt zu wissen und offenbar seye jedermänniglichen so gegenwärtig er Instrument [zu] sehen oder hören dieß: so daß auf heute dato den dreyundzwanzigsten Marty des Jahres siebenzehenhundertdreißigundsieben vor mir dem unterschreibenden geschwornen Tabellion General in dem Herzogthumb Lothringen residirent in dem Ambt Schaumburg zu Tholey, anjetzo mich befindent in dem Schloß Wertenstein und in Gegenwart derer auf der nachgenan[n]ten hierzu legitime requirirte glaubwürdigen Gezeug [Zeugen]; persönlich kommen und erschinen ist: der hochwohlgebohrene Herr, Herr Friederich Freiherr von Roussillon, Herr zu Wertenstein, Freyßen und anderen Orten, jetztmahliger unter seiner Römisch-Kayßerlichen Königlichen Katholischen Majestät, des hochlöblichen Regiments von Waldeck zu Fuß wohlbestel[l]ter Lieutenant, welcher vorbracht und vor mir frey öffentlich zu verstehen gegeben was gestalten Er durch einen steten, festen immer wehrenden und unzerbrechlichen Kauf zu kaufen und zu verkaufen geben, cediret und abandoniret, bester Weise es dann auch geschehen kann oder mag, dem auch hochwohlgebohrenen Herrn, Herrn Ludwig, Freiherr von Roussillon, Herr zu Wertenstein und Freyßen und anderen Orten, jetztmahligen Haubtmann unter dem hochlöblichen Nassauischen Regiment zu Fuß des Oberrheinisch Crayßes, alß seinem Herrn Bruder, all seine Prätension und Ihme zukommende Erbschaft schon erwehnte Herrschaft Wertenstein, bestehend in einem vierten Theil in den sogenannten Dörfern Frayßen, Weyersbach, Bleiderdingen, Heimbach und Leitzweiler, wie dann auch in den Höfen Weibweiler und Wallenberg und das bey letzterer Commission hießiger Herrschaft cedirten Lands auf dem Weyersbacher Berg gelegen, begreifend ohngefehr dreyhundert Morgen, in ausgemachter vierter Theil bestehen kan[n] oder mag, es seye an Regalien, Jurisdictionalien, Renthen und Gefällen, Hoch- Mittel- und Niedergerichtigkeiten, Unterthanen, Frohnden, Bett, Zinßen, Gülten, Zehenden [?] Jagdten und [?] in [genauer] Summe sich es [?] noch vorbehalten, es möge solches alles herkommen in oder außer dem Landt, vor und umb die Summa zweytaußend und zweyhundert Gulden rheinischer Wehrung, jeder Gulde zu sechzig Creutzer gerechnet, wovon achthundert Gulden Herrn Verkäuffer schon bester Seyts erlegt worden und worüber Er Hr. Käuffer bestens quittiret auf deßhalbe die Exception non numerat pecunia völlig renunciret, die übrige vierzehnhundert Gulden sollen in zweyen Terminen folgender Gestalt erlegt werden, daß wann Herr Käuffer sich [ver]heirathen würde oder sol[l]te, Er [an] Herrn Verkäuffer alßdann vierhundert Gulden bezahlen solle, die restirende taußend Gulden aber nach Verfließung zweyer Jahren von heute dato an, wobey dann ausdrücklich verabredet worden, daß wenn geg[en] Verhoffen Herr Verkäuffer durch ein Unglücksfall oder sonsten sol[l]te undienstbar werde[n], und sich dißfalls nicht mehr kön[n]te vorstehen, so verspricht Herr Käuffer Ihne zu unterhalten sein Leben lang und solle zugleich zu verzehren haben einhundertfünfzig Gulden vorgemelter Wehrung, so Er in allem Fall doch zu genießen haben solle, alß gehörig zum Kauffschilling und fangt solche Genießung, nach Verfließung zweyer Jahren wie oben gemelt [im Sinne von: angegeben], und cessiret nach seinem Absterben des Herrn Verkäuffer, welcher sich krafft dießes, vorgemelter seiner Praetensionen und Erbschafft [selber] enterbet vor [für] sich und seine Nachkommende zu Ewigen Zeiten, tenuncirend auf alle Exceptionen und Beneficia Juris sie mögen Nahmen haben wie sie wolle, erdacht sein oder nacherdacht werden, welcher [alle] Partheien also eingewilliget, und versprochen zu halten und der Obligation aller Ihrer anderer Hab und Güther, gegenwärtiger und zukünftiger, dessen in specie Ihrer hochfreyherrlichen Gnade Herr Christian von Roussillon auch zu finden, welchem man die Praeferentz dießes Kauffs gegeben hat worden, alles getreulich und ohne einigen Spitzfund noch Arglist. So geschehen Wertenstein Tag und Jahr wie vorgemelt, in Gegenwart des hochwohlgebohrenen Herrn Joseph Florent Freyherr von Feignies, Herr zu Gonnesweiler, Tholey und anderen Orten und dem Herrn Philipp Henrich [?] vorzeit Advocatus zu Birkenfeldt, wozu man auch erbath die Ehrsamen Johannes Schneider und Michael König, Schultheiß und Gerichtsleut zu Hopstätten alß Zeugen, so sich nebst obgemelter Parthei eigenhändig unterschrieben.

  Fr[iedrich] von Roussillon

  Ludwig von Roussillon

  Christian von Roussillon Herr zu Wertenstein

  F. J. Freyherr von Feignies [der Schwager des Ludwig von Roussillon]

  Ludwig von Roussillon war im Jahr 1737 sozusagen formell im Besitz von drei Vierteln an der Herrschaft Wertenstein, hatte aber dafür hohe Schulden machen, bzw. noch die Schulden seines Bruders Christian mit übernehmen müssen. Schulden zu haben, das war schon immer eine gefährliche Sache. Außer dem unangefochtenen Besitz der Herrschaft Wertenstein erhoben die Barone von Roussillon noch Erbschaftsansprüche an der sogenannten Winterhauch, einem großen Waldgebiet zwischen Oberstein und Baumholder. Jedoch dieser Besitz war nicht frei verkäuflich, da noch bei den höchsten französischen und deutschen Gerichten um die Erbschaftsrechte mit dem Grafen Christian Reinhard von Leiningen-Heidesheim gestritten wurde. Darauf werde ich weiter unten noch ausführlich eingehen. Höchstwahrscheinlich spekulierte Ludwig von Roussillon auf einen günstigen Ausgang des Winterhauch-Prozesses. Doch der zog sich länger hin, als im schlimmsten Falle befürchtet. Er dauerte nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte. Mit dem Erlös aus dem Verkauf seines Ertbteils an der Winterhauch, hätte er wohl mit einem Schlag ein Großteil seine Schulden tilgen können.

  Zu allem Unglück meldeten sich jetzt unvermutet weitere Verwandte, die Erbschaftsansprüche auf einen Teil der Herrschaft Wertenstein zu haben glaubten. Eine Tochter des Jacques de Rossillon und seiner Gemahlin Johanna Louise, geb. Gräfin von Leinigen-Dagsburg-Falkenburg, namens Louise (* 20.10.1685), heiratete den Bürger Stefan Hild, Sohn eines Weiersbacher Schuhmachers. Mit ihm hatte sie drei Söhne. Diese bekamen Kenntnis von dem Versuch des Ludwig von Roussillon, die Erbanteile seiner Brüder aufzukaufen. Da ihre Mutter Louise, geb. Freiin von Wertenstein, bereits verstorben war, wandten sich die Gebrüder Hild an ihre Onkel Carl und Ludwig von Roussillon und forderten von ihnen ihr mütterliches Erbteil an dem Lehen, dem Herrenhaus Wertenstein und dem umfangreichen Grundbesitz, über 300 Morgen Land und zwei Bauernhöfe namens Weibweiler und Wallenberger Hof bei Heimbach/Nahe.

  Eigentlich wäre ihr Erbanspruch nur ein Sechstel gewesen, denn es lebte noch eine Schwester ihrer Mutter, das Fräulein Catharina Christiana von Roussillon, in Saarbrücken. Da diese jedoch keine Ansprüche an das Erbe stellte, bzw. die Hild nicht bei der Durchsetzung ihrer Forderung gerichtlich unterstützte, erhöhte sich der Anteil der Gebrüder Hild auf ein Fünftel.

  Nach dem Lothringischen Landrecht, frz. Coutumes Generales de Lorraine, besaßen die weiblichen Kinder aus dem sogenannten höheren" Adel kein Erbrecht am Lehen. Sie wurden mit Geld aus dem Vermögen ihrer Eltern abgefunden. Ludwig von Roussillon, in rechtlichen Dingen wahrscheinlich beraten von seinem Schwager Joseph Florentin de Latre de Feignies, stellte sich selbstbewusst auf den Standpunkt, dass die Familie von Roussillon zum höheren Adel zu zählen sei und er deswegen den Kindern seiner Schwester Louise, die einen Bürgerlichen geehelicht habe, nichts vom Lehen ausbezahlen müsse. Zumindest würde ihnen nicht das verlangte Sechstel oder Fünftel vom Gesamterbe zustehen.

  Gewiss versuchten die Gebrüder Hild zuerst auf gütlichem Wege zu einer Einigung mit ihren adeligen Verwandten zu gelangen. Mehrere Briefe wurden gewechselt, jedoch der Onkel Ludwig von Roussillon versuchte, die endgültige Entscheidung auf den St. Nimmerleinstag hinauszuschieben. Schließlich klagten die Gebrüder Hild vor dem Conseil d'État zu Lunéville auf Auszahlung eines Fünftelanteils an der Herrschaft Wertenstein, das Erbteil ihrer Mutter Louise Hild, geb. Freiin von Roussillon. Um mit ihrer Forderung bei Gericht Recht zu bekommen, mussten sie jedoch eine unehrenhafte Familiengeschichte preisgeben. Und zwar wußten sie, dass ihre Großmutter Amelia Sibylla, geb. Gräfin von Dhaun-Falkenstein, mit ihrem Mann, dem Grafen von Leiningen-Dagsburg-Guntersblum, nur in einer sogenannten Gewissensehe" lebte und nach zehn Jahren Ehe von diesem verstoßen wurde. Diese Tatsache genügte offensichtlich dem französischen Gerichtshof zu Lunéville, um den Freiherren von Roussillon die Ehre einer altadeligen Familie abzuerkennen. So kam es, dass die Gebrüder Hild, gegen alle Erwartung des Barons Ludwig von Roussillon und seines Rechtsberater, des Barons de Latre de Feignies in Gonnesweiler, beim Conseil d'État zu Lunéville den Prozess gewannen. Am 15. Janaur 1739 erging das Urteil, das die Beklagten Carl und Ludwig von Roussillon auf Auszahlung eines Fünftels der Herrschaft Wertenstein verurteilte.

  Am 5. März 1739 erging ein zweites Urteil des Conseil d'État, in welchem Ludwig von Roussillon aufgefordert wurde, eine Erklärung bei Gericht abzugeben über alle Einkünfte aus den ererbten Gütern seit dem 25. Oktober 1726, seit dem Tode seiner Mutter Johanna Louise von Roussillon.

  Am 20. August 1739 erging ein drittes Urteil, worin die Beklagten Carl und Ludwig von Roussillon aufgefordert wurden, innerhalb eines Monats die Urteile vom 15. Januar und 5. März des selben Jahres umzusetzen.

  Nun kam es offenbar wiederum zu einem länger andauernden Briefwechsel zwischen den Gebrüdern Hild und ihren adeligen Onkeln Carl und Ludwig von Roussillon. Es vergingen vier Jahre, da beschlossen die drei Gebrüder Hild, in die Heimat ihrer Mutter zu reisen, um mit ihren adeligen Verwandten persönlich zu einer gütlichen Einigung zu gelangen. Wie der Zufall es wollte, befand sich der Hauptmann von Roussillon ebenfalls in der Nähe, nämlich bei seinem Schwager, dem Baron de Latre de Feignies in Gonnesweiler, das nicht weit von Hoppstädten-Weiersbach entfernt liegt. In einem Brief an die Gebrüder Hild signalisierte der Baron von Roussillon schließlich, dass er gewillt sei, sich gütlich mit seinen Neffen zu einigen.

  In der allergrößten Vorfreude auf einen positiven Ausgang des jahrelangen Prozessierens, reisten die Gebrüder Hild nach Hoppstädten-Weiersbach.

  Aber der Hauptmann von Roussillon, in seiner großen finanziellen Not - zu viel Geld hatte der Erwerb der Herrschaft und das jahrelange Prozessieren gekostet - spielte mit falschen Karten. Der Bürgermeister von Weiersbach hatte seine Instruktionen. Er machte die drei Gebrüder Hild mit viel Branntwein betrunken. Anschließend wurden sie nach Gonnesweiler gefahren. Hier lud man sie direkt vorm Wirtshaus aus, wo sie wiederum viel Wein zu trinken erhielten. Als sie völlig betrunken waren, kamen die beiden kleinen Söhne des Hauptmann von Roussillon, um sie zum Herrenhaus des Barons von Feignies zu führen. Mit großer Freundlichkeit wurden sie von ihrem Onkel, dem Baron von Roussillon, dessen Frau Gemahlin und dem verwandten Ehepaar von Feignies empfangen. Man bedauerte gegenseitig, dass man sich nicht früher gütlich geeinigt und so viel Geld an Advokaten und Gerichtskosten vergeudet habe. Der Hauptmann von Roussillon war auch keineswegs knauserig. Er akzeptierte ohne langes Feilschen ihre Forderung von fünftausend Écus d'Empire und noch dazu die Erstattung aller Kosten, die sie im Zusammenhang mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche bis heute hatten. Der Einigungsvertrag wurde von dem Baron Joseph Florentin de Feignies eigenhändig aufgesetzt und die Madame de Feignies führte dem Carl Hild sogar die Hand bei der Unterschrift unter den Vertrag, so betrunken war er gewesen. Zum Abschluss des Vertrags spendierte der Hauptmann von Roussillon noch ein Glas Schnaps für alle, um auf die gütliche Einigung anzustoßen. Dann wurden die Herren Hild wieder zurück ins Wirtshaus geführt, wo sie übernachten konnten. Ein wahrhaft herzliches Familientreffen und man solle noch einmal etwas gegen die Adeligen sagen, von wegen alle Ausbeuter und Blutsauger.

  Am anderen Tag, als die Gebrüder Hild ihren Rausch ausgeschlafen hatten, kam die doppelte Ernüchterung. In dem Vergleichsvertrag, den einer von ihnen in seiner Manteltasche fand, stand anstatt fünftausend Écus d'Empire nur - fünfhundert. Sie hatten den Vertrag unterschrieben, ohne ihn vorher genau durchgelesen zu haben.

  Sofort rannten die Herren Hild zum Haus des Freiherrn von Feignies, um den Hauptmann von Roussillon zu sprechen und den offensichtlichen Irrtum zu berichtigen. Doch dieser war mit seiner Familie bereits abgereist. Auch der Baron von Feignies war nicht mehr für sie zu sprechen und hinter dem Eingangstor standen zwei bewaffnete Bediente mit drohenden Mienen. Da wussten die Gebrüder Hild, dass sie von ihrem Onkel betrogen worden waren. Jetzt fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen. Es war die gleiche Methode, wie man beim Militär junge Rekruten anwirbt. Man macht sie betrunken und wenn sie nicht mehr wissen, was sie tun, lässt man sie einen Revers unterschreiben, in welchem sie sich für viele Jahre zum Militärdienst verpflichten. Ihre Gutgläubigkeit und Vertrauensseligkeit hatte sie so leichtsinnig und blind werden lassen.

  Mehrere Tage suchten sie verzweifelt nach Rat und Unterstützung. Ihre Rechtsanwalts- und Gerichtskosten überstiegen bei weitem die Summe von 500 Ecus. Schließlich fanden sie den Weg zum Notar der Prévoté Schaumburg in Tholei. Hier gaben sie folgende Aussage zu Protokoll:

Notariat der Prévoté Schaumburg, notarielle Niederschrift Nr. 149

[Seite 336]

Aujourd`hui seizième décembre milseptcentquarantetrois [1743] pardevant le tabellion général au Duché de Lorraine résidant en la prévôté de Scha(u)mbourg à Tholaye soussigné et en présence des témoins dignés de foy cy après nommés sont comparus personnellement vers les huit heures du matin en notre tabellionage les sieurs Jacque, Michel et Charles les Hild; le premier sergeant au régiment de Normandie en garnison à Cambrai, les deux autres soldates dans Royale artillerie bataillon de Varesse la garnison à Grenoble, actuellement à Weyersbach tous résidants [Seite 337] les quels ont declaré qu`ayant procu au Conseil d'État du Roy indécise au sujet de la succession de demoiselle Louise de Roussillon feu leurs mère concernant la seigneurie de Wertenstein et autres prétentions contre les Sieurs Charles, Louis, Frederick et la demoiselle Christiane de Roussillon leurs oncles et tante maternelle de sorte que trois arrêtes seraient déjà intervenu dont le dernier leurs était inconnu jusqu' [aujourd`] huy et que le procès était prêt à être décidé sur la fond de la constitution et comme les dits Sieurs Charles et Louis de Roussillon ont reconnu leurs bon droit et qu`ils ne pouvaient en obtenir gain de cause contre les comparants lesquels ont fait suffisement reconnaître par leurs lectures et pièces produites qu`ils étaient véritables héritiers les ont recherché différente fois pour une accommodement et enfin par leurs subtils arcifius et leurs solliciteurs préposés à cet effet. Notament le sieur Jacob Schneider prévôt local de la dite Seigneurie de Wertenstein qui par beaucoup d'eau de vie les à totalement grisé. Ils se sont transportés au lieu de Gondesweiller où on les fit appeler au cabaret ou ils ont encor [?] beaucoup de vin aujourd'hui pour de dimanche de quoy les fils de Roussillon était informés de leurs situation et qu`ils étaient hors de raison les firent appeler au domicile du S[ieu]r Baron [Seite 338] de Feignies beaufrère dudit S[ieu]r Louis de Roussillon et profitant de ce moment pour subtiliser un accommodement sur la demande faite par les comparants de la somme de trente cinq mille livres outre les frais et dépenses daproles, leurs jardin ad verses. Les voyant sans raison ne sachant ce qu`ils faisaient par leurs discours la gagement et celle promise leurs ont présentés a les chandelle vers les six heures du soir un accommodement du quel ils n`avaient aucune connaissance et dressé à leurs désir, qu`ils leurs ont fait signer sans savoir la teneur de celuy cy qui est si vray qu'on n`était obligé de conduire la main au dit Sr. Charle Hild, différentes fois, la première fois par Madame de Feignies et la seconde par le Sieur Wahlen son baillif de cour ont donné et obligé de prendre une somme de quinze Ecus d' empire qu'il ont trouvé ce matin à leurs poches et aujourd` huy matin étant dégrisé ils ont reconnu la surprise manifeste pour qu`ils comptaient trouver dans leurs accommodement cinq mille Ecus argent d' empire outres les frais et dépens dont les dites sieurs et dames de Roussillon devaient être chargés d'acquitter jour à qu`il leurs advenait de la dite [Seite 339] succession quoi qu`il leurs en advint d'avantage suivant les prépositions qui on [?] fait entre les [?] cy devant et au lieu des cinq milles il ne s`entrouvant que cinq cent insent en le ditte accommodement ce qui fait retard considérable aux comparants, la [?] est d' autant plus clair voyant qu`ils ont antidite le dit accommodement du quatorze décembre tandis qu`elle a été passé les quinze jours d`hier et dimanche ayant bien préconnu que les comparants était surpris de boisson et [?] de la baratine l' accommodement serait nul s`il on le datait du même jour et le improcesse de deux témoins suspecte ne (»schprechent«?) la langue francaise dans lui le S[ieu]r W le S[ieu]r Vahlen baillif et l`autre Jean Vassendiller prevôt local et [?] du dit Sieur de Feignies beau frère de S[ieu]r Louis de Roussillon qui lui même à écrit l'accommodement; c`est pourquoy les dits comparants ont protesté protestant formellement contre le dit accommodement surpris aux fins qu`il ne puisse leurs [?] ny préjudicier on facon quelconque et déclarant qu`ils seront pouvoir contre juliy au Conseil d'État du Roy pour le faire déclarer nul et comme non avenu même pour se faire relever de leurs [Seite 340] signatures surprises dans la boisson [?] de [?] et jour de dimanche et encore unitament le tous sans préjudice tante au principal usufruits dommages intérêts et dépenses aussi que de raison aux déclarations en outre qu`ils feront mettre le dernier arrêt obtenu contre les dits sieurs de Roussillon a circulation dont acte fait et passé les ans et jours avant dit en présence des Sieurs Francois Robert, Sergent en la prévôté de Scha[u]mbourg et tous les [?] Tholaye, témoins (à leveguis?) les quels ont signés avec les parties après [?] lecture faite [?] que nous la langue francaise.

[Unterschriften] Jacque Helt, Michel Helt, P. C. Hild, F. Robert (Tabellion)

Unleserlich Unleserlich Unleserlich [Unterschriften der Zeugen]

Die deutsche Übersetzung lautet:

[Seite 336]

Heute den sechzehnten Dezember tausend siebenhundert vierzig drei [1743] vor dem Generalnotar im Herzogtum Lothringen, amtierend in der Prévauté Schaumburg zu Tholey, unterzeichnend und im Beisein weiter unten genannter glaubwürdiger Zeugen; persönlich sind erschienen gegen acht Uhr des Morgens in unserer Kanzlei: die Herren Jakob, Michael und Carl Hild, der erste Sergeant im Regiment Normandie in der Garnison zu Cambrai, die beiden anderen Soldaten im Königlichen Artillerie-Bataillon von Varesse in der Garnison zu Grenoble, zur Zeit alle in Weiersbach wohnhaft, [Seite 337] welche erklärt haben, einen noch nicht entschiedenen Prozess angestrengt zu haben beim Staatsrat des Königs, betreffend die Erbschaft der verstorbenen Demoiselle Louise von Roussillon, ihrer Mutter, bezüglich der Herrschaft Wertenstein und anderer Ansprüche gegen die Herren Karl, Ludwig, Friedrich und das Fräulein Christiana von Roussillon, ihre Onkels und die Tante mütterlicherseits, in der Form, dass drei Urteile bereits ergangen wären, von denen das letztere ihnen unbekannt wäre bis heute; und dass der Prozess vor seiner Entscheidung stünde auf Grund der Verfassung; und da die besagten Herren Karl und Ludwig von Roussillon ihr [der Gebrüder Hild] gutes Recht bereits anerkannt haben und dass sie keinen Gewinn daraus ziehen können gegen die Komparanten [die Vergleichenden], und da sie hinreichend haben erkennen lassen durch ihre Schreiben und durch die vorgelegten Beweise, dass sie die wirklichen Erben [wirklich erbberechtigt] wären, und dass sie verschiedene Male angestrebt haben, einen Vergleich herbeizuführen, durch ihre feinfühligen (Bestrebungen?) und zuletzt durch die zu diesem Zwecke vorgeschickten Bittsteller. Der Herr Jakob Schneider, örtlicher Prévot der besagten Herrschaft Wertenstein, beschwipste sie total mit viel Schnaps; danach wurden sie nach Gonnesweiler gebracht, wo man sie in ein Wirtshaus bestellte, wo sonntags viel Wein getrunken wird. Daraufhin wurden die Söhne [des Ludwig] von Roussillon über ihren Zustand informiert und als sie [die Gebrüder Hild] außer Verstand waren, ließ man sie zum Wohnsitz des Barons [Seite 338] von Feignies rufen, dem Schwager des besagten Herrn Ludwig von Roussillon, und man nutzte diesen Moment dazu aus, um eine subtile Einigung herbei zu führen über die von den Vergleichenden [den Gebrüdern Hild] vorgetragene Bitte über eine Summe von fünf tausend Livres, dazu noch die Unkosten und Auslagen. Als man sie dann im Vollrausch [sans raison] sah, nicht mehr wissend was sie taten, haben sie ihnen ein sehr schönes Versprechen gemacht, sie würden gegen sechs Uhr abends einen Vergleich abschließen, von dem sie [die Gebrüder Hild] keinerlei Erkenntnis hätten, der aber nach ihrem Wunsch zustande käme, den sie dann unterschrieben, ohne den Inhalt davon zu kennen. Es ist wahr, dass man dem besagten Charles Hild dabei die Hand verschiedene Male führen musste, das erste Mal von der Frau von Feignies und das zweite Mal von Herrn Wahlen. Ihr Hofamtmann hat sie gezwungen, eine Summe zu nehmen von 15 Écus d`Empire, die sie diesen Morgen in ihren Taschen gefunden haben; und heute Morgen, als sie wieder nüchtern waren, haben sie zu ihrer großen Überraschung erkannt, da sie meinten in ihrem Vergleich den Betrag von fünf tausend Ecus d'empire zu finden und noch dazu die Unkosten und Spesen, womit die besagten Herren und Damen von Roussillon belastet werden sollten, quittiert zu haben zum Tag an dem zukäme von der besagten [Seite 339] Erbschaft das was ihnen noch außerdem zustünde nach den Vorschlägen, die gemacht wurden zwischen den oben genannten Partnern; jedoch an Stelle von fünftausend befand sich nur [das Wort] fünfhundert in dem genannten Vertrag; was einen erheblichen Minderbetrag ausmacht für die Vergleichsschließenden. Die Sache ist noch klarer ersichtlich, weil sie den besagten Vergleich vorausdatiert haben auf den 14. Dezember, während er aber schon gestern vor 15 Tagen abgeschlossen wurde und am Sonntag, wo sie genau vorausgesehen haben, dass die Vergleichspartner vom Suff befallen wären und von der (baratine) [?], da wäre der Vergleich nichtig, weil man ihn nicht mit dem gleichen Tag datiert hätte und auch wegen der Nichtprozessfähigkeit von zwei suspekten Zeugen, die die französische Sprache nicht verstehen [wörtlich ne sprechent"?), wie der Herr W. der Herr Wahlen, Amtmann, und der andere Jean Wassendiller, örtlicher Prevot des besagten Herrn de Feignies, Schwager des M[onsieur] Ludwig von Roussillon, der den Vertrag selbst geschrieben hatte.

Deswegen haben die besagten Vergleichsschließenden [die Gebrüder Hild] protestiert, formell widersprechend gegen das besagte überlistete Abkommen, und damit sie deshalb in keinerlei Form beim Gericht vorbelastet wären erklärten sie, dass sie etwa gegen Juli die Sache vorbringen könnten beim Staatsrat des Königs um den Vergleich für null und nichtig erklären zu lassen und auch um sich entbinden zu lassen von [Seite 340] den im Rausch gegebenen Unterschriften am Sonntag und eindeutig von allem vorher Zugesagten, hauptsächlich von schädlichen Nutzungsrechten, Zinsen und Ausgaben, sowie von der Begründung der Erklärungen. Außerdem wollten sie das zuletzt ergangene Urteil gegen die Herren von Roussillon in Umlauf bringen [sie wollen es öffentlich machen zur Blamage der Freiherren von Roussillon], dessen Akte vor Jahr und Tag gemacht und vollzogen wurden; gesprochen im Beisein der Herren Francois Robert, Sergeant in der Herrschaft Schaumburg und in allen [?] von Tholey, Zeugen, welche unterzeichnet haben mit den Parteien nach Vorlesung [?] in französischer Sprache.

[Unterschriften] Jacque Helt, Michel Helt, P. C. Hild, F. Robert (Tabellion)

Unleserlich Unleserlich Unleserlich [Unterschriften der Zeugen]

  Dieser Vorfall sollte jedoch keine negativen Auswirkungen für die drei Gebrüder Hild haben. Das französische Gericht erkannte den geschlossenen Vergleich nicht an.

  Am 13. Dezember 1745 erfolgte das vierte Urteil. Die Zwangsvollstreckung gegen die Beklagten, Carl und Ludwig von Roussillon, wurde angeordnet.

  Ludwig von Roussillon reiste im Juni des Jahres 1745 nach Bergzabern. Hier schloss er mit dem Amtmann Marx am 2. Juli 1745 einen Kreditvertrag ab über 2.537 Livre und 10 Sol in lothringischer Währung. Am 22. Dezember 1745 befand er sich in Straßburg, wo er an seinem Geburtstag starb. Die Möglichkeit, dass es Freitod war, ist aufgrund der hohen Schulden nicht auszuschließen. Möglicherweise reiste er noch zum Gerichtshof nach Lunéville, um zu versuchen, durch eine Teilabzahlung seiner Schuld die Zwangsvollstreckung aufhalten zu können? Wir wissen es nicht. Sicher ist nur, er stand kurz vor dem Bankrott.

  Ein fünftes Urteil erging am 20. April 1747. Darin erhielten die drei Herren Hild die gerichtliche Vollmacht, ihr Fünftelanteil an der Herrschaft Wertenstein frei verkaufen zu dürfen. Am 8. Januar 1748 verkauften sie zusammen mit ihrem Onkel Carl von Roussillon jeder ein Fünftel, zusammen zwei Fünftel, an die Abtei Tholey für die Summe von 14.320 Gulden. Jede Partei erhielt demnach 7.160 Gulden. Die Herrschaft Wertenstein mit Herrenhaus und umliegendem Grundbesitz besaß demnach zum Zeitpunkt des Verkaufs am 8. Januar 1748 einen Wert von insgesamt 5 x 7.160 Gulden, zusammen 35.800 Gulden.

  Als dritter verkaufte Friedrich von Roussillon sein Fünftelanteil an die Abtei Tholey. Er verkaufte für 5.600 Reichsgulden, was wohl eine andere Währung als im obigen Kaufvertrag bedeutet. Der frühere Vertrag mit seinem Bruder Ludwig von Roussillon aus dem Jahr 1737 war wegen Nichterfüllung, wegen dessen Tod, nichtig und durch Arret [Urteil] des Conseil d'État vom 31. Mai 1748 aufgehoben worden.

  Hier der Wortlaut des Kaufvertrags:

Notarieller Vertrag vom 4. November 1748

[ab Seite 78]

Expédier

Du quattre Novembre mille sept cent quarante huit après midi par devant le tabellion général résidant à Tholey soubssigné et présenté les témoins cy bas nominés est comparu en personne Monsieur Fréderic baron de Roussillon seigneur en partie de Wertenstein capitaine du régiment de Toscanne o lequel a déclaré avoir vendu volontairement cedis et transporté comme par les présentes, il vend et de transporte et délaisse pour toujours en tous droits de propriétés et fond avec la garantie de tout. Troubles, donnation, douaire [douère], substitution, fideis-commis et usufruits, hypothèques, cautions, et autres impulsements quelconques, aux sieurs Prieurs et Religieux de l'abbaye de Tholey présents et acquettants pour eux et leurs successeurs dans la communauté du consentement et permission obtenue au préalable de monsieur Theobert d'Hame leur reverendissime abbé, pour subvenir aux besoins pour l'habillement des dits réligieux et entretien de leur bibliotéque, un cinquième franc et quitte de toutes dettes , surtout de la rentification et entretient de l'église de Fraysen de même que de la portion congrue di sieur curé du dit lieu pour tout quoi ils ne devront jamais rien, qui luy appartient dans la terre et seigneurie de dit Wertenstein, Wayersbach, Bleyderding, Heimbach, Leitzweiller, Gumbweiller, Nohefeld. Pour la rente et trentes oyes a cause du terrain dit Holtzhausen vue par la ruette du dit lieu à douze Petremens la pièce, Fraysen et autres lieux euoniére (enoniere) par les comptes et la déclaration du deux décembre dernier dans la (cense) de Weibweiller, bois , pays et autres choses endépendants, château , maisons, granger (granges?), écuries enclos circuit, haute, moyenne et basse justice, droits de troupeaux apart dans toute l'étendie de la ditte seigneurie et chasse et de peches tout sur le même seigneurie qui site celle de Hobsteten grandes, petites et autres droits y attachés, rentes, dixènes, en grains, en argent, droit de mariage, corsées et autres plus emplements d'étaillés par les comptes des reuveurs de Wayersbach et Fraysen et par la ditte [Seite 79] déclaration sans aucune réserve, à l'exception du bois de la Winterhaub et des droits indépendents qui ne sont point partie de la présente vente, et qui sont expressement retenus et reservés, non plus que la dixène en vin de Krepsweiller aussy reservé à cause de la vente faite anciennement, les biens foues (soues) presentements cédés abandonnés et vendu sont specif. par une expertise des trente un mars et premier avril mille sept cent quarante et sept qui a été remise cy devant aux dits sieurs acquereurs pour du surdits cinquiéme presentement vendu enjoiie faite et disposée par les dits sieurs acquereurs dans la totalité judioise avec les enfants mineurs de feu le sieur Louis Baron de Roussillon pour deux cinquièmes qui leurs appartiennent, attendu l'arrêt obtenu par le dit sieur vendeur au Conseil d'État du Roi le vingt quatre août dernier que a été remis aux acquereurs lequel sieur Fréderick de Roussillon vendeur s'est venir acuir [?] et dépossessioné du dit cinquième vendu et amis ? et mets les dits sieurs acquereurs en bonne reillé et actuelle sais [?] et possession sans être obligé d'en prendre aucune autre comme bien venant de ligne pour enjouir ainsy et deme que le dit vendeur en a jouis, ou die jouir comme aussy droits, rentes ,biens et autres benefices qui pourrraient d'etenir a frauduleusement, ou qui se trouveroient et dont les dits acquereurs pourront faire. Le recouvrent els seront à leurs profit, sans aucune recherches ni repetitions de la part du dit sieur vendeur. La présente vente faite pour et moyennant la somme de cinq mille cent florins pour tous les biens, rentes et revenus situés, en lorraine, et celle de cinq cent florins pour les biens, Rentes et revenus situés en Empire avec les vins ordinaires qui ont été consommés les quelles deux sommes faisant celle grosse de cinq mille six cens florins au cours d'empire, la quelle payé comptant en bonne grosses espèces d'or et d'argent [Seite 80] dont le dit Sr. vendeur s'est tenu entièrrement satisfait et contant, laquelle somme provenantis des derniers empruntes par contract du trente septembre dernier des enfants mineurs procrées du mariage d'entre feu madame Jeanne Therèse du Hau de Martigny laquelle vivait épouse de messieure Grandville Ellion de port Ellion et que le dit Sieur vendeur subroge en des droits p. l'hipothèque spéciale sur les biens vendus; et comme les dits sieurs acquereurs ont déjà aczepté cy devant un cinquième de sieur Charles Baron de Roussillon, et un autre des sieurs Hilt par contract du huit janvier dernier lesquels ont été décrété volontairement, le nommé Francois Histerheim ayant sommé opposition au décret, des vendeurs pour en obtenir main levée ont été condamné par sentence de la prevoté de Schambourg au dix neuf octobre dernier de déposer du prix de la vente de chaque cinquième une somme de cinq cens [cent] écus d'empire pour securetté de l'hipothèque pretendue sy [si] mieux n'aiment donner caution et que par laditte sentence il paroit que le dit Histerheim pretend (par ?) hipothèque sur les autres cinquièmes de la seigneurie il a été convenu que le dit sieur vendeur deposeroit grussament [gruessement] pareille somme de cinq cens [cent] ecus d'empire ouquel donnerait caution jusqu'au qu'il en soit autrement ordonné, a quoyil s'est soumis et obligé sans préjudice et sans (sauf) ses droits contre le dit Histerheim, et a promis le dit sieur vendeur la garantie de la présente vente comme dit, est faite l'obligation en tous ces autres biens, meubles et immeubles, présents et advenir, et s`est chargé pareillement de remettre aux dits acquereurs; les pieces titres papiers ou [?] [Seite 81] qu`il peut avoir ou qu`il pourrait découvrir concernant la dite seigneurie soit en originaux soit en copie collationnée fait et passé par le dit tabellion soussigné et envoyé des sieurs Jean Francois Barail, résidant à Nancy et de Charles Emanuel Deschamps résidant a Lunéville, trouvé au lieu témoins aussi soussigné après lecture faite ./. approuvé le mot parlé a la vingtième ligne d'autre part

J. Fr. de Roussillon, Capitaine de sa Majesté Impériale

P. Cuno Wolf, Prior

Vitalis Schlöder / Antonius Horsch

Gaspard Le Payen / Maximin Motten

Wendelinus Harrich / Pa. Simeon

P. Theobertus Martini / Candidius le

  E. Deschamps / Fr. Barail

Nachschrift:

Nous Theobert par la providence de Dieu abbé de L'abbaye de Tholey [?] par les présents [?] autorisé nos prieurs et religieux à faire la présente acquisition à leurs profit et charge comme il est dit dans le contrat ci- dessus ainsi que nous, les authorisancés par le présentes, sans que jamais confusion soit des rentes de la dite seigneurie avec celles de l`abbaye fait le dit jour quatre Novembre mille sept cent quarante huit.

Theobert abbé de Tholey

M. Seyler [Tabellion] 1748

Die deutsche Übersetzung lautet:

[ab Seite 78]

Abschicken.

Am 4. November tausend sieben hundert acht und vierzig [1748] nachmittags vor dem General-Notar, wohnhaft zu Tholey, unterzeichneten und erschienen die unten genannten Zeugen. Persönlich erschienen ist Herr Baron Friederich von Roussillon, teilhabender Herr von Wertenstein, Capitaine des Regiments Toskana, welcher erklärt hat, das Besagte hiermit freiwillig zu verkaufen und zu übergeben; er verkauft und überträgt und überlässt für immer und mit allen Rechten des Eigentums und Grundbesitzes mit voller Garantie der (Troubles), Schenkungen, Ersatzleistungen, Fideis-Komissionen und [?], Hypotheken, Kautionen und anderen irgendwelchen Ansprüchen an die Herren Prioren und Mönche der Abtei Tholey, hier zugegen und in Empfang nehmend für diese und deren Nachfolger, zugleich mit der Zustimmung und Genehmigung, erhalten im Voraus von Herrn Theobert d'Hame, ihrem ehrwürdigsten Abt, um beizutragen zu den Bedürfnissen der Bekleidung der genannten Mönche und der Unterhaltung ihrer Bibliothek, ein Fünftel [von der Herrschaft Wertenstein] und frei von allen Schulden, hauptsächlich für die Rentifikation und die Unterhaltung der Kirche von Freisen, ebenso eine gleich große Portion für den Herrn Pastor des besagten Ortes; für all das brauchen sie [die Leibeigenen] nie mehr aufzukommen, was ihm [Friedrich von Roussillon] gehört im Land und in der Herrschaft des besagten Wertenstein, Wayersbach, Bleiderdingen, Heimbach, Leitzweiler, Gimbweiler, Nohfelden. Als Rente für die Lieferung von dreißig Gänsen des Gebietes, genannt Holtzhausen, vorgesehen des besagten Ortes zu zwölf Petermänner [trierische Währung] das Stück, Freisen und andere Orte der Umgebung wegen der Kosten und der Erklärung vom 2. Dezember letzten Jahres in der Richtung nach Weibweiler, Wald, Land und andere selbständige Dinge, Schloss, Häuser, Wiesen, Stallungen, Weideflächen, Wegenetz, hohe, mittlere und niedere Gerichtsbarkeit, besondere Weiderechte im ganzen Gebiet der besagten Herrschaft und die Jagd und die Fischerei in der gleichen Herrschaft, welche [?] [?] von Hoppstädten große, kleine und andere dazugehörige Rechte, Renten, Zehnte an Getreide an Geld, Heirats-Recht ? und anderer détaillierter (emplensents ) auf Kosten der (reuveurs ) aus Weyersbach und Freisen und durch die besagte [Seite 79] Erklärung ohne Ausnahme; jedoch nicht aus dem Wald Winterhauch und der unabhängigen Rechte, welche überhaupt nicht Teil des gegenwärtigen Verkaufs sind und welche ausdrücklich zurückgehalten und reserviert werden; auch der Zehnte für den Wein aus Krepsweiler ist ebenso ausgenommen aus dem früher getätigten Verkauf der überlassen, aufgegeben und verkauft ist durch ein Gutachten vom 31. März und 1. April tausend sieben hundert vierzig und sieben [1747], welches ist ausgehändigt worden zuvor an die genannten Herren Erwerber für das oben genannte Fünftel, das gegenwärtig verkauft wird, erfreulicherweise gemacht und vorgelegt von den Herren Erwerbern in juristischer Vollkommenheit mit den minderjährigen Kindern des verstorbenen Herrn Baron Louis de Roussillon für zwei Fünftel [an der Herrschaft Wertenstein], welche ihnen gehören, auf Grund der Verordnung erhalten durch den genannten Herrn Verkäufer bei der Staatskanzlei des Königs am 24. August letzten Jahres, welcher ausgehändigt wurde an die Käufer; Herr Friederich von Roussillon, der Verkäufer, hat sich [?] und enteignet durch besagtes verkauftes Fünftel und [?] und versetzt die besagten Herren Käufer in den Genuss und jetzigen [?] und Besitz ohne verpflichtet zu sein davon zu nehmen irgend etwas anderes als Gut welches herkommt aus der Linie um sich so zu erfreuen und [?] wie der besagte Verkäufer sich davon erfreut hat; erfreut durch die gleichen Rechte, Renten, Güter und anderen Einnahmen, welche könnten oder welche sich befinden würden und die besagten Käufer könnten machen. Der [?] von [?] zu ihren Gunsten ohne irgendwelche Recherchen oder Wiederholungen von Seiten des besagten Herrn Verkäufers. Der gegenwärtige Verkauf wird getätigt und vermittelt für die Summe von fünf tausend und hundert [5.100] Gulden (Florins) für alle Güter, Renten und Einkünfte , die in Lothringen liegen, und für fünf hundert Gulden für die Renten und Einkünfte, die im Kaiserreich liegen, mit den gewöhnlichen Weinen, die verzehrbar sind, die beiden Summen machen zusammen den Betrag von fünf tausend sechshundert [5.600] Gulden in der Währung des Kaiserreiches, welches zahlbar ist in guten dicken Gold- und Silbermünzen, [Seite 80] womit der besagte Herr Verkäufer sich voll und ganz zufrieden gibt, welche Summe herstammt aus den letzten Anleihen durch Vertrag vom 30. September letzten Jahres der minderjährigen Kinder aus der Ehe zwischen der verstorbenen Frau Jeanne Therèse du Hau de Martigny, welche lebte als Ehefrau des Herren Grandville Ellion von Hafen Ellion, welche der besagte Herr Verkäufer aus Rechten der Sonderhypothek auf die Güter, die verkauft werden, und die die besagten Herren Käufer bereits weiter oben akzeptiert haben, ein Fünftel des Herrn Karl Baron von Roussillon, und ein anderes von den Herren Hilt durch Vertrag vom 8. Januar letzten Jahres [1747]. Diese haben freiwillig angeordnet, den genannten Franz Histerheim, der Widerspruch eingelegt hat gegen die Verfügung des Verkäufers, um die Löschung zu erreichen, wurden verurteilt, durch Urteil der Prevoté Schaumburg vom 19. Oktober letzten Jahres, zu hinterlegen vom Preis von jedem verkauften Fünftel eine Summe von fünf hundert Ecus des Kaiserreiches als Sicherheit der beabsichtigten Hypothek, falls er es nicht vorzieht eine Kaution zu zahlen; und da wegen des besagten Urteils es so scheint, dass der besagte Histerheim beabsichtigt, eine Hypothek auf die drei Fünftel der Herrschaft [eintragen zu lassen?], wurde vereinbart, dass der besagte Herr Verkäufer die gleiche Summe hinterlegt von fünf hundert kaiserlichen Ecus, auf welche er Kaution zahlen kann, so lange, bis ihm etwas anderes befohlen wird, dem er sich zu unterwerfen und zu verpflichten hat, ohne [?] und mit Ausnahme der Rechte gegen den besagten Histerheim; und es wurde versprochen dem besagten Herrn Verkäufer die Garantie des gegenwärtigen Verkaufs wie gesagt und es wird gemacht die Verpflichtung auf all seine anderen Güter, Möbel, Immobilien, gegenwärtige und zukünftige und hat sich verpflichtet entsprechend zu überlassen an die besagten Käufer die Stücke , Titel, Papiere [Seite 81] die er haben könnte oder die er entdecken könnte, betreffend die besagte Herrschaft, sei es im Original oder sei es als Kopie gesammelt, gemacht und übergeben von dem besagten unterzeichneten Notar und gesandt von den Herren Franz Barail, wohnhaft zu Nancy und von Karl Emanuel Deschamps, wohnhaft in Lunéville, gefunden Unterzeichnet im Beisein der Zeugen und nach erfolgter Vorlesung und wörtlich bestätigt auf der zwanzigsten Linie der anderen Seite [des Vertrages].

J. Fr. de Roussillon, Capitaine de sa Majesté Impériale

P. Cuno Wolf, Prior

Vitalis Schlöder / Antonius Horsch

Gaspard Le Payen / Maximin Motten

Wendelinus Harrich / Pa. Simeon

P. Theobertus Martini / Candidius le

  E. Deschamps / Fr. Barail

Nachschrift:

Wir, Theobert, nach Gottes Vorsehung Abt der Abtei Tholey [?] durch die anwesenden [?] autorisiert durch unsere Priore und Mönche zu machen die gegenwärtige Anschaffung zu ihrem Nutzen und zu ihren Lasten, wie es gesagt ist in obigem Vertrag, wie auch wir, von den Anwesenden beauftragt, ohne dass jemals eine Unklarheit sein soll zwischen den Einkünften der besagten Herrschaft und denen der Abtei. Angefertigt den besagten 4. November tausend sieben hundert vierzig acht [1748]

Theobert abbé de Tholey

M. Seyler [Tabellion] 1748

  Erst am 3. Juli 1754 erfolgte der Kaufvertrag über die restlichen zwei Fünftel der Herrschaft Wertenstein, die im Namen der Nachkommen der Freiherren Ludwig und Christian von Roussillon an Prior und Konvent der Abtei Tholei verkauft wurden. In diesem Vertrag wurde außerdem unterschieden zwischen Besitzungen in Lothringen, hierbei handelte es sich entweder um bisher unbekannten Grundbesitz der Familie von Roussillon auf französischem Staatsgebiet oder um die Herrschaft Wertenstein, die als eine lothringische Enklave auf deutschem Reichsgebiet zum Königreich Frankreich gehörte. So bliebe für die Besitzungen auf Reichsgebiet die Ansprüche der Roussillon auf ein Viertelanteil an der Winterhauch übrig. Jedenfalls war damit die Benediktinerabtei Tholei im alleinigen Besitz der Herrschaft Wertenstein.

  Christian von Roussillon starb 1741, Ludwig von Roussillon starb 1745 und Carl von Roussillon starb 1751; so waren von den Kindern des Jacques de Rossillon und seiner Gemahlin Johanna Louise nur noch die Saarbrücker Erbtante Catharina Christiana von Roussillon und Hans Friedrich von Roussillon am Leben, die ihren Erbanteil an dem Wald Winterhauch frei veräußern konnten. Hierbei wird nun erklärlich, woher die Saarbrücker Erbtante ihr Vermögen hatte. Es stammte aus dem Verkauf ihres Erbanteils an der Winterhauch. Auf ihren Erbanspruch an Lehen und Haus Wertenstein hatte sie ja freiwillig verzichtet.

  Kehren wir noch einmal zurück ins Jahr 1741. Die Untertanen Europas wurden seit 1741 wieder einmal von einem Krieg heimgesucht, diesmal war es der Österreichische Erbfolgekrieg. Der Landesherr, Graf Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken (1718 - 1768), befand sich als Befehlshaber des Cavallerieregiments Royal-Allemand zeitweilig in Böhmen und Schlesien, um den König von Preußen, Friedrich II., bei der Annektierung Schlesiens, das früher zu Österreich gehörte, militärisch zu unterstützen.

  Eine der beruflichen Aufgaben des Ludwig von Roussillon war die Erfassung und Musterung der jungen wehrfähigen Männer in der Grafschaft Nassau - Saarbrücken. Im Landesarchiv Saarbrücken befindet sich diesbezüglich eine Verordnung des Landesherrn mit folgendem Wortlaut: Wir haben vielfältig observiret, daß sich die junge Pursche der Herrschaft Ottweyler pro venia aetatis zu heurathen anmelden und dadurch die zu leisten schuldige Militz- oder Crayß-Contingents-Dienste zu elidiren suchen. Nachdeme aber der Verordnung zu Folge ein jeder die eine oder andere zu praestiren [abzuleisten] schuldig ist, also befehlen wir Euch hiermit, daß falls sich inskünftige dergleichen junge und das 25te Jahr noch nicht erreicht habende Leuthe heirathens halber bey Euch melden werden, ihr solche anforderst an Unßern Haubtmann von Roussillon verweißet, welcher so dann, ob sie zum Creyß-Contingent [Wehrdienst] tauglich seyen oder nicht, Uns den unterthänigsten Bericht abzustatten committiret ist. Wir seyn Euch damit in Gnaden stetshin wohl beygethan, Saarbrücken, den 12ten Jan[uar] 1742. Wilhelm Henrich Graf zu Nassau-Saarbrücken."

  Um die Zeit der Geburt seiner Tochter Henriette Alexandrine oder zumindest kurz danach, hielt sich Ludwig von Roussillon in der Heimat auf. Möglicherweise um ein neues Cavallerieregiment aufzustellen, das Regiment Royal-Nassau-Cavallerie. Im Landesarchiv Saarbrücken fand ich im Testament der sogenannten Saarbrücker Erbtante (Archivalie NS II 3462) eine Schuldverschreibung Ludwig von Roussillons, datiert auf den 17. Februar 1745 und in Saarlouis ausgestellt.

  Der Eintrag im Kirchenbuch über die Taufe der Henriette Alexandrine von Roussillons lautet (in freier Übersetzung des Autors):

  anno domini 1745, 20. Januar, Täufling Henrietta Alexandrina, nata [geboren] 19. Januar, legitime Tochter des pränob. et generosi Herrn Baron von Roussillon, capitaine regiminis galli vulgo Nassau Etranger [Capitaine des französisch-naussauischen Fremdregiments Royal-Nassau-Cavallerie] und [legitime Tochter der] Maria [Anna, geborene] von Geismar. Taufzeugen:

1.) Serenissima Prinzessin Henrietta von Usingen;

2.) Serenissima Alexandrina Comitessa [Rheingräfin] von Greweiller

  [Gau-Grehweiler, Schwester des regierenden Wild- und

  Rheingrafen von Grehweiler Carl Magnus]

  vertreten durch Wilhelmina de Gemmeng [von Gemmingen];

3.) Carl [Magnus] Comite [Rheingraf] von Greweiller [Gau-Grehweiler];

  vertreten durch Georg Wilhelm Baron von Maldis [Malditz];

4.) Francisco [Franz Lothar] de Geismar [Bruder der Mutter].

  Die Patinnen und Paten zeigen uns, dass die Eltern in der Hierarchie des nassauischen Fürstenhofes einen bedeutenden Rang einnahmen, bzw. einzunehmen bemüht waren. Leider fehlte es ihnen an den notwendigen Einkünften, um einen fürstlichen" Hausstand bestreiten zu können; das schmale Gehalt eines Hauptmanns und Rittmeisters reichte dazu unmöglich aus. Deswegen musste Ludwig von Roussillon am 17. Februar 1745, kurz nach der Taufe seiner Tochter Henriette Alexandrine, sogar das Silberzeug und ein Paar silberne Leuchter versetzen, und Interesse dafür geben, bei baldiger Wiedereinlösung der Sachen, daß 15% daraus [aus der erhaltenen Summe Bargeld] verzinst werden".

  Bei seinem Tod Ende Dezember 1745, noch kein Jahr nach der Geburt seiner jüngsten Tochter, hinterließ er Frau und Kindern eine drückende Last an Schulden, angeblich mehr als 30.000 Gulden.

  Die Mutter, Marie Anne von Roussillon, war eine Geborene von Geismar auf Riepen mit Hinzufügung des Namens von Mosbach von Lindenfels. Am 6. Februar 1738 heiratete Marie Anne den Hauptmann Franz Alexander Moritz Christian Ludwig von Roussillon (Nr. XII.l in der Genealogie). Wo sie heirateten konnte ich noch nicht herausfinden. Ihre Mutter war eine Geborene von Mosbach von Lindenfels, deren Namen die von Geismar zu ihrem Adelstitel hinzufügen durften, weil die männliche Linie ausgestorben war. Eine Schwester der Maria Anna von Roussillon, namens Louisa Charlotta Wilhelmina Theresia von Geismar (*24.05.1715 in Wetzlar), heiratete am 8. Juni 1733 in Mainz (Kirche Sankt Emmeran) den Freiherr Florentin de Latre de Feignies zu Gonnesweiler (auch Gondersweiler oder plattdeutsch Gonneswiller geschrieben). Hier wohnte die verwitwete Baronin von Roussillon wahrscheinlich mit ihren drei unmündigen Kindern seit dem Tode ihres Mannes. In den Jahren von ca 1754 bis 1760 scheint Maria Anna von Roussillon mit ihrer Tochter Henriette Alexandrine in Trier oder in der näheren Umgebung von Trier gelebt zu haben. Die beiden Söhne dienten seit dem Jahr 1754 als Edelknaben bei dem Coadjutor und späteren Kurfürst von Trier Karl Philipp von Walderdorff, seit 1758 als Offiziere im churpfälzischen Regiment >Prinz Carl<, nicht >Royal-Deuxponts<.

  In >Trierische Chronik - Zeitschrift der Gesellschaft für Trierische Geschichte und Denkmalspflege<, IV. Jahrgang 1908, steht der Artikel >Kurfürst Franz Georg von Schönborn und seine Zeit<, mitgeteilt von Kentenich. Hier fand ich eine erste Spur der beiden Söhne des Rittmeisters Ludwig von Roussillon, seit dessen Tode: Die mitgebrachte Suite des Herrn Coadjutors [Johann Philipp von Walderdorff] bestunde 1.) in dero Hoffcavallier Frhn. Franz Görg von Boos, 2.) dem Hrn. Hoffrathen Miltz, 3.) zweyen Secretairs, Carové und Marschalls, 4.) Hausmeister Becker, 5.) Hoffcaplan und Knabenpräceptor Mollier, 6.) zwey Edelknaben von Roussillons und von Trott, 7.) 2 Kammerdienern, 8.) 6 Laquayen, 1 Laufer, 1 Koch, 3 Stallleithe".

  Wahrscheinlich sind die zwei Brüder von Roussillon(s) und von Trott gemeint, denn an anderer Stelle wird berichtet, dass Johann Philipp von Walderdorff allezeit 8 Edelknaben" unterhielt.

  Die Schilderungen des Ludwig Boos von Waldeck über die Trierer Kurfürstenzeit vom Beginn der Wahl des Coadjutors und späteren Kurfürsten Karl Philipp von Walderdorff am 11. Juli 1754 bis zur Zeit des Siebenjährigen Krieges ist ein Stück unmittelbares Zeiterleben der Maria Anna von Roussillon und ihrer drei Kinder. Die beiden Söhne musste sie, gewiss aus finanzieller Not, als Edelknaben in den Dienst des Kurfürsten geben. Sie selber lebte wohl als Gesellschafterin oder Erzieherin bei einer reichen adeligen Familie in Trier. Dies geht aus den Einträgen im >Triererischen Wochen-Blättgen< hervor. Siehe weiter unten.

  Meine unermüdlichen Forschungen in Archiven und Kirchenbüchern - auch Heimatbücher können eine wahre Fundgrube sein - zur Biographie der Henriette Alexandrine von Roussillon haben weitere interessante Details geliefert. Noch lange nicht sind alle Möglichkeiten ausgeschöpft, etwas Neues zur Familiengeschichte der Roussillons in den Landes- und Staatsarchiven zu finden. Obwohl es mir bisher noch nicht gelungen ist, die genealogischen Angaben des Heimat- und Roussillon-Forschers Alfons Paulus lückenlos zu überprüfen, so steht doch mit absoluter Sicherheit fest, dass Maria Anna von Roussillon, geb. von Geismar, die Tochter des Reichskammergerichtsassessors Christoph Gottfried von Geismar auf Riepen und dessen Ehefrau Anna Elisabeth Charlotte, geb. Mosbach von Lindenfels, war. Dies geht eindeutig aus der Zweibrücker Lehensurkunde Nr. 4691 (ausgestellt am 2.9.1751) hervor, worin das Lehen über Güter in Brenschelbach bei Hornbach - gewiss im Zuge der Erbteilung - an den Baron Johann Franziscus Adrian Marotte de Montigny übertragen wurde, dessen Ehefrau Sophia Maria Henrica eine weitere - bisher unbekannte - Schwester der Maria Anna von Roussillon war.

Rheinpfälzische Lehens-Urkunde

aufbewahrt im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München,

Urkunde Nr. 4691

  Ich, Johann Franz de Marotte de Montigny, bekenne und thue Kund öffentlich mit diesem Brief, daß der Durchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Christian der Vierte, Pfalzgraf bey Rhein, Herzog in Bayern, Graf zu Veldenz, Sponheim und Rappoltstein, Herr zu Hoheneck, mein gnädigster Fürst und Herr als Successor und regierender Fürst des Herzogtums Zweybrücken und Erb-Lasten-Vogt und Schirmherr des Klosters zu Hornbach und in dießen Klosters Nahmen auf erfolgtes tödliches Absterben weyl. Anna Elisabetha Charlotta verwittibten von Geismar, gebohrnen Moßbachin von Lindenfels und meinen Leibes-Erben, Söhn und Töchtern, und nach deren Ableben Lothario Franz von Geismar, Louisa Charlotta von Feignies, so dann Maria Anna von Roussillon, beiden gebohrenen von Geismar, und derenselben Leibs-Erben, Söhn und Töchtern, zu Lehen geliehen hat, solches Lehen, welches vormals die Blicken von Lichtenberg von ermeltem Closter gehabt, getragen und veräusseret haben, und Henrich Balderen seel. und weyl. Herzog Johannsen Pfaltzgrafen hochlöblicher Gedächtniß Consens und Bewilligung von Ihnen denen Blicken und vorbesagte Anna Elisabetha Charlotta von Geismar von denen sämtlichen (unleserlich) Erben mit Ihro hochfürstl. Durchlaucht Consens und Bewilligung an sich erkaufft, diese aber weiter an mich dergestalten übertragen, daß ich [und] meine Leibes-Erben und Nachkommen solches Lehen mit allen Rechten und Nutzungen inne haben, besitzen und genießen; nach meinem ohne Descendenz erfolgenden tödlichen Abgang aber dießelbe an ihre übrige Kinder und deren Nachkommenschafft zurückfallen und alßdann diese schuldig seyn sollen, meinen Erben die zur Acquisition des Lehens hergeschoßene viertausend Gulden Capital baar zurück zu zahlen. Nemlich der Kunkel-Güter zu Traußelbach, zu Mittelbach, zu Hengstbach, zu Auerbach, zu Gersheim, uff der Bließen, Wolffersheim, Walsheim, Oggertungen und was sie die Blicken in St. Pirmansland an Kunkel-Güter gehabt haben, mit allen seinen Zugehörs, nichts davon ausgenommen; und hiernach hab ich, Johann Franz de Marotte de Montigny so wohl vor mich alß auch als Gewalthaber eingangs bemelter von Geismarischer Lehens-Erben solch Lehen in vorbeschriebener Maaß von höchst ersagter Ihro Hochfürstl. Durchlaucht empfangen, mit Treuen gelobt und einen Eyd zu Gott geschworen [...]

Zweybrücken, Donnerstag, den zweyten Septembris eintausend siebenhundert fünfzig eins [1751]

Johann Frantz Marotte de Montigny

Der Lehensvertrag lautet in vereinfachter Form ausgedrückt: Nach dem Tode der Anna Elisabetha Charlotta, verwittweten von Geismar und gebohrenen von Mosbach von Lindenfels, Schwiegermutter des Freiherrn Johann Franz Marotte von Montigny, trat dieser das Kunkel-Lehen für sich und seine Kinder an. Sollte der Freiherr von Montigny und dessen Kinder sterben, so sollte das Lehen zuerst an seinen Schwager, den Freiherrn Lothar Franz von Geismar, dann auf seine Schwägerinnen Louisa Charlotta von Feignies und dann an Maria Anna von Roussillon, beide geborene von Geismar, oder deren Leibeserben gehen. Das Lehen sollte demnach möglichst lange in der Familie bleiben. Kunkel-Gut oder Kunkel-Lehen heißt, das Lehen konnte auch auf Frauen vererbt werden, wie bei der Anna Elisabetha Charlotta verwittweten von Geismar geschehen.

  Sophia Maria Henrica von Geismar heiratete am 28. November 1731 in Mainz Johann Franziscus Adrian (frz. Jean Francois Adrien) Marotte de Montigny. Sie lebte mit ihrem Mann in Utweiler (Bliestal). Der Ehemann, von Beruf churpfälzischer Offizier im Rang eines Obristen, hatte um 1730, also kurz vor seiner Eheschließung, in Utweiler das sogenannte Herrengut oder Bitschische Hofgut" von Mathias de Berton gekauft. Hier betrieben sie Schafzucht.

  Das einzige Kind, das aus dieser Ehe hervorging, bzw. das Erwachsenenalter erreichte, ist der am 24.10.1744 in Zweibrücken geborene Sohn Karl Philipp Fortunat Leopold.

  Sophia Maria Henrica von Montigny starb bereits früh - im Alter von nur 39 Jahren - am 22. April 1750 in Utweiler. Sie wurde auf der linken Seite des Kirchenschiffes in der Nähe des Marienaltars bestattet.

  Am 9. Februar 1752 verkaufte der churpfälzische Obrist Johann Franciscus Adrian Marotte de Montigny sein neu errichtetes Wohnhaus mit Stallungen, Nebengebäuden und drei Gärten in der Zweibrücker Vorstadt zum Preis von 7.000 Gulden und weiteren Vergünstigungen an Herzog Christian IV. (Siehe Kirchenschaffnei-Archiv Zweibrücken, Nr. IV/1616.)

  Der Sohn Karl Philipp Fortunat Leopold heiratete am 13.10.1769 in der Pfarrei Sainte Croix zu Metz Anna de la Croix. Der Ehemann wird im Kirchenbuch tituliert als Herr von Utweiler, Edelmann am Hofe des Markgrafen von Baden-Baden und Kürassier-Lieutenant im Regiment Hohenzollern. 1771 erfolgte die Taufe eines Kindes mit Namen Jean Jacques Louis Fortunat Wilhelm. Der Baron und frisch gebackene Vater von Montigny ist jetzt Hauptmann im Regiment Anhalt. Im Stadtarchiv Zweibrücken ist auf seiner Karteikarte vermerkt: 1790 kgl. französischer Hauptmann und Ritter des Sankt-Ludwig-Ordens; 18. Januar 1790 Annahme als Kämmerer auf dem Karlsberg (Schloss des Herzogs Karl II. August bei Homburg/Saar).

  Außer den beiden oben genannten Schwestern hatte Maria Anna von Roussillon auch noch einen Bruder mit Namen Lothar Frantz Anton von Geismar auf Riepen und Mosbach von Lindenfels. Er war badischer Regierungspräsident bis zum Tode des letzten Markgrafen von Baden-Baden August Georg Simpert im Jahr 1771. Danach wurde die Regierung aufgelöst. Lothar Franz von Geismar auf Riepen erhielt keine Anstellung mehr unter dem Markgraf Karl Friedrich von Baden-Durlach, dem das Erbe zugefallen war. Der Geheimrat Lothar Frantz von Geismar wurde aufgrund seiner plötzlichen Entlassung aus dem Staatsdienst gemütskrank. Er zog nach Ingelheim am Rhein, wo er ein stattliches Haus besaß, und wo er bereits am 29. Oktober 1772 verstarb. Nach dem Tode der Mutter Anna Elisabeth von Geismar, geb. Freiin von Mosbach von Lindenfels, musste Lothar Franz von Geismar seine drei Schwestern ausbezahlen, da er das prächtige Hausanwesen in Ingelheim und wohl auch das Haus in Mainz übernahm. Zwecks Auszahlung des Erbes musste er eine Obligation, ein Darlehen, aufnehmen.

Obligation [Schuldverschreibung]

à 12.000 Gulden von Freyh[err]

von Geismar à 5 procent

vom 7. Oct. 1755

Vollmacht für Herrn Oberschultheis Tussing

  Demnach zu Ausgebung deren ahn meine Schwestern an nach schuldiger Dotal-Gelder auch anderer vorhergehender Erstorderrechten halber mich persönlich nacher Mayntz Gesundtheit und anderer Umbständ wegen dermahlen nicht verfügen kann, als habe den hiesigen churpfälzischen Oberschultheisen Herrn Georg Wolph Tussing dies freundlich ersuchet, sothanes Geschäft statt meiner und in meinem Nahmen zum vollständig Ende zu bringen, solcher auch sich desselben zu unterziehen mir zugesagt, als ihne hirmit dieses gedachtem Herrn Tussing in bester Form rechtens Vollmachten geben wodurch die bey Herrn Grafen von Ingelheim liegende meine Original-Obligation zu Handen zu nehmen, solche sambt meinen Schrift Petitio und beyden in forma legali beygelegenen respective Denunciations- und Consens-Acten einem hochlöblichen Ritter-Directorio zu übergeben, eingesuchte Confirmation für Beschleunigung zu betreiben, diesernach aber die confirmirte Obligation Herrn Grafen von Ingelheim zu restituiren, dargegen die Unterschriften hinter letzter ahn das Domb-Capitel gestellt geweste Obligation zu repetiren und sich einhändigen zu lassen.

  Diesemnach seynd von Herrn Oberschultheis Tussing die unter meinem Petschafft bey Herrn Grafen von Ingelheim verwahrte siebenhundert Carolinen zu Handen zu nehmen, und den hirzu genügsam bevollmächtigten Herrn D'Han gegen Extradirung deren in seinen Handen habenden und von mir würklich recognoscirten Original-Quittungen von meinem respective Schwageren und Schwestern, benan[n]tlich Herrn von Montigny dreytausend sechzig zwey Gulden dreysig Creutzer, der Frau von Feignies zweytausend und letzlich der Frau von Ro[u]ssillon zweytausend zwanzig fünf Gulden vierzig Creutzer zu zahlen, über welchen Empfang Herr D`Han auf jede Quittung die Summe und Quotam unter eigener Hand und Unterschrift bescheinigen und nachmahlen quittiren wird.

  Den Überschuss von denen 700 Carolinen wird vorherbesagter Herr Tussing nach bezahlten Gerichtskösten bey seiner Rückkehr sambt denen Quittungen und übrigen Schriften mir zustellen.

  Gleichwie nun mein Bevollmächtigter Herr Mandatarius obstehende Puncten zu besorgen ohnermangelen wird als ihne hiermit erklähren, das was er hirin statt meiner gethan und gehandelet haben wird, ich für genehmb [genehmigt] halte und hiermit ratificire alß wenn ich ein solches gegenwärtig und in eigener Persohn verrichtet hätte.

  In Urkund dessen habe gegenwärtige Vollmacht getätiget eigenhändig unterschrieben und mein angebohren adeliches Petschafft bey gedrückt. So geschehen Ober-Ingelheim den 5. Novembris 1755

  Lothar Frantz Freyherr von Geismar.

  Jetzt komme ich zu einer kleinen literarischen Sensation. Der ehemalige badische Regierungspräsident Lothar Frantz von Geismar auf Riepen ist höchstwahrscheinlich identisch mit dem Geheimderath" in Goethes Drama >Das leidende Weib<. Das heißt: Goethe muss von der Leidensgeschichte des Regierungspräsidenten von Geismar gehört haben. Er kann sogar mit Henriette Alexandrine von Roussillon im sogenannten Geismarschen Hof in Ingelheim im Jahre 1772 ein- und ausgegangen sein.

  Folgende Stellen im Drama >Das leidende Weib< sind mit der Realität identisch, bzw. von Goethe mehr oder weniger absichtlich in das Werk hineingearbeitet worden:

I. Akt, SECHSTE SCENE.

Nachtessen.

Geheimderath. Gesandter. Gesandtin. Franz. v. Brand.

GEH. RATH. Sey doch ruhig, Sohn!

GESANDTER. Franz, ich habs gesehn, wies in der Welt geht. Laß jetzt deinen Kopf ganz heraus, hier muß lavirt seyn. Um die Klippen herum ganz leise durchgeschlichen! Stürme du drauf loß, und du scheiterst. Es ist gefährlich, auf der ofnen See mit einem lechen Kahn zu schiffen, und leider! ist das unsre Lage.

GEH. RATH. Der Gesandte hat Recht, Sohn! Was das für ein Elend ist, wenn man so gehen muß. Ist aber nun einmal. Menschheit! Ich hab alles aufgeopfert, und Gott weiß, es ist mir nicht weh drum. Jetzt, wo ich blos darauf gieng, des Fürsten Nutzen zu befördern -

FRANZ [der affektierte Goethe]. Ich kann nicht zuhören! Machen Sie's zusammen. Ich reit noch diese Nacht weg. Ich will von allem nichts wissen und hören. Blieb [ich] hier, ich stieß alles nieder.

GEH. RATH. Tollkopf! was wird genutzt? Ha! was wird genutzt? Ich bin alt. Denk, dein Vater ist alt. Soll ich durch deine Unbesonnenheit Ehr und Leben verlieren?

FRANZ [der affektierte Goethe]. Ruhig, lieber Papa, ich bins auch, wills seyn. Ich versprach Ihnen, von allem nichts zu wissen. Ich will so unwissend ruhig seyn -

GEH. RATH. In deinen Jahren war ich auch so, immer mit der Hitze der erste. Ehe ich michs versah, lag ich.

FRANZ [der affektierte Goethe]. Alles nach Ihrem Willen, Papa.

GEH. RATH. Nun gut, ich trau dir viel zu, aber nur kälter! Nun, mit der Zeit wirds schon kommen. Was hab ich nicht in der Welt gelitten, Franz, bis ichs so weit bracht, und wär ich nie hingekommen. Hätt ich eine Hacke genommen, dem ersten besten Bauern fürs Taglohn gearbeitet! Was hab ich nun? daß ich meine Kräfte Undankbaren verschwendet, die mich stürzen wollen. Zwanzig Jahr gieng alles durch meinen Kopf, mußte allen Freuden des Lebens entsagen, hab geduldet, und dulde noch.

  [...]

FRANZ [der affektierte Goethe]. Ich bitt Sie, hängen Sie sich nichts in Kopf! Nehmen Sie den Tag, der andre wirds schon geben, und so immer weiter. Bey Ihren Kräften hat man wahrhaftig nicht nöthig, um Fortkommen bekümmert zu seyn.

GEH. RATH. Könnt ichs Ihnen doch noch ans Herz legen, Brand, daß Sie duldeten! Sie sehn, es muß gut gehen, soll gut gehen. Sie sind in meinem Haus, alles ist Ihr, wie mein. Haben Sie kein Geld mehr? sagen Sie nur ein Wort, so lang ich hab, sollen Sie nicht mangeln.

v. BRAND [der reale Goethe]. Den Bettler im Staatskleide, Herr Geheimderath!

FRANZ [der affektierte Goethe]. Ihr Stolz ist gut, lieber Brand. Ein Mann muß Stolz haben. Wie wir aber nun zusammen sind, dächt ich, Sie nähmen es anders.

v. BRAND [der reale Goethe]. Aber so immer fort.

GEH. RATH. Bald zu Ende. Der General hat mir versprochen, in einem Monat sollen Sie eine Kompagnie haben.

v. BRAND [der reale Goethe].Versprochen?

GEH. RATH. Sie haben Recht, daß Sie das Wort auffangen. Ich kanns auch nicht leiden, brauchs auch nie. Aber ich weiß, er hält Wort, der General. Ist das nichts, so ist's was anders. Nur ruhig, ruhig! Daß man euch nicht genug sagen kann. Nun trinken Sie, Brand, die Grillen weg!

v. BRAND [der reale Goethe]. Halt ichs aus?

GESANDTER. Was machen die Kleinen, Malgen?

GESANDTIN [1. Urania]. Sie werden zu Bette seyn.

FRANZ [der affektierte Goethe]. Bring mir die Kinder her, Schwester! Und sollten sie in den Nachthemden kommen. Mein Fränzgen, Liebe, ich muß ihnen Adjeu sagen.

GESANDTIN [1. Urania]. In Nachtkleidern?

FRANZ [der affektierte Goethe]. Warum denn nicht? Was hat das auf sich! Laß mir meine Kleinen kommen. Du weißt, ich geh diesen Abend noch weg.

GESANDTIN [1. Urania]. Da sollt ichs just nicht thun, weil du uns verläßt. Die Julie?

FRANZ [der affektierte Goethe]. Meinst du? - ich will sie selbst holen.

GESANDTIN [1. Urania]. Er ist verliebt.

GEH. RATH. Ist ers?

GESANDTIN [1. Urania]. Gewiß.

GEH. RATH. Gut, das wirft ihn wieder ein bißgen herum. Gott erhalt ihn mir! Ich stell ihn gegen den ganzen Hof. Herr Sohn, er hats ihnen vorgelegt, ich hätt rasend mögen werden für Freude. Da staunten sie, wie Weibsleute, denen der Putz verdorben wird, gaften, und er immer in sie hinein. Mich wundert auch nicht, daß es so gegangen.

GESANDTER. Besonders der Graf.

GEH. RATH. Der machte ihm ein tief Kompliment; und der Teufel sah ihm aus den Augen heraus. Bück du dich, dacht ich, du hast deinen Mann.

GESANDTIN [1. Urania]. Solls von übeln Folgen seyn?

GEH. RATH. Mags!

  Im I. Akt, sechste Szene setzte Goethe dem ehemaligen badischen Geheimrat und Regierungspräsident Lothar Frantz Anton von Geismar, der jahrzehntelang im Dienst des Markgrafen von Baden-Baden stand und nach dessen Tod einfach auf die Straße gesetzt wurde, ein verstecktes literarisches Denkmal. Ich vermute daher, dass Goethe den Onkel der Urania persönlich kannte. Dies ist ein weiterer sehr starker Beweis für meine Überzeugung, dass nur die jüngere Henriette Alexandrine v. R. und nicht die ältere Sophie Henriette v. R. als Goethes Geliebte in Frage kommen kann.

  Die ständige Geldverlegenheit der Barone von Roussillon dokumentiert auch ein Schreiben des Carl von Roussillon an einen Gläubiger in Frankfurt vom 29. Mai 1748. Die Titulierung werthester Herr Bruder" bedeutet, dass sie beide Freimaurer waren. Der Name des Gläubigers geht leider nicht aus dem Schreiben hervor.

  Hochwohlgebohrener Herr, Hochgeehrtester Herr Geheimer Rath, werthester Herr Bruder

Ew. Hochwohlgeb. [Schreiben] vom 24. Hujus [dieses Monats: also Mai] habe wohl erhalten und zugleich des Hrn. Bruders Meynung wegen des [?] avancements daraus mit mehreren [?]

Ob mir nun gleich zur Genüge bekan[n]t ist, daß ich des Falls keinen Sollar Gage mehr zu ziehen habe, so gereicht es doch so wohl mir als sämtl. Officiers zur consolation und muntert zum Dienst sehr auf, wann man zu Zeiten avanciret, und ist die promotion zu höhern Chargen so wohl in Militair als andern Diensten das größte mit, warum man dienet. Ich habe schon etliche Vota zu meinem faveur erhalten, und will den Herrn Bruder gar sehr gebethen haben, mir nach der besondern Freundschaft, womit der Herr Bruder mich bis daher beehret, hierzu um so mehr behülfl[ich] zu seyn, da es kein eintragend Stand, auch der Creyß-Cassa nicht [unverständlich: promaicirlich?] ist. Künftige Woche werde dieser Angelegenheit halber selbsten nacher Franckfurth kom[m]en, da ich dann Gelegenheit nehmen werde, dem Herrn Bruder zu versichern, daß ich in ohnwandelbarer Hochachtung beständig seye

Ew. Hochwohlgeb. Bruders gantz ergebenster Diener

C. de Roussillon

Trebur, den 29. Mai 1748

  Der notarielle Kaufvertrag über die Veräußerung seines Fünftelanteils an der Herrschaft Wertenstein war bereits am 8. Januar 1748 erstellt worden. Carl von Roussillon musste seinen Gläubiger bis zum Erhalt des Geldes um Geduld bitten. Leider befindet sich dieser Vertrag nicht mehr im Landesarchiv Saarbrücken in den Akten der Prévoté Schaumburg.

  In der Acta, betreffend die Besetzung der Hofmeisterstelle und Oberhofmeisterstelle zu Biebrich" (N. von Zigesar 1717; Karl von Roussillon, bis ca Juni 1760; Christian Ludwig von Hayn, ab 1. Juli 1750) geht auch das Gehalt des Barons von Roussillon hervor. Er dürfte, wie sein Amtsnachfolger, 800 Gulden Salär erhalten haben. Zum 1. Juli 1750 erhielt der Nachfolger des Carl von Roussillon seine Ernennungsurkunde, demnach dürfte Carl von Roussillon zu Beginn des Jahres 1750 um seine Pensionierung nachgesucht haben. Er hatte nur noch ein Jahr zu leben.

  Ende des Jahres 1750 oder Anfang des Jahres 1751 starb Carl von Roussillon. Die Nachricht vom Tode des Schwagers erreichte Marie Anne von Roussillon in Mainz. Sie ließ an den Baron von Langelen, Regierungspräsident des Fürsten von Nassau-Usingen, einen Brief schreiben, worin sie Erbschaftsansprüche stellte, da Carl von Roussillon keine leibliche Erben hinterließ:

An Monsieur le Baron de Langelen, President de la Regence et Conseiller Intime de S. A. S. le Prince de Nassau Saarbrücke à Usingen.

Ewgl. Hochwohlgebohrener Freyherr

Hochgeehrtester Herr Vetter

Es werden Ewgl. Hochwohlgeb. Herr Vetter in Übelen nicht verwenden, daß hiermit incommodire und [?] es des mehreren schon hochgeneigt erinnerlich beywohnet, hinterbringen darf, weßgestalten der Hochfürstliche Saarbrückische Hofmarschal und Obristl[ieutenant] Herr von Rossillon seel. alß mein im Leben vielgeliebt geweßener Herr Schwager das Zeitliche mit dem Ewigen verwechselt und ein Testamentum hinterlaßen; davon nun vorhattet, [?] es würde dieses Testamentum vor 8 Tägen [?] allschon geöffnet werden, ich dann auch dessenthalb meinen Gevollmächtigten umb solches beyzuwohnen nach Biebrich abgeschickt, dieses aber war anders vorgefallen seyn soll und Uhrsachen, nicht geschehen, der junge Herr von Rossillon aber die behörige Vollmacht zurückgelaßen und auf nichts mehr alß auf die [?] Fräule von Rossillon zu Ottweiler (vor welche ohnmaaßgaab jemand ex officio constituiret werden kon[n]te) beruhet; alß habe facto Hochwohlgeb. H[err] Vetter gehorsamblich ersuchen wollen, ob sie beliebig nicht geruhen mögten, es dahin hochgeneigt zu dirigiren, daß dieses Testamentum wo möglich nächste Tägen eröf[f]net und mir darvon die Notification ertheilet werden möge, vor welche [?] geneigte Willfahrt mit vieler Consideration zeitlebens ohnverrückt verharre

Ewgl. Hochwohlgeb. meines Hochgeehrtesten Herrn Vetter

[nur die folgenden Worte sind von der Hand der Marie Anne von Roussillon]

gehorsambste Diener witib von Rossillon, gebohrene von Geismar, genant Mosbach von Lintenfels.

Mayntz, den 18. April 1751.

[Nachschrift von der Hand der Marie Anne von Rossillon:] Es lassen die Fraue von Koeth Euer Hochwohlgebohren gehorsambst Compl. machen und es seye ein Bursche, welcher sich als Jäger verdingen wolt und sich bey ihr angetrage, sagent der Büchsenmacher von Biberich seye seyn Bruder, als Bitt Frau von Koeth, Sie mögten ihr als ihr liebster Vetter die Gefälligkeit thun, sich zu erkündigen, ob ihm zu trauen seye, das vom er seine Liverey bedong thät, wirklich durchging, er heist Conerat Holsapfel [Conrad Holzapfel]

von Rossillon, geb. von Geismar.

  Gleichzeitig schrieb sie einen Brief an den Fürsten von Nassau-Usingen, um dessen hochfürstliche gnädigste Protection" zu erflehen:

An Ihro Hochfürstliche Durchl. zu Nassau Ußing

Durchläuchtigster Fürst, gnädigster Fürst und Herr Herr

Ewgl. Hochfürstl. Durchl. geruhen gnädigst zu erlauben, daß ich [?] ein mit armen Waysen zurückgelaßene und in den betrübten Wittwenstand niedergesetzte desolate von Roussillon'sche Wittib wie es ohnehin schon gnädigst erinnerlich beywohnet, vorstellig machen darf, welchergestalte mein Herr Schwager, der gewesene Hochfürstl[iche] Hofmarchal Obristl[ieutenant] und Capitaine von Rossillon ohnlängst mit Tod abgegangen und ein Testament hinterlaßen, vermöge deßen dem äußerlichen Vernehmen nach meiner armen Wayßen instituiret seyn sollen; da dann nun zuforderst, jedoch mit gnädigst Hochfürstl. Erlaubnis, weilen mein Herr [?] und mein verstorbener Herr Schwager seel. (diesem wegen?) Hochfürstl. Haus bis in ihro Gruft die treu unterthänigste Dienste geleistet, mir die einzige Hochfürstl. Gnad' freimüthigst ausbitte, mich nebst meinen armen Wayßen in Hochfürstl. gnädigste Protection zu nehmen, demnächst auch, wenn etwas wiedriges so wohl gegen mich alß meinen armen Wayßen eingestreuet werden sol[l]te, solches durch dero starken hochfürstl. Arm gnädigst abzuwenden, anbey gnädigst zu decretiren, daß dießes von meinem H. Schwager seel. hinterlaßene Testamentum eröffnet und mir dasjenige waß vermacht alß Vormünderin meiner armen Kindern gnädigst und mildest abgefolget werden möge, wie dieses mein demüthiges Ansuchen in Recht und Billigkeit gegründet; alß[o] getröste mich in allem Hochfürstl. Gnad, Huld und Barmhertzigkeit;

in Demuth ersterbe Ewigl. Hochfürstl. Durchl.

[nur die folgenden Worte sind von der Hand der Marie Anne von Roussillon:]

untertänige Magd Marie Anne Wittib von Rossillon, gebohrene Freyin von Geismar, genannt Mosbach von Lindenfels.

Mäntz [Mainz], den 23ten April 1751.

  Mit großer Wahrscheinlichkeit erhielt Marie Anne von Roussillon als Vormünderin ihrer Kinder das Erbteil aus dem Nachlass des Carl von Roussillon ausgezahlt. Darauf weist der Beschluss der fürstlichen Regierung:

Decretum ad supplicam

Der verwittibten Fraue von Roussillon, gebohrene von Geismar, genannt Moßbach von Lindenfels zu Mayntz.

Die Eröffnung des von dem verstorbenen Obristlieutenant von Roussillon hinterlaßene Testamenti betref[f]end:

Von der Frauen Supplicantin die in der Sache an sämtl. Interess [?] geschloßen mit der Beyfügung, daß sie bar [?] Umbständen nach, da die Sache eigentl. Ihro ohnmündige Kinder couvernirt, sich mit einer rechtl. Tutori zu legitimieren und soebend da nacher Biebrich abzu [?] Mandatarium in Vormundschaft, namens zu bevollmächtigen habe.



  Zum Erbe der Freiherren von Roussillon gehörte außer der Herrschaft Wertenstein mit umliegendem Grundbesitz an Wiesen und Wälderne auch ein Viertelanteil an der sogenannten Winterhauch", einem großen Waldgebiet zwischen Baumholder und Oberstein. Die Besitzverhältnisse der Winterhauch waren so verworren, dass noch bis weit ins 18. Jh. Prozesse vor dem Reichskammergericht geführt wurden. Im Staatsarchiv Koblenz liegt die Prozessakte eines Rechtsstreits zwischen dem Trierer Kurfürst Clemens Wenzeslaus gegen den Fürsten von Salm wegen Grenzstreitigkeiten (LAK, Bestand 56, Nr. 2192). Darin ist die Abschrift eines Vergleichs eingebunden zwischen den Baronen von Roussillon (den Söhnen des Jacques de Ro[u]ssillon, und den Gebrüdern Hild, deren Mutter eine Geborene Freiin von Roussillon war) und dem Grafen von Leiningen-Heidesheim.

  Der Vergleich wurde unterzeichnet am 24. Juli des Jahres 1751 in Metz. Ab Seite 67 der o. g. Prozessakte wird vor Gericht schriftlich erklärt:

§ 22

Zu deßen Gemäßheit [d.h. zur Rechtfertigung und Durchsetzung der Ansprüche der Roussillon und der drei Gebrüder Hild] wurde eine Commißion von verschiedenen Rechtsgelehrten zu Metz zusammengestellt, die Sache vorgenommen, erwogen, und mehrermelten Hilden und Roßillon die in Anspruch genommene 4te [4. Teil der Winterhauch] zuerkannt, fort zu wirklicher Ausfindigmachung die Lothringische Maitrihe de Bousonville, der de Motardt [Name] committiret, welcher dann im Jahr 1753 den ganzen District so wohl den Mittelbollenbacher Lothringischen Bann, als die drei zum Trierischen Lehen gehörige Bänne, Oberstein, Nahbollenbach und Breungenborn begienge, und aus diesem Complexn überzeugt einen vierten Theil abmeßete, absteinete und ersagten Hilden und Roßillon zutheilete, hiedurch aber den Obersteiner District den Berg oder das Eigenthum genannt pro dicta quarta ganz mitnahme.

§ 23

Sobald nun kurtrierischer Seits den Inhalt der von dem Grafen im Jahr 1751 abgeschloßenen nichtigen Convention so wie die von dem de Motardt beschehene Absteinung in Erfahrung brachte, so wurde alsbald auch durch eine auf Lunéville abgeschickte Deputation die bitterste Beschwerde geführt und die Erzstiftische jura protestando bewahret, auch nach dem Vorgang vom Jahr 1557 die zwischen dem lotharingischen Lehendistrict, und denen zu dem kurtrierischen Lehen Oberstein appertinirenden drei Bänne entstandene Limiten-Strittigkeit [Grenzstreitigkeit] durch beiderseits zu ernennende Commissarios in loco ausgleichen zu laßen angetragen.

§ 24

Allein alle Vorstellungen verfingen nichts, im Gegentheil wurde unterm 24ten Mai 1756 durch einen königlichen Arret des Conseils zu Lunéville die Motardtische Operation alles ihres Inhalts bestättigt und gutgeheißen.

§ 25

Hierauf wendete sich der damals regierende Kurfürst Johann Philipp [von Walderdorff] an Ihre Majestät den allerchristlichsten König [von Frankreich] selbsten, widerholten die bereits geschehene Beschwerden und Anträge, erhielten auch so viel, daß voran geregter königlicher Arrest suspendiret und die zwischen dem lotharinischen Lehensdistrict und denen kurtrierischen Lehensappertinenzien entstandene Limiten-Streitigkeit durch königlich- und kurfürstliche Commissarien zu untersuchen und entscheiden zulaßen beliebt wurde.

§ 26

Die gemeinsame Comission trate zwar im Jahr 1756 in loco wirklich zusamen, es ware aber selbige von keiner Wirkung, und da immittelst der Reichskrieg [der Siebenjährige Krieg] zwischen Ihro Majestät der letzt verstorbenen Kaiserin Maria Theresia und des Königs in Preußen Majestät eingefallen war, und das hohe Kurhaus Trier, so wie alle übrige Stände des Reichs bei denen eingebrochenen Kriegs-Troublen an allen Enden zu wehren hatte, so bliebe die Sache auf sich erliegen.

§ 27

Nachdeme übrigens der letzte Vasall Graf Christian Reinhard von Leiningen-Heidesheim am 20ten Novemb[er] 1766 verstorben, ohne männliche Erben hinterlaßen zuhaben, und das hohe Erzstift Trier in Gefolg Tractats vom Jahr 1681 die angefallene Lehensherrschaft Oberstein, bestehend in denen drei Bännen Oberstein, Nahbollenbach und Breungenborn in Besitz genommen hatte, so wollte der französische Hof dieses für eine offence de la dignite roiale ansehen, und dahero vordersamst alles in den Stand worinnen es bei Ableben des letztern Vasallen gewesen [belassen].

  Der Herzog von Lothringen, Stanislaus Leszcynski, erteilte den Roussillon ein Patent, sozusagen eine französische Garantieurkunde, über den getroffenen Vergleich mit dem Grafen von Leiningen-Heidesheim wegen ihres Viertelanteils. Ihren Besitz an der Winterhauch verkauften offensichtlich die Roussillon um das Jahr 1757; entweder an den Grafen von Leiningen-Heidesheim - mit dem sie sich zuvor um die Besitzrechte stritten - oder an den Herzog von Zweibrücken, der ihnen mehr geboten hatte.

  Die Verhandlungen über den Verkauf der Winterhauch an den Herzog von Zweibrücken erwähnt der Baron von Feignies in einem Briefwechsel mit einem Herrn Hauth, Bailly (Amtmann) in Nohfelden. (Gefunden in Landesarchiv Speyer: Bestand B6, Archivalie Nr. 468.) Da die Briefe einen interessanten Einblick in die Familienverhältnisse des Barons von Feignies und in das Zeitgeschehen von Juni bis Juli 1757 bieten, lasse ich sie hier vollständig folgen. Die französisch geschriebenen Briefe sind nicht fehlerfrei, bzw. der uneinheitlichen Orthographie des 18. Jahrhunderts zuzuschreiben.

gondesw. le 31. Jav. 1757

Monsieur très honoré voisin.

J'ai l'honneur de vous remercier de m'avoir envoié votre sergeant d'office pour l'insinuation des décrets de la cour féodale contre M. le C[omte] d' Oetting, il était tem[p]s par ce que l'on voulait me condamner par contumance a trèves.

Après nos complimens chez vous je suis celui d'etre avec considération Monsieur votre très humble obéissant serviteur de Feignies.

Übersetzung:

Gonnesweiler, den 31. Januar 1757

Mein sehr ehrenwerter Herr Nachbar.

Ich habe die Ehre, Ihnen dafür zu danken, dass Sie mir Ihren Kanzleiangestellten geschickt haben zwecks der Ingangsetzung der Anordnungen des Hofes [Feudalhofes] gegen den Herrn Grafen von Oettingen [von Dagstuhl]. Es war höchste Zeit, denn man wollte mich bereits in Contumanz [in Abwesenheit] in Trier verurteilen.

Nach unseren Komplimenten an Sie verbleibe ich mit vorzüglicher Hochachtung, mein Herr, als Ihr sehr ergebener und gehorsamer Diener von Feignies.

à gondesweiler le 2. Juni 1757

Monsieur très honoré voisin.

J'ai l'honneur de vous dire qu'on me marque des deuxponts qu'il n'etait pas nécessaire de vous envoyer les ordres ultériöses pour empecher le Wagner d'entrer dans la maison de cure à Neunkirchen, que les ordres que vous avez sont suffisantes à ce sujet, c'est la veille de la St. Jean que les nouveaux curés viennent s'etablir en leure paroisses quod bene notandum, j'espere entre tem[p]s d'avoir la suspension des provisions de Wagner de l'electeur qu'on ma promis. J'en serais charmé, vu que ce cela evitera du chagrin aux deux cours. Nous sommes à present occupés à spéculer à qui nous céderons la Winterhauch à S.A.S. on à M. le C[omte] de linange [Graf von Leiningen]. J'ai écris mes sentimens à ce sujet à M[adame] de Rossillon. Je compte qu'elles les suivra. nous saurons dans peu d'une facon ou d'autre la fin, dieu le veuille. À présent que les nouvelles de la guerre que je vous ai communiqué sont surgis, un Religieux de tholey à recu de son frère qui est à vienne [Wien] au service du prince Esterhasi comme ingenieur lui a écrit a peu pres dans le meme gout, ce qu'il y a de bon, ce que nous pouvons croire ce que nous voulons.

Je vai faire hausser la prairie de la Rauchwieß cette apres diner pour vous satisfaire et l'homme de Steinberg.

Apres nos complimens chez vous j'ai l'honneur d'etre avec toute la consideration Monsieur votre très humble obeissant serviteur de Feignies.

Übersetzung:

Gonnesweiler, den 2. Juni 1757

Mein sehr ehrenwerter Herr Nachbar.

Ich habe die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dass man mir aus Zweibrücken zu verstehen gibt, dass es nicht notwendig ist, Ihnen weitere Anordnungen zuzuschicken, um den Wagner am Eintritt in das Pfarrhaus Neunkirchen [Nahe] zu verhindern, dass die Anordnungen, die Sie besitzen, ausreichend sind zu diesem Zweck. Am Vorabend von St. Johann [23.06.] kommen die neuen Pastöre zur Einführung in ihre Pfarreien quod bene notandum. Ich hoffe, dass ich bis dahin die Suspension der Provisionen des Wagner vom Kurfürsten haben werde, die man mir versprochen hat. Ich wäre davon entzückt, denn das würde Kummer vermeiden an beiden Höfen.

Wir sind im Augenblick beschäftigt, darüber zu spekulieren, an wen wir die Winterhauch [ein großes Waldgebiet zwischen Baumholder und Idar-Oberstein] abgeben [verkaufen] werden, an S.A.S. [den Herzog von Zweibrücken] oder an den Herrn Grafen [Christian Reinhard] von Leiningen [Heidesheim]. Ich habe meine Meinung darüber an Madame de Rossillon geschrieben. Ich hoffe, dass diese meinen Empfehlungen folgen wird. Wir werden in Kürze auf die eine oder andere Weise das Ergebnis kennen, so Gott will.

Gleichzeitig als die Kriegsnachrichten, die ich Ihnen mitgeteilt habe, aufgetaucht sind, hat ein Mönch aus Tholey von seinem Bruder in Wien, der dort im Dienst des Fürsten Esterhasi als Ingenieur steht, dasselbe erfahren; dieser hat ihm fast im gleichen Sinne geschrieben, was es Gutes daran gibt, was wir glauben können, was wir [glauben] wollen.

Ich werde das Gras in der Rauchwieß schneiden lassen heute Nachmittag, um Sie zufrieden zu stellen und den Mann aus Steinberg.

Nach unseren Komplimenten an Sie habe ich die Ehre mit ganz vorzüglicher Hochachtung, Ihr sehr ergebener und gehorsamer Diener de Feignies.

à gondesweiler le 6. Juni 1757

J'ai l'honneur de vous donner avis que l'électeur à suspendu les provisions de Wagner pour la Cure de Neunkirchen, ainsi nous serons en repos de ce coté la, 2. que M. Matthis commissaire des limites [pour le Roi de France] marque que nous n' avons pas voulu accepter les 66 mille florins de M[onsieur] le C[omte] de linange [Graf von Leiningen], que S.A.S. le duc en a offert 78.500 [florins] qu'on va traiter avec lui.

Je voudrais que tout soit fini pour que j'ai du repos de ce coté la aussi.

On est à la veille des deux grandes batailles, une en boheme quand les forces imperiales seront jointes et l'autre entre les francais et hanovriens les prussiens selon les lettres arrivées a trèves ont bien voulu attaquer prague le 16 may mais il ont étés repoussés 4fois et ils n'ont plus voulu marcher à la cinquieme.

M. Redinger, gouverneur de mes deux fils, est ici qui at une magnifique cure proche coblence. Il commencera à me tirer une idée des paix en guerre apres quoi. Je vous renvoyerai avec remeciment aussitot votre Atlaß.

Apres nos compliments chez vous j'ai l'honneur d'etre avec considération, Monsieur, votre très humble obeissant serviteur de Feignies.

Übersetzung:

Gonnesweiler, den 6. Juni 1757

Ich habe die Ehre, Ihnen mitzuteilen, dass 1. der Kurfürst [Johann Philipp von Walderdorff] die Einsetzung des Wagner in die Pfarrei Neunkirchen [Nahe] suspendiert hat, somit haben wir Ruhe von dieser Seite.

2. dass M[onsieur] Matthis, Grenzkommissar [des französischen Königs] bemerkt, dass wir die 66.000 Gulden [für den Verkauf der Winterhauch] nicht akzeptieren sollten vom Herrn Grafen von Leiningen, dass seine Hoheit, MSg. der Herzog, 78.500 [Gulden] dafür [für die Winterhauch] geboten hat, dass man mit ihm verhandeln wird. Ich wollte, dass alles zu Ende wäre und ich meine Ruhe auch von dieser Seite hätte.

Wir befinden uns am Vorabend von zwei großen Schlachten, eine davon in Böhmen, wenn die kaiserlichen Streitkräfte sich vereinigt haben, und die andere zwischen den Franzosen und den Hannoveranern. Die Preußen - laut der Briefe, die in Trier angekommen sind - wollten Prag am 16. Mai [1757] angreifen, aber sie wurden viermal zurückgeschlagen und wollten es nicht ein fünftes Mal versuchen. M[onsieur] Redinger, Hofmeister meiner beiden Söhne, ist hier. Er hat eine prächtige Pfarrei in der Nähe von Koblenz. Er wird damit beginnen, mir seine Idee von einem Friedensplan nach diesem Krieg zu entwerfen. Wonach ich Ihnen Ihren Atlas mit Dank sofort zurückschicken werde.

Nach unseren Komplimenten an Sie habe ich die Ehre mit Hochachtung zu verbleiben, Monsieur, Ihr sehr untertäniger und gehorsamer Diener de Feignies.

à gondesweiler le 9. Juni 1757

Monsieur très honoré voisin

J'ai l'honneur de vous offrir mes services à Coblence [Koblenz]. Voulant partir s'il ne survient d' obstacle mercredi prochain par terre.

Ceux de Dagstu[h]l font courir le bruit que le Land-Hauptmann de trèves viendra soutenir M. Wagner la veille de la St. Jean à Neunkirchen. Je ne crois pas à pareilles gasconnades, car un ami qui ménage mes interesses à trèves me notifie sa suspension, que je compte avoir apres demain par ecrit le soir à l'arrivée de madame de Rossillon, qui vient avec à coblence [Koblenz]. Les cheveux me dressent de devoir donner 1.500 écus, deja sur les lieux, et 50 R.[eichsthaler] de pension annuelle, il est vrai quelle sera noblement placée.

S'il y à quelque chose de nouveau à rapport de Wagner je vous au donnerai avis avant mon depart. Il ne vous couterait à tout événement qu'un [bott gieng?] aux deuxponts.

Apres nos compliments chez vous j'ai l'honneur d'etre avec considération Monsieur votre très humble obeissant serviteur de Feignies.

Je ne manquerai de vous renveier l'atlass au plutard lundi prochain.

Übersetzung:

Gonnesweiler, den 9. Juni 1757

Mein sehr ehrenwerter Herr Nachbar.

Ich habe die Ehre, Ihnen meine Dienste anzubieten in Koblenz. Ich will am nächsten Mittwoch abreisen, wenn nichts dazwischen kommt, auf dem Landweg.

Die von Dagstuhl lassen das Gerücht verbreiten, dass der Landhauptmann von Trier kommen wird, um Herrn Wagner zu unterstützen am Vorabend von St. Johann [23.6.] in Neunkirchen [Nahe]. Ich glaube nicht an solche Gasconaden [Prahlereien], denn ein Freund, der meine Interessen in Trier vertritt, teilt mir dessen Suspension mit, die ich übermorgen Abend schriftlich zu haben glaube bei der Ankunft der Madame de Ro[u]ssillon, die mitreisen wird nach Koblenz.

Die Haare sträuben sich mir, dass ich 1.500 Ecus sofort an Ort und Stelle und dazu 50 R[eichsthaler] jährliche Pension zahlen muss. [Das bezieht sich auf die Unterbringung seiner Tochter im Kloster Oberwerth bei Koblenz.] Es ist wahr, diese Gelder werden bestens angelegt sein.

Falls es etwas Neues gibt über den Wagner, werde ich Ihnen noch vor meiner Abreise Nachricht geben. Es würde Sie für jedes Ereignis nur ein [unleserlich] kosten in Zweibrücken.

Nach unseren Komplimenten an Sie habe ich die Ehre ... de Feignies.

Nachsatz: Ich werde es nicht versäumen, Ihnen den Atlas bis spätestens nächsten Montag zurück zu schicken.

à gondesweiler le 13. Juillet 1757

Monsieur très honoré voisin.

J'ai l'honneur de vous communiquer ce que S.A.S. de Trèves at ordonné d'expédier a son constistoire de treves au sujet de la cure de Neunkirchen, par laquelle pièce vous verrez que j'ai rangé M. le Comte d' Oetting et M. Wagner qui se flattait toujours de venir au Neunkirchen. J'ai par cette voie soutenu les intérets de la cour feodale et les miens par consequent. Je vous prie d'on envoyer copie à la Regence ad notitiam.

J'ai été mort fondu de mon voiage de coblence par ses chaleurs excessives, que je ne plus encore me ratrappe, je suis allé faire ma cour a l'électeur, c'était par hazard un jour de gala par raport à son frère le prince de fuld. J'ai du faire comme les autres et du boire plus des 30 grand verres, le prince ma recu fort gracieusement et entretenu une demie heure seul. Ma Caroline s'est engagée pour toujours dans cette illustre abbaie d' Oberwert avec un courage héroique. J'etait las de ces grand festins, ou ma comblé d'honnetetées et politesses, mais il m'en à couté mon bon beure, par mille gros écus, fraise tous compris outre c'est la une pension annuelle des 50 R. Ces dames ne peuvent etre mieux qu'elles sont. J'ai laissé ma Charlotte en pension aupres de sa soeur qui ne plus voule revenir à gondesweiler, se voyant en si belle compagnie.

Apres nos compliments chez vous j'ai l'honneur ... de Feignies.

Übersetzung:

Gonnesweiler, den 13. Juli 1757

Mein sehr ehrenwerter Herr Nachbar.

Ich habe die Ehre, Ihnen das zu übersenden, was seine Hoheit in Trier [der Kurfürst von Walderdorff] angeordnet hat an seinen Kirchenrat in Trier zu schicken bezüglich der Pfarrei Neunkirchen [Nahe], aus welchem Schreiben Sie ersehen werden, dass ich den Herrn Grafen von Oettingen und Herrn Wagner rangiert habe, welcher sich immer eingebildet hat, nach Neunkirchen [Nahe] zu kommen. Ich habe auf diese Weise die Interessen des Hofes [von Zweibrücken] unterstützt und folglich auch die meinigen. Ich bitte Sie, eine Copie davon an die Regierungskanzlei [nach Zweibrücken] zu schicken.

Ich war, wegen der aussergewöhnlichen Hitze, totmüde von meiner Reise nach Koblenz zurückgekehrt, die ich mir nicht noch einmal auferlegen möchte. Ich habe dem Kurfürst [Johann Philipp von Walderdorff] meine Aufwartung gemacht. Das war zufällig ein Festtag anlässlich seines Bruders, des Prinzen [und Fürstabts] von Fulda. Ich musste so machen wie die anderen und mehr als 30 große Gläser [Wein] austrinken. Der Prinz [Fürstabt] hat mich sehr freundlich empfangen und sich eine halbe Stunde mit mir allein unterhalten.

Meine Caroline [die älteste Tochter des Barons von Feignies] ist für immer eingetreten in dieses illustre Kloster von Oberwerth mit einer heldenhaften Courage. Ich war baff über diese großen Festlichkeiten. Man hat mich überschüttet mit Ehrerbietungen und Höflichkeiten, aber das hat mich meine gute Butter [Redensart] gekostet; und zwar tausend dicke Ecus, die Unkosten inbegriffen, und ausserdem noch eine jährliche Pension von 50 R[eichsthaler]. Diese Damen könnten nicht besser sein als sie sind. Ich habe auch meine Tochter Charlotte dort in Pension gelassen bei ihrer Schwester, welche nicht mehr nach Gonnesweiler zurückkehren will, weil sie sich in so guter Gesellschaft weiß.

Nach unseren Komplimenten an Sie habe ich die Ehre ... de Feignies.

  Über die Zustände in den Klöstern des Erzstifts Trier im 18. Jahrhundert berichtet Ludwig Boos von Waldeck (abgedruckt in dem oben genannten Artikel von Kentenich): Zu diesen Zeiten waren die adliche Nonnenklöster mehrigsten Theil mit Freylen vom Ertzstifftischen Adel besetzet; Layen [von der Leyen], Eltzer, Bassenheimer, Metterniger, Kesselstatter, Booser, Greiffenglauer, Beysel, Schmidburg und dergleichen mehrere von ächtem Adel waren zu Boppard, Oehren, Oberwerth, Stuben, Engelport, Marienroth und St. Thomes Abtissinnen, Fraumeisterinnen, Priorinnen und Conventualen; zu selbigen Zeiten muß das adliche Geschlecht frommer als heutiges Tags gewesen sein, weilen man kaum eine oder höchstens zwey Freylen vom ächten Landsadel in allen obigen Klöstern heutiges Tags antreffet.

  Man machte sich auch zu selbigen Zeiten öffters in denen adlichen Klöstern recht lustig: mehrmalen brachte man allda die letzte Fasenachts-Zeit zu; bey Einkleidung und Profession ginge es jedesmahlen sehr prächtig zu, alles regirte im Ueberflus, man tantzte und divertirte sich herlich, jedoch allzeit mit Wohlstandt: die Freylen lebten in sothanen Klöster vergnügt, einig und zufrieden, ich erinnere mich nit, daß eine zu diesen Zeiten jemalen begehret aus dem Kloster austretten zu dörfen. Vom Adel, welche in die gemeine jungfreilige Klöster getretten, hatte man außer einer Gräfin von Metternig, welche in das St. Barbara-Kloster eingetreten, allda im hohen Alter gestorben, kein [weiteres] Beispiel; imgleichen ware es zu diesen Zeiten rar, daß ein ächt Adlicher in einen Mönchs-Orden eingetretten: nur allein erinnere ich mich eines Grafen von Bassenheim, welcher Dominicaner und in diesem Orden alt geworden. In Springirsbach waren zu diesen Zeiten vom trierischen Adel ein Hr. von Eltz-Rübenach und in jüngern Zeiten ein Hr. von Ahr und von Brackel; die übrige waren ausländische, jedoch von guten ächten Geschlechtern. [...] Ein Herr von Feignies trittete auch zu diesen Zeiten in den Jesuiter-Orden; er wurde aber als Priester noch vor Auslöschung des Ordens aus dem Orden geschickt; er sagte zwar, er habe selbst seine Dimission verlangt; ..."

  Weitere interessante Informationen über die kurtrierischen Adelsklöster fand ich in der Dissertation von Eduard Weibeler mit Titel >Zustand rheinischer adliger Frauenklöster, Trierer Anteil, zu Beginn der französischen Revolution<, Bonn 1922. Der Autor lässt sich folgendermaßen über die Zustände in den adeligen Frauenklöstern Kurtriers aus:

  Selbst eine gut verwaltete Wirtschaft hätte auf die Dauer eine solche Lebenshaltung nicht gestatten können, wie man sie in den adeligen Frauenklöstern gewohnt war. Nicht nur daß die Fräulein gut lebten, sondern auch die Dienstboten schlemmten; und aus Prahlerei wurden die Gäste monatelang bewirtet."

  Ein giftiger Brodem für das Herz einer jungen Klosterfrau war der längere und häufige Aufenthalt der Männerwelt in den adeligen Klöstern. Und zwar waren es lauter Nichtstuer, Militärs, die ihre Zeit nicht besser zuzubringen wußten, als eine geistliche Schwester oder Cousine zu besuchen, trinkfeste Gesellen, die wenig Lust verspürten, ihr Benehmen der geistlichen Umgebung anzupassen. Engelport war zur berühmten Weinschenke geworden und St. Thomas hatte in Feinschmeckerkreisen einen Namen bekommen."

  Die Not und Dürftigkeit des Adels ist das größte Übel der Zeit. Der Adel des Kurlandes hat auf die reichen Stiftungen seiner Vorfahren Anspruch. Er muß untergebracht werden, weil er arm ist. Kurtrier hat 9 adelige Frauenklöster mit S[umm]a 36.548 Reichstaler Einkünften jährlich, von denen nur wenige Landeskinder ernährt werden. Das übrige ist ein Raub fremder Familien, die nicht nur ihre Kinder damit versorgen, sondern oft halbe Jahre davon schwelgen."

  Wir können uns daher gut vorstellen, dass die mittellose Madame de Rossillon mit ihrer Tochter Henriette Alexandrine ihre beiden Nichten, bzw. Cousinen, die eine lebte als Nonne im Kloster Oberwerth, die andere im Kloster Machern, des öfteren über längere Zeit besucht haben.

  Da mich alles interessiert, was die Goethe-Geliebte Henriette Alexandrine von Roussillon und deren Familie betrifft, so machte ich mich zu Anfang des Jahres 2003 auf den Weg von Homburg nach Heimbach, um den ehemaligen Weibweiler Hof, heute Heimbacher Hof, zu suchen. Auf einer Karte im Heimatmuseum Birkenfeld fand ich schließlich beim zweiten Anlauf die genaue Wegbeschreibung und Lage des Hofes.

  Vor dem Birkenfelder Heimatmuseum befindet sich ein Grenzstein mit den Initialen >WH 1710<. Dies bedeutet entweder >Weibweiler Hof 1710< oder >Wertensteiner Herrschaft 1710<, wobei ich ersteres für wahrscheinlicher halte. Die Jahreszahl könnte das Gründungsjahr des Hofes bezeichnen, demnach das Jahr 1710. Die Roussillon-Scheune wurde vermutlich um 1710 erbaut, demnach ist sie heute 290 Jahre alt. Eine genaue Datierung wird erst eine dentrochronologische Untersuchung des Eichenholzes ergeben.

  Von dem ehemaligen Weibweiler Hof ist heute nur noch eine Scheune erhalten, von mir >Roussillon-Scheune< genannt.

  In dem Buch >Dorf und Bauernhaus im deutschsprachigen Lothringen und im Saarland< von Werner Habicht, Saarbrücken 1980, habe ich interessante Informationen zur Baugeschichte von Bauernhäusern in unserer Heimat gefunden. Wenn wir heute an ein Bauernhaus denken, so steht das Bild eines sogenannten breitgegliederten Quereinhauses" vor unseren Augen. Das heißt, Wohnhaus, Scheune und Stallungen sind unter einem Dach vereinigt. Diese zweckmäßige Form eines Bauernhauses war jedoch um das Jahr 1710 noch keineswegs allgemein üblich gewesen. In Werner Habichts Buch steht auf Seite 231: Obwohl die Quellen des 16. Jahrhunderts in den Gebieten außerhalb Lothringens bereits einzelne Hinweise auf die räumliche Vereinigung des Wohnhauses mit den für das bäuerliche Wirtschaften wichtigen Gebäuden liefern (vgl. S. 93 ff), gibt es noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts genügend Belege für die Existenz des Streuhofes. Der Anteil dieser Gehöftform geht in den ersten fünf Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts stark zurück. Die Übergänge sind dabei fließend ...

  Der Weibweiler Hof war ursprünglich ein sogenannter Streuhof; das heißt, der gesamte Bauernhof bestand aus mehreren Gebäuden: dem Wohnhaus, eventuell mit Stall im Erdgeschoss oder seitlich angebaut, einer separat stehenden Scheune, ebenfalls mit Stall, weiterhin mit einem separat errichteten Stallgebäude, eventuell noch mit einem Schafstall und außerdem noch mit einem Backhäuschen.

  Die Lage des Weibweiler Hofes auf einem Bergrücken lässt vermuten, dass sein Hauptproduktionzweig aus Viehzucht bestand. Schafe, Ziegen, Rinder und Pferde ließen sich hier ohne Schwierigkeiten züchten. Selbstverständlich wurde auch Getreide und andere Feldfrüchte angebaut, hauptsächlich aber für den Eigenverbrauch. Die Gründung des Weibweiler Hofes durch die Freiherren von Roussillon diente meiner Überzeugung nach in der Hauptsache zur Sicherung des Eigenbedarfs an landwirtschaftlichen Erzeugnissen.

  Was uns bei der Roussillon-Scheune sogleich ins Auge fällt, das ist die massiv gemauerte Bauweise aus unbehauenen Bruchsteinen. Das Scheunentor, eine Stalltür und zwei oder drei kleine Fenster waren ursprünglich mit hölzernen Gewänden versehen. Erst in späterer Zeit wurden sie durch Backsteinmauerwerk ersetzt. Drei mächtige Eichenbalken von über acht Metern Länge, einer Höhe von 40 cm und einer Breite von fast 30 cm tragen den Heustock, von 6 Eichenstämmen gestützt, die unten leicht angespitzt sind. Sie ruhen auf Steinsockeln, um dem Verfall besser standhalten zu können. Zwei dieser originalen Eichenstützen konnte ich noch erkennen.

  Das Dachgebälk ist leider nicht mehr im Originalzustand erhalten, weil die Scheune später erweitert wurde. Es war wohl ein etwas flacheres Dach mit einfacher Stilunterstützung der Pfetten, wie es auch heute noch zu sehen ist. Ursprünglich war das Dach der Roussillon-Scheune entweder mit Holzschindeln, wahrscheinlich aber mit Stroh gedeckt. An der Wetterseite wurden Hainbuchenhecken gepflanzt. Die Äste verwuchsen zu einem dichten Schutz vor den Sturmböen des Herbstwindes. So wurde verhindert, dass starke Winde der Hochfläche das Strohdach am Giebelende aufzausten.

  Der heutige Besitzer der Roussillon-Scheune ist Herr Kurt Künzer, wohnhaft auf dem Heimbacher Hof. Seine Vorfahren erwarben den Weibweiler Hof zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Für sein freundliches Entgegenkommen möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken.

  Am 10. November 1757 starb in Saarbrücken eine Schwester Ludwig von Roussillons, mit Namen Catharina Christiana von Roussillon. In ihrem Testament, erstellt am 22. September 1757, wurden als Erben eingesetzt: ... meinen liebwerthen noch lebenden Bruder Herrn Friederich von Roussillon Kayserl. Major und Commandanten von Pisa, sodann meines ältesten seel. Bruders weyl. H. Christian Ludwig von Roussillon hinterlassene acht Kinder, nahmentlich 1. H. Christian Karl, 2. H. Karl Henrich, 3. H. Ludwig Wilhelm, 4. Fräulein Polyxena Katharina, vermählte Passerin, 5. Frau Wilhelmina Alexandrine, vermählte Fintzerin (Fentzling), 6. Charlotta Christina, 7. Sophie Henriette und 8. Katharine Caroline allesamt von Roussillon wie auch meines seel. verstorbenen jüngsten Bruders weyl. H. Frantz Alexanders Ludwig Moritz Christians von Roussillon gewesenen Rittmeisters unter dem Königl. Frantzösischen Nassauischen Cavallerieregiment, hinterlassene drey Kinder, nemlich 1. H. Karl Wilhelm, 2. H. Friederich Karl Gregorius und 3. Fräulein Henriette Alexandrine alle von Roussillon dergestalten zu meinen Erben ein, dass mein sich noch im Leben befindender Bruder H. Friederich von Roussillon 200 sage zweyhundert Gulden, und jedes von meinen beyden verstorbenen Gebrüdern H. Christian Ludwig von Roussillon sowohl als H. Frantz Alexander Ludwig Moritz Christian von Roussillon hinterlassenen obbenahmten Kinder jedes ohne Unterschied eins wie das andere 100 sage einhundert Gulden erben und aus meiner Verlassenschaft ziehen und bekommen soll.

Weiter und 4.) vermache und legire ich meines jüngsten seel. Bruder H. Frantz Alexander Ludwig Moritz Christian von Roussillon hinterlassene Frau Wittib [Witwe] gebohrene von Geismar 100 sage einhundert Gulden.

  Sodann legire und vermache an die Fräulein Sophie Henriette von Roussillon Hof Dame bey Ihro Hochfürstl. Durchlaucht der verwittibten Frau Hertzogin zu Zweybrücken, meine silberne Caffekanne, silberne Milchkanne, silberne Zuckerschaale mit sechs Löffelgen und einem Zuckerzänglein.

  Ferner legire und vermache Ich meiner Schwägerin, meines seel. Bruders H. Frantz Alexanders Ludwig Moritz Christians Frau Wittib, gebohrene von Geismar mein vergüldet silbernes Besteck, Messer Löffel und Gabeln mit dem Futteral.

  Desgleichen legire und vermache Ich meiner Frau Schwägerin Tochter Fräulein Henriette Alexandrine von Roussillon meiner lieben Niece ein Besteck vergüldgewesener Messer, Löffel und Gabeln nebst einem [unleserlich: Markzieher?] und Löffel, einem Saltzfäßgen und Eyerschählgen.

  Auch legire und vermache Ich meinem Neveu H. Carl Henrich von Roussillon Capitaine und Commandant vom 3ten Bataillon Royal Deux Ponts mein Futteral mit sechs silbernen Messer Löffeln u. Gabeln.

  Noch weiter legire und vermache Ich meinem Neveu H. Carl Wilhelm von Roussillon Lieutenant unter Royal Deux Ponts [richtig: >Prinz Carl<] meine goldene Sackuhr. Und dessen Bruder meinem Neveu H. Friederich Carl auch Lieutenant unter dems. Regiment, [richtig: >Prinz Carl<] legire und vermache Ich meine zwey kleine silberne Leuchter samt der silbernen Lichtbutz und einer runden silbernen Seifenbüchse.

  Die Saarbrücker Erbtante verstarb bereits kurz nach Niederlegung ihres Testaments. Maria Anna von Roussillon, geborene von Geismar, gab ihrem Schwager - dem Baron von Feignies zu Gondesweyler (Gonnesweiler bei Nohfelden) - Vollmacht, die Erbschaftsangelegenheit in ihrem Namen und dem ihrer drei unmündigen Kinder zu regeln. Dieser schrieb an den Nachlassverwalter in Saarbrücken:

à gondesweiler, le 11. Mars 1758

J'ai cru inutil de revoir repondre à votre derniere vu que vous me demandez un act comme quoy les mineurs ont en empire un tuteur, chose que j'espere vous faire tenire plutot possible par un expres, malgrez que madame de Rossillon n'est pas obligée de lacher unsols de son legat, mon conseil est que vous vous accommodier en dessous main avec les deux créanciers, vous priant monsieur de solluiter l'affaire au suserdem Dehame pour que je n'on sois pas Laduppe; j'ay l'honneur d'etre apres nos complemens chez vous, avec toute l'estime de Feignies.

Nachsatz: J'ay la reponse de madame de Rossillon pour vous, que je vous feray tenir par l'expres.

Die deutsche Übersetzung lautet:

zu Gonnesweiler, den 11. März 1758

Ich habe es für sinnlos gehalten, auf Ihr letztes Schreiben zu antworten, weil Sie von mir verlangen, dass die Minderjährigen dafür einen Vormund benötigen. Ich kann Ihnen dies eher ermöglichen durch einen Boten. Obwohl Madam de Roussillon nicht verpflichtet ist freiwillig auf ihr Legat [ihre Erbschaft] zu verzichten, rate ich Ihnen dazu, sich unter der Hand vergleichen (verständigen) zu wollen mit den beiden Gläubigern. Indem ich Sie bitte, die Sache mit dem (suserdem)[?] de Hame beilegen zu wollen, damit ich nicht dabei der Dumme bleibe, habe ich die Ehre, zu sein mit unseren Komplimenten und mit vorzüglicher Hochachtung

de Feignies

Nachsatz: Ich habe die Antwort von Madam de Rossillon an Sie, die ich Ihnen durch Boten zukommen lassen werde.

  Der folgende Brief des Baron von Feignies ist nicht zu ermitteln, an wen er gerichtet war. Er enthält einige Informationen über Maria Anna von Roussillon:

(Der obere Teil ist abgeschnitten.)

  ... Ma santé ne permet, que de vous dire, que mon exprés ma semis delege des enfants de Louis de Rossillon trente deux Louis[dore] au cour de france sept petits escus, et quatorze [Pfennige], comme aussi les argenteriy enoncées par le testament, de la quelle somme j'ay envoyé dizhuit Louis[dore] à Mad. de Rossillon avec les argenteriy, ayant setenu la boulle à seavon, je luy serai tenir le reste, après que je serai authonsé, voullant rien avoir à faire avec les mineurs.

Je doit vous dire, Monsieur, que les creanciers de Louis de Rossillon ne sont forsés de faire arretter les leges de ma belle soeur vu, quelle à renoncée forme. Clement à Sargueminde à l'heritage de son marit, la renonciation à este insinuée à Sarbrück, il est si vray, que Mad. de Rossillon ma belle soeur à tyrée tous ces apports de mariage en fait de linge, des lits, tables du corps et quelques autres meubles par un decret, que j'ay obtenu de la regence de Sarbruck signe de Monsieur de Bode, avec les grand secause de la ditte regence, tout il s'en suit, que les créanciers ne peuvent pas arrettes les leges en question ny attaquer Madame de Rossillon pour la moindre chose vu la renonciation, je vous prie Monsieur de vouloir dicter cette renonciation au prothocol de la ditte Regence pour fermer la bouche aux créanciers, je vous en aurai beaucoup d'obligation, estant avec estime

Monsieur

Votre très humble et très obeissant serviteur de Feignies.

Die deutsche Übersetzung lautet:

Meine Gesundheit erlaubt es mir nur, Ihnen zu sagen, daß mein Bote mir die Vermächtnisse ausgehändigt hat von den Kindern des Louis de Roussillon, 32 Louis D`or in französischer Währung 7 kleine Ecus und 14 [Pfennige?], sowie auch die im Testament genannten Silbersachen, von welcher Summe ich 18 Louis D´or mit den Silbersachen an Madame Rossillon geschickt habe, die Seifenkugel habe ich zurückbehalten. Ich werde ihr den Rest zukommen lassen, nachdem ich dazu autorisiert bin. Ich will nichts mit den Minderjährigen zu tun haben. Ich darf [oder muss] Ihnen sagen, Monsieur, dass die Gläubiger des Louis de Rossillon nicht gezwungen sind, das Erbe meiner Schwägerin zurückzuhalten, angesichts dessen, dass diese formell darauf verzichtet hatte. Clement zu Saargemünd hat bei der Erbschaft ihres Mannes diese Verzichterklärung [gemeint ist: die der Madame Rossillon] in Saarbrücken eingeschmeichelt [insinuiert]. Es ist so wahr, dass Madame de Rossillon, meine Schwägerin, ihre gesamte Heiratsmitgift in Form von Wäsche, Betten, Tischen und einigen anderen Möbelstücken bezogen hat in einer Verordnung [Dekret], die ich erhalten habe von der Regierung in Saarbrücken, unterzeichnet von Monsieur de Bode mit großer Unterstützung der genannten Regierung. Es folgt aus alledem, dass die Gläubiger die in Frage kommende Erbschaft nicht zurückhalten können und auch Madame de Rossillon nicht im Geringsten angreifen können bezüglich der Verzichterklärung. Ich bitte sie, Monsieur, diese Verzichterklärung bei der genannten Regierung zu Protokoll geben zu wollen, um den Gläubigern den Mund zu stopfen. Dafür wäre ich Ihnen sehr [zu Dank] verpflichtet.

Ich verbleibe mit verzüglicher Hochachtung

Monsieur

Ihr sehr ergebener und sehr gehorsamer Diener de Feignies.

Frau von Roussillon schrieb von Trier aus an den Testamentsvollstrecker:

Monsieur

J'ay recue celle que vous m'avez fait l'honneur de m'adresser, vous ayant, monsieur, toutes les obligations du monde des peines que vous vous don(n)ez vous priant, monsieur, de vouloir avoir la bontez de fair tenir le reste à mon beaufrère à gonesveiller [Gonnesweiler] vous m'obligierich in finiment si vous povriez me procurer de tou chez le tout ensemble dans etre assignè à greveiller [Grehweiler, heute: Gau-Grehweiler]. Vous me ferich un grand plaisir puis qu'on ne sais quand medames les Rheingraffe me le pouront payer j'espere que vous me ferois ce plaisir la dy preter votre soin ayant l'honneur d'etre avec bien de la considération.

Monsieur, votre très humble et obeissante servante de Rossillon, née de Geismar.

à trèves, le 24. Mars 1758.

Nachsatz: Vous aurez la bontez de bacher que les deux créanciers come (unleserlich) et Reutter soisant contrenter de la facon que vous monez

dit mes compl. chez vous s'il vous plait.

Die deutsche Übersetzung lautet:

Ich habe den [Brief] erhalten, mit dem Sie mir die Ehre erwiesen haben, ihn an mich zu richten; und ich habe deshalb, Monsieur, die allergrößte Plicht [alle Verpflichtungen der Welt] für die Mühe, die Sie sich gemacht haben, indem ich sie bitte, Monsieur, die Güte haben zu wollen, den Rest [von der Erbschaft] an meinen Schwager in Gonnesweiler zu schicken. Sie würden mich unendlich zu Dank verpflichten, wenn Sie mir das alles zukommen lassen könnten, ohne dass es in Grehweiler [heute Gau-Grehweiler] angezeigt werden müsste. Sie würden mir dadurch eine große Freude machen, weil man nicht weiß, wann die Rheingräfinnen es mir werden bezahlen können. Ich hoffe, dass Sie mir den Gefallen tun werden, darauf zu achten, indem ich die Ehre habe, mit vorzüglicher Hochachtung zu verbleiben [zu sein] Monsieur, Ihre sehr ergebene und gehorsame Dienerin von Roussillon, geborene von Geismar. Trier, den 24. März 1758.

Nachsatz: Sie werden die Güte haben, dass die beiden Gläubiger wie [unleserlich] und Reuter zufriedengestellt sein werden in der Form, die Sie erwähnt haben. Sagen sie [ihm] meine Komplimente, bitte!

  Zuerst trafen die Erinnerungsstücke in Gonnesweiler ein, die für Henriette Alexandrine von Roussillon und ihre beiden Brüder bestimmt waren.

  Baron von Feignies quittierte dem Testamentsvollstrecker Monsieur Becker, Conseillier et Medicin zu Saarbrücken: der zu Saarbrücken verstorbenen Fräulein von Rossillon vor die minnoranen Kinder der Frau von Rossillon in Trier, einer gebohrenen von Geismar, von dem Herrn geheimden Secretario Brand ... richtig überbringet worden als vor die Frl. Henriette Alexandrine von Rossillon meine Niece und Cupillin ein Besteck vergüldgewesene Messern, Löffel und Gabeln nebst einem Markzieher und Löffel, einem Saltzfäßgen und Eierschälgen. Ferner vor meinen Neveu Carl Wilhelm von Rossillon Lieutenant unter Royal Deuxponts [richtig: >Prinz Carl] eine güldene Sackuhr, vor dessen Bruder meinen Neveu Friederich Carl auch Lieutenant unter demselben Regiment Royal Deuxponts [richtig: >Prinz Carl] zwey kleine silberne Leuchter sambt dene silberne Lichtbutz und eine runde silberne Seiffenbüchse. Ein solches hiermit quittierend, Gondesweyler den 1ten May 1758

von Feignies.

Die Quittung über das Bargeld lautet in Französisch:

Je soussigné le Baron de Feignies, Seigneur de Gondesweyler et autres lieux, tuteur des enfants minneurs de Madame la Baronne de Rossillon de Treves née de Geismar certifee d'avoir recu par la procuration du conseiller et docteur en medecin Becker de Saarbruck du sieur Brand secretaire intime et archivaire de S. A. S le prince de Nassau, l'heritage et succession leur provenante de feue leur Tante morte à Saarbruck et consistante en argent comptant en trois cent soixante et treise florins, vingt sept albus [et] 2 Pfg. dont je fais quittance ce fait à gondesweyler ce 1re May 1758

de Feignies.

Die deutsche Übersetzung lautet:

Ich, Unterzeichneter, der Baron de Feignies, Herr zu Gonnesweiler und anderen Orten, Vormund der minderjährigen Kinder der Madame de Rossillon in Trier, geborene de Geismar, bescheinige, empfangen zu haben durch Vollmacht des Rats [Geheimrats] und Doktor der Medizin Becker zu Saarbrücken von Herrn Brandt, Privatsekretär und Archivarius des S.A.S Prinzen von Nassau die Erbschaft und den Nachlass, der ihnen zukommt von ihrer Tante aus Saarbrücken, bestehend aus Geld im Betrage von dreihundertdreiundsiebzig Florins, siebenundzwanzig Albus und 2 Pfg., die ich hiermit quittiere. Geschehen zu Gonnesweiler den 1. Mai 1758

von Feignies.

  Das Erbteil der Maria Anna von Roussillon, geborene von Geismar, wurde von dem ihrer drei minderjährigen Kinder abgetrennt, weil noch Gläubiger ihres verstorbenen Mannes Anspruch darauf erhoben. Wiederum ging ein Schreiben der Baronin von Roussillon von Trier nach Saarbrücken an den Fürst von Nassau-Saarbrücken:

  Abschrift ad acta

  Monseigneur,

son altesse serenissime d'aignera gracieussement l'acusser la liberté que je prend de leurs adresser ma très humble remonstration et criere que comme la Regence veut m'obliger à payer les detes de feu mon epous des legnes que feu ma belle soeur de Rossillon ma destini. Esperant que le meme droit qui à subsisté dans la anés 1746 subsistera encore que pour lors, je ne soit obligée de payer de mes biens les dettes faite pendant notre mariage, j'espere qu'aujourdhui on ne my obligera à payer ces dettes ou que ma renonciation faite en meilleur forme m'exemple de payer les dettes d'une heritage qui ne previent point de mon l'epouse, je me jette au pieds de leurs altesse serenissime en les priant très humblement de vouloir m'accorder la grace en me faissant payer le petite heritage de feu ma belle soeur comme leurs altesse nous à toujours temoigné beaucoup de grace et bonté j'espere quel voudront bien m'accorder ma demande, surtout dans la triste situation ou je me trouve à present n'ayant point de vivre et rien dans l'esperance que son altesse voudront me faire la grace et charite. J'ai l'honneur de me recomandé au bonnes graces de leurs altesse serenissime etant avec une soummission respectueuse.

De Leurs altesse serenissime.

Treves le 9. may 1758

La plus humble et obeissante servante veue de Rossillon, née de Geismar.

  Zu allen Schwierigkeiten, die die verwitwete Baronin von Roussillon hatte, um an ihr kleines Erbteil zu gelangen, kam jetzt auch noch der Tod ihres Schwagers hinzu, des Barons Florentin de Latre de Feignies in Gonnesweiler. Er starb am 18. Mai 1758. Maria Anna von Roussillon musste ihre Erbschaftsangelegenheit nun selber in die Hand nehmen. Offensichtlich überstiegen die komplizierten juristischen Gepflogenheiten und Klauseln zu damaliger Zeit ihre Fähigkeiten; und Geld für einen Anwalt hatte sie keins. So schrieb sie einen wahren Bettelbrief an den Nachlassverwalter nach Saarbrücken, aus welchem deutlich ihre große Armut hervorgeht. Aus dem Brief ist, wenn auch nur andeutungsweise, eine gewisse geistige Unkonzentriertheit herauslesbar, was auf eine schwere Depression wegen ihrer tristen Lage" zurückzuführen wäre, wie sie in einem früheren Brief ihren Zustand selber bezeichnet. In dieser für sie so schweren Zeit befinden sich ihre beiden Söhne als Offiziere im churpfälzischen Regiment >Pfalz-Zweibrücken<, später im churpfälzischen Regiment >Prinz Carl< und nehmen am Siebenjährigen Krieg gegen den Preußenkönig teil. Auf die Tochter Henriette Alexandrine komme ich weiter unten noch ausführlich zu sprechen.

Monsieur

das Schreiben von dem Herrn Dokter welches den 1ten dieses [Monats] datiert, habe erst gestern als den 7ten [Juni] empf[angen]. Ersehe, das Sie [von] mier Volmacht begehren das allenfals diejenige vor welche die mir letzthin legaten... [unentzifferbar] ... sie einen advocaten vor mich solten se verzichten das ich meines Achts Sie gleich vor valable eracht feste und nichts dargegen gehabt als für Sie mich declariren, das ich Sie gleich wie die andere vor valable halte und dessenhalb advocat vor mich solle gewesen, werth und auch kein aufenthalt sein dazumahl alle vorbei zu verrichten sein; ich mich anjetzo nichte das groß darzu sehr das begehrt habe, was meinen Kinder und mir von d. mob[i]lien zu komthät, [unleserlich] kein Bericht darvon gehabt, wie es gemacht wünsche, also das nach dem ich es [unlesbar] darumb den Herrn Rathgeber mir das Inventarium zu schick als Bitte, wan die Versteiung noch nicht vor sich gang, mir die Gefälligkeit zu thun, dieses vor mich zu kriegen:

1 dutzend Hembter hausmachend Duch

18 weise sackdücher

12 par weise leinestrumpf

6 par weise anhänksäck [sog. Sackmäntel]

wie auch d. grün und schwarz mouselinen-nachtrok, wenn alles dieses noch gut und nicht zu deuer kombt. Ich überlasse es ihm und bin zufried, wie er es vor gut find, die ich er[ge]bens mit aller Hochachtung beharr

Trier, den 8ten Juny 1758

Monsieur votre très humble et obeissante servante

de Rossillon, née de Geismar

Mes compl. chez vous sil vous plait

  Ob die Baronin von Roussillon die oben genannten Kleidungsstücke auch tatsächlich bekam, ist aus dem Testamentsakt nicht ersichtlich. Im Juli 1758 erhielt sie schließlich ein vergoldetes Besteck aus Saarbrücken. Sie quittierte: Von dem Herrn geheimden Secretario und Archivario Brand ist ein silbernes vergoltenes Besteck bestehent in einem Löffel, Gabel und Messer, welches mir meiner zu Saarbrucken verstorbenen Fräulein Schwegerin von Rossillon legirt gehabt, richtig extradirt und übersendet worden, wie solches bescheine hiermit quittirend, Trier den 15ten July 1758

witib von Rossillon, gebohrene von Geismar.

  In vielen Zeitungen des 18. Jahrhunderts, so auch im >Trierischen Wochen-Blättgen<, wurden die sogenannten Passanten" aufgeführt, die in Trier im Hotel oder in einer Pension übernachteten. Noch genauer gesagt, es wurden nur Fremde, Durchreisende, genannt, keine Einwohner der Stadt. Wenn nun am 22. Juni 1758 die Madame de Rossilion nebst Herrn Lieutenant und Herrn Fähndrich de Rossilion vom Regiment Prinz Carl, kommen von St. Thomas" im Wochen-Blättgen als Passanten aufgeführt sind, dann kann die Madame de Roussillon keine eigene Wohnung in Trier besessen haben. Ich vermute daher, dass sie bei einer befreundeten Familie in Trier wohnte, denn es wird auch kein Hotel angegeben, in dem sie mit ihren beiden Söhnen übernachtet hätte. Wahrscheinlich lebte Maria Anna von Roussillon als Gesellschafterin bei der Hausdame einer Trierer Adelsfamilie und bewohnte - zusammen mit ihrer Tochter Henriette Alexandrine - ein oder zwei Mansardenzimmer.

  Im Testament der Saarbrücker Erbtante ist erwähnt, dass die beiden Brüder der Henriette Alexandrine von Roussillon im pfalz-zweibrückischen Regiment >Royal Deuxponts< gedient hätten. Diese Angabe ist leider nicht mehr überprüfbar. Eine Verwechslung mit anderen Baronen von Roussillon, die nachweislich im Regiment >Royal Deuxponts< dienten, ist leicht möglich. Laut Eintrag im Trierischen Wochen-Blättgen vom 22. Juni 1758 geht eindeutig hervor, dass sie im churpfälzischen Regiment >Prinz Carl< standen. Leider sind die meisten Akten, Anciennitätslisten, Gehaltslisten und andere Unterlagen, während der französischen Revolution und auch später durch schlechte Lagerung verloren gegangen. In den wenigen Musterungslisten, die in München im Kriegsarchiv liegen, konnte ich bisher noch keinen Baron von Roussillon ausfindig machen. Aber das heißt noch lange nicht, dass die beiden nicht im Regiment >Prinz Carl< gedient hätten.

  In dem Buch von F. von Fabrice mit Titel >Das Königlich-Bayerische 6. Infanterie-Regiment Kaiser Wilhelm, König von Preußen, I. Teil 1725 bis 1804, nebst einem Rückblick auf die pfälzische Heeresgeschichte<, München 1886, ist auf Seite 198 eine Tabelle mit allen Offiziersnamen abgedruckt, die bei der Musterung des Regiments >Prinz Carl< am 10. Oktober 1759 anwesend waren. In dieser Liste fehlen die Namen von nicht weniger als vier Lieutenants, acht Souslieutenants und fünf Fähndrichen. Es ist also durchaus denkbar, dass die beiden Barone von Roussillon zum Zeitpunkt der Musterung entweder eine militärische Operation durchführten oder krank waren oder Urlaub hatten. Diese drei Möglichkeiten sind nicht auszuschließen.

  Nach den uns vorliegenden dokumentarischen Fakten können wir daher mit großer Wahrscheinlichkeit folgendes annehmen:

  Die beiden Barone von Roussillon traten Ende des Jahres 1757 in das churpfälzische Regiment >Prinz Carl< ein. Möglicherweise war ihre Bewerbung um eine Offiziersstelle im Regiment >Royal Deuxponts< erfolglos gewesen. Im Juni 1758 befanden sie sich bereits wieder im Urlaub und besuchten ihre Mutter, Marie Anne von Roussillon, in Trier. Ist das möglich? - Ja! In dem Buch von Oskar Bezzel mit Titel >Geschichte des Kurpfälzischen Heeres in den Kriegen zu Ende des 17. und im Laufe des 18. Jahrhunderts<, München 1928, fand ich die Antwort. Das zweite Bataillon des Regiments >Prinz Carl< geriet am 16. März 1758 in der Stadt Minden in Gefangenschaft. Die Gefangenen wurden in die Stadt Magdeburg geführt. Auf dem Weg dorthin gelang einigen die Flucht. Oskar Bezzel schrieb: Wenn auch ein kleiner Teil auf dem Marsche dorthin durch Flucht sich rettete - ob Leute unseres pfälzischen Bataillons [2. Bataillon von >Prinz Carl<] unter diesen Flüchtlingen sich befanden, ist nicht festzustellen ..." Die Möglichkeit besteht, dass den beiden Baronen von Roussillon die Flucht aus der Gefangenschaft gelang. Sie begaben sich zurück nach Mannheim, um sich bei ihrem obersten Kriegsherrn zu melden. Da ihr Bataillon sich in Kriegsgefangenschaft befand, erhielten sie - Urlaub. Möglicherweise sogar als Belohnung für ihre tapfere Flucht. Daher konnten sie bereits im Juni 1758 ihre Mutter in Trier besuchen.

  Über ihr weiteres Schicksal während des Siebenjährigen Krieges fehlen leider bisher jegliche Anhaltspunkte.

  Unter dem Datum des 28. Juli 1759 fand ich im >Trierischen Wochen-Blättgen< unter der Rublik Passanten" den Eintrag: Die Fräulein von Rosslion [damit ist Henriette Alexandrine von Rossillon gemeint] kommt von Sankt Wendel, logiret bey ihrer Frau Mutter".

  Einen weiteren Eintrag fand ich unter dem Datum des 9. Oktober 1760: Madame de Rossillon logirt im Tholayer Hof".

Zu dieser Zeit war Henriette Alexandrine von Roussillon noch nicht Hofdame bei der verwitweten Herzogin von Zweibrücken, die ihren Witwensitz im Schloss zu Bergzabern hatte.

  In der Goetheliteratur wurde bisher die ältere Sophie Henriette von Roussillon (*7.9.1727 auf Wertenstein, siehe Genealogie der Barone von Roussillon), für Goethes Urania gehalten. Und zwar aus dem einzigen Grund, weil sie im Testament der Saarbrücker Erbtante ausdrücklich als Hofdame der Herzoginwitwe Caroline von Pfalz-Zweibrücken erwähnt wurde. Das Testament ist jedoch bereits im Jahr 1757 verfasst. Es kann daher kein Beweis dafür sein, dass die ältere Henriette im Jahr 1772 noch Hofdame bei der Herzoginwitwe gewesen wäre. Ich habe Beweise, dass die jüngere Henriette Alexandrine von Roussillon (*19.1.1745 in Saarbrücken) die richtige Urania ist.

  Das erste Indiz, das darauf hindeutet, dass die ältere Sophie Henriette ab Ende des Jahres 1767 nicht mehr Hofdame der Herzoginwitwe von Zweibrücken war, ist eine Datumsangabe des Bad Bergzaberner Heimatforschers Vogelgesang, Schulrat i. R. Er schrieb eigenhändig auf ein Blatt, das mir vorliegt: Frl. Henriette von Rossillon 1. Dame d'honneur der Herzoginwitwe im Schloss zu Bergzabern 1751 - 1767".

  Diese Datumsangabe 1751 - 1767 kann sich meines Wissens nur auf die Zeit beziehen, in der Sophie Henriette von Roussillon - die ältere Henriette - Hofdame gewesen war. Da sie im lutherischen Kirchenbuch von Bergzabern ab dem Jahr 1768 nicht mehr als Taufpatin in Erscheinung tritt, so schloss der Heimatforscher Vogelgesang logischerweise, muss sie als Hofdame bei der Herzoginwitwe von Pfalz-Zweibrücken den Dienst quittiert haben. Möglicherweise heiratete sie.

  In den Briefen der Großen Landgräfin" Caroline von Hessen-Darmstadt an die Stiftsdame von Zuckmantel wird meiner Überzeugung nach die ältere Sophie Henriette von Rossillon zweimal erwähnt. Am 12. Juli 1767 schrieb sie nach Strasbourg:

  J'ai trouvé la Rossillon epoint chargà, mais encore dans fine possibilité de marcher sense, et la Schwengefeldt ronde come une boule, vous la direr à la Dubois."

  Deutsch: Ich habe die Rossillon gefunden kreuzlendenlahm beladen, aber noch in guten Möglichkeiten vernünftig zu laufen, und die Schwengefeldt rund wie eine Kugel, sagen Sie das der Dubois.

  Und am 16. September 1767 schrieb sie an die Zuckmantel:

  La Rossillon à bien soutenu le voyage."

  Deutsch: Die Rossillon hat die Reise gut überstanden.

  Ich bin der Überzeugung, dass die ältere Ro(u)ssillon ihre Tätigkeit als Hofdame bei der Herzoginwitwe von Pfalz-Zweibrücken im Jahr 1767 aufgab; entweder weil sie heiratete oder aus Gesundheitsgründen.

  Da die jüngere Henriette Alexandrine von Roussillon katholisch war, konnte sie auch nicht als Taufpatin im reformierten oder lutherischen Kirchenbuch von Bergzabern in Erscheinung treten.

  In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine interessante Tatsache hinweisen. In der adeligen Familie von Roussillon gab es im 18. Jahrhundert nicht weniger als fünf Fräulein von Roussillon, die sozusagen von Beruf" Hofdamen waren:

  Catharina Christiana von Roussillon (*12.10.1692), die so genannte Saarbrücker Erbtante, war in jungen Jahren Rheingräfliche Hofmeisterin zu Grehweiler" (heute Gau-Grehweiler), laut Eintrag im ev. Kirchenbuch von Sötern/Bosen, danach Hofdame bei der Witwe des regierenden Grafen von Nassau-Ottweiler.

  Eine Nichte der Erbtante, Louise Sophie (*24.3.1717), diente bei der regierenden Landgräfin von Hessen-Homburg, Christine Charlotte, geborene Gräfin von Nassau-Ottweiler. Sie starb bereits 1734, mit 17 Jahren, an den Blattern.

  Deren jüngere Schwester, Sophie Henriette (*7.9.1727), wurde Hofdame bei der verwitweten Herzogin Caroline von Pfalz-Zweibrücken in Bergzabern.

  Und die noch jüngere Schwester, Catharina Caroline von Roussillon (* 15.10.1729), war Ehrendame der Gräfinnen von Lippe-Detmold in Brake.

  Als fünfte kommt Henriette Alexandrine von Roussillon (*19.01.1745 in Saarbrücken) in Betracht, die, als Nachfolgerin ihrer älteren Cousine, Hofdame bei der Herzoginwitwe Caroline von Pfalz-Zweibrücken wurde. Dies geht aus dem unten abgedruckten Brief unzweifelhaft hervor. Er ist der absolute Beweis, dass auch die jüngere Henriette Alexandrine von Roussillon Hofdame bei der Herzoginwitwe Caroline von Pfalz-Zweibrücken war und gleichzeitig der früheste Beleg dafür, seit wann sie bei der Herzoginwitwe in Bergzabern lebte. Er ist meines Wissens hier zum ersten Mal veröffentlicht (Original im Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Hausarchiv, Abt 4, Konv. 561, Fasc. 3):

à Bergzabern, den 14. Juillet 1766

Vous m'obligé bien sensiblement Madama par la marque d'amitie que vous me donnéz en me fassant part du mariage de Md. votre soeur avec Mr. de Sauveterre aliance si bien assortis à tous égarde. Je vous en fait, ma chère madame de Zuckmantel, mon compliment de felicidation de bien bon coeur; vous me rendéz bien justice etant persuadée que je prend un interet sincère à tous et qui vous touche aient en de tout tem(p)s une amitie tendre pour l'aimable Melle Babélé et Loulou. Ma soeur qui me charge de vous faire, Madame, mille compl. prend aussi beaucoup de part à l'evenement agreable qui vous arrive, vos lettres sont partis pour Darmstadt.

Ma fille de Hesse aura au tous de joye que j'en resente du mariage de Md., votre soeur, tous l'univer doit applaudir à un arrangement pareil. Mr. De Rochambeau m'à procuré le plaisier de faire connaissance avec le Cte. [Comte] d' Haussonville cela fait un aimable cavalier qui merite l'approbation qu'il trouvent par tout pais. Mon fils le Duc a beaucoup d'amitie pour lui; je compte qu'il le paie de retour.

Je sois toujours énchanté d'apprendre de vos nouvelles, Madame, ainssi charmé quand je trouve l'occasion de voire quelqu'un qui m'en peut donner. Melle de Rossillon est très sensible à votre souvenir; oui la siteuation et moins emablante; j'ose esperer que la bonne providence benira sa mère pour le retablissement de sa santé.

Vos bontés que vous temoigné, Madame, en tout occasion à la Dubois me touche elle en est digne, cela fait une fille de mérite, faite lui sil vous plaid des amitie de ma pers.

Consérvez moi, ma chère madame de Zuckmantel, votre amitie. Vous aimant sincerement sentimens que je vous conservé ainssi que la consideration parfaite Madame à jamais

Caroline.

Die deutsche Übersetzung lautet:

Bergzabern, den 14. Juli 1766

Ich bin Ihnen, Madame, zu großem Dank verpflichtet wegen ihrer Freundschaftsbezeugungen, die Sie mir erzeigen, indem Sie mich teilhaben lassen an der Hochzeit Ihrer Schwester mit Herrn von Sauveterre. Diese Verbindung ist in vielerlei Hinsicht gut gewählt, ich mache Ihnen dafür, meine liebe Madame von Zuckmantel, mein Kompliment, meine Glückwünsche von ganzem Herzen. Sie lassen mir sehr Gerechtigkeit widerfahren, indem Sie überzeugt sind, dass ich ein ernsthaftes Interesse habe an allem, was Sie betrifft; wie auch Sie immer eine innige Freundschaft hatten für die liebenswürdige Mademoiselle Babélé und Loulou. Meine Schwester, die mich beauftragt hat, Ihnen, Madame, tausend Komplimente zu machen, nimmt ebenfalls großen Anteil an dem erfreulichen Ereignis, das Ihnen bevorsteht. Ihre Briefe sind weitergeleitet nach Darmstadt. Meine Tochter von Hessen [gemeint ist die Große Landgräfin" Caroline von Hessen-Darmstadt] wird genau so viel Freude empfinden, wie ich über die Hochzeit von Ihrer Schwester verspüre; das ganze Universum muss applaudieren bei solch einem Arrangement.

Herr von Rochambeau hat mir die Freude bereitet, Bekanntschaft zu schließen mit dem Grafen von Haussonville, einem liebenswürdigen Kavalier, der die günstige Aufnahme verdient, die er in jedem Land findet. Mein Sohn, der Herzog [von Pfalz-Zweibrücken], hat viel Freundlichkeit für ihn übrig; ich rechne damit, dass dieser sie erwidert.

Ich bin immer erfreut, Ihre Neuigkeiten zu erfahren, Madame, und ich bin entzückt, wenn ich die Gelegenheit finde, jemanden zu treffen, der mir etwas Neues von Ihnen berichten kann. Mademoiselle de Rossillon ist sehr empfindsam [reizbar?], was die Erinnerung an Sie anbelangt; ja die Lage und wenig Angenehmes; ich wage zu hoffen, dass die gute Vorsehung es gut meint mit ihrer Mutter, was die Wiederherstellung ihrer Gesundheit anbelangt.

Ihre Güte, die Sie bezeugen, Madame, in allen Gelegenheiten [oder Veranlassungen] für die Dubois, rührt mich. Sie ist es wert, ein Mädchen von Verdiensten; überbringen Sie ihr bitte meine freundschaftlichen Grüße.

Bewahren Sie mir, meine liebe Madame von Zuckmantel, Ihre Freundschaft. Ich liebe Sie ernsthaft; ich bewahre Ihnen meine vollkommene Hochachtung, Madame, für immer

Caroline.

  Der absolute Beweis, dass nur die jüngere Henriette Alexandrine von Roussillon - Goethes Urania - gemeint sein kann, ist die Erwähnung ihrer Mutter. Die Mutter der älteren Henriette war nämlich bereits 1733 im Alter von nur 40 Jahren auf Wertenstein verstorben.

  Die Mutter der Sophie Henriette von Roussillon, namens Maria Charlotta Juliane, geborene von Wangelin, heiratete am 7. März 1716 in Dürkheim den Baron Christian Ludwig von Roussillon, Herr von Wertenstein, Freisen und anderen Orten. Am 5. April 1733 starb sie vierzigjährig, laut Eintrag im evangelisch-lutherischen Kirchenbuch von Birkenfeld, und wurde daselbst in der Kirche begraben. Nach dem Eintrag im Kirchenbuch und nach der Genealogie von Alfons Paulus hatte sie 13 Kindern das Leben geschenkt.

  Mit dieser meiner Entdeckung des Todesdatums der Maria Charlotta Juliana von Roussillon, geborene von Wangelin, der Mutter der älteren Henriette, ist der eindeutige und unwiderlegbare Beweis erbracht, dass in dem obigen Brief der Herzoginwitwe Caroline an das Stiftsfräulein Barbara von Zuckmantel in Straßburg ausschließlich die jüngere Henriette Alexandrine von Roussillon gemeint sein kann: Denn ihre Mutter Maria Anna von Roussillon, geborene von Geismar, ist darin erwähnt.

  Eine weitere interessante Tatsache verdient an dieser Stelle erwähnt zu werden. Aus dem Testament der Saarbrücker Erbtante geht hervor, dass drei Barone von Roussillon während des Siebenjährigen Krieges als Offiziere im Regiment Royal Deuxponts dienten.

  Eine Quittung über den Erhalt des Erbteils lautet: ma part d'Heritage de vingt-quatre florins, dix neuf albus fait à Bergen [bei Frankfurt am Main] à 24. April 1758, de Roussillon, Capitaine." Ein anderer Roussillon quittierte seine Barschaft mit Ortsangabe Villbel [bei Frankfurt], den 23. April 1758".

  Johann Wilhelm Ludwig von Roussillon (* 3.10.1730) war Capitaine Commandante des 1. Bataillons und wurde im Januar 1760 bei einer Truppenrevue in Frankfurt erwähnt. Carolus Heinrich von Roussillon (* 11.9.1726) war (lt. Testament der Ebtante) Capitaine Commandante des 2. Bataillons von Royal Deuxponts. Ein dritter Baron von Roussillon, namens Christian Karl (* 6.9.1722), war während des Siebenjährigen Krieges sogar zweiter, stellvertretender Regimentskommandeur (französische Bezeichnung: Colonel en second oder Colonel-Lieutenant) von Royal Deuxponts gewesen.

  Am 2. Januar 1757 steht das Regiment Royal Deuxponts mit dem Regiment Royal Nassau-Sarrebruck (Saarbrücken) vor den Toren Frankfurts. Mit List verschaffen sie sich unblutigen Eingang in die Stadt, um den Winter angenehmer zu verbringen.

  Erst im Mai 1762 verließ Royal Deuxponts Frankfurt, nachdem es den fünften Winter hier verbrachte. In dieser Zeit soll Goethe nicht den Namen Roussillon gehört haben? Es gab ja nicht nur einen Baron von Roussillon im Regiment, sondern (zeitweilig) bis zu drei! Außerdem wohnte in Goethes Elternhaus der Graf Thoranc (Goethes Königslieutenant in >Dichtung und Wahrheit<), der sozusagen der Vermittler zwischen den Militärs und den Zivilisten war. Goethe hütete sich wohlweislich in >D.u.W.< den Namen Roussillon auch nur zu erwähnen. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

  In den Briefen der Großen Landgräfin" Caroline an ihre Mutter von Mai bis Oktober 1773, abgedruckt bei Walther, fand ich mehrmals die Erwähnungen des Namens de Rossillon". Man könnte meinen, es handele sich hierbei um einen einzigen Ro(u)ssillon. Wenn man jedoch die Genealogie der Roussillon genauer kennt, stellt man leicht fest, dass in Wirklichkeit bis zu drei verschiedene Ro(u)ssillon in den Briefen erwähnt sind.

VII. Abteilung: Briefe der Landgräfin an ihre Mutter

7. Brief, Berlin, de 25 Mai 1773:

... Je n'oublierai pas Rossillon et, s'il est possible, le prince d'Isenbourg ...

  Deutsch: Ich werde Ro(u)ssillon und, wenn es möglich ist, den Prinz von Isenburg nicht vergessen.

12. Brief, A bord de la frégate Le St. Marc, le 9. Juin 1773

... Je n'oublierai ni mon cousin de Hohenlohe ni Rossillon, dès que je croirai le moment favorable ...

Deutsch: Ich werde weder meinen Cousin von Hohenlohe noch Ro(u)ssillon vergessen, da ich nun einmal an den günstigen Augenblick glaube.

Anmerkung: In den obigen Briefen könnte mit Rossillon" einer der beiden Brüder der Henriette Alexandrine von Ro(u)ssillon gemeint sein. Offensichtlich nahm sie in Berlin Abschied von den genannten Herren, darunter einem Ro(u)ssillon. Er kündigte den Dienst bei dem Landgraf von Hessen-Darmstadt, um in preußische Militärdienste zu treten.

19. Brief, Péterhoff, 12 Juillet 1773:

... Je suis charmé que Rossillon a le titre de lieutenant-colonel et l'espérance d'obtenir une pension; j'aime cela mieux pour lui que si, à son age, il étoit réduit à s'expatrier. J'ai, cepandant, déja songé à lui bien des fois, prévoyant qu'il ne pourroit pas étre employé en Russie, meme parce que la langue ne s'apprend pas aisément à cinquante ans, mais je pensois qu'on pourroit solliciter une place dans le Holstein ...

Deutsch: Ich bin entzückt, dass Roussillon den Titel eines Lieutenant-Colonel und die Hoffnung auf eine Pension hat; mir ist dies für ihn lieber, als wenn er sich in seinem Alter darauf beschränkt hätte auszuwandern. Dennoch habe ich schon sehr oft an ihn gedacht, voraussehend, dass er in Russland nicht werde angestellt werden können, auch weil sich die Sprache mit 50 Jahren nicht so leicht lernt, aber ich dachte, dass man um einen Platz in Holstein dringend bitten könnte.

Anmerkung: Mit diesem Rossillon" ist kein anderer als Christian Karl von Ro(u)ssillon gemeint. Er ist am 6.9.1722 geboren, siehe die Genealogie im Anhang des Artikels, demnach genau 50 Jahre alt und 1773 zum Regiments-Kommandeur von Royal Deux-Ponts ernannt worden.

34. Brief, Pétersbourg, 2 Sept. 1773:

... Je parlerai au Grand-Duc pour Rossillon. J'avois cru que, placé et pensionné par la cour Palatine, il n'y songeoit plus. ... [...] ... Le Colonel Rossillon désiroit sa retraite, ainsi, je suis charmée qu'il l'a obtenue. Mille compliments pour lui, sa femme et son beau-père. ... [...] ... J'ai parlé au Grand-Duc et au comte Panin de Rossillon, avec tout l'intéret possible; je Vous dirai, dans peu, le résultat.

Deutsch: Ich werde bei dem Großherzog für Ro(u)ssillon sprechen. Ich hatte geglaubt, dass er durch den pfälzischen Hof eingesetzt und pensioniert, nicht mehr daran dächte.[...] Colonel Ro(u)ssillon wünschte seinen Abschied, so bin ich froh, dass man seinem Wunsch entsprach. Tausend Grüße an ihn, seine Frau und seinen Schwiegervater ... [...] Ich habe mit dem Großherzog und mit dem Grafen Panin über Rossillon gesprochen mit dem ganzen möglichen Interesse; ich sage Ihnen in kürze das Ergebnis.

35. Brief, Pétersbourg, 5 Sept. 1773:

... Je viens de composer un petit mémoire pour Rossillon, que je remettrai au comte Panin ...

Deutsch: Ich habe gerade ein kleines Memorandum für Ro(u)ssillon verfasst, das ich dem Grafen Panin übergeben werde.

Anmerkungen: Mit diesem Colonel, der verheiratet ist und seine Verabschiedung, sein Ausscheiden aus dem Regiment Royal Deuxponts wünschte, ist kein anderer als Johann Wilhelm Ludwig (Louis) de Ro(u)ssillon gemeint, geboren am 3.10.1733 auf Wertenstein. Er heiratete 1765 in Bergzabern Caroline Henriette von Kaulbars. Der Schwiegervater, den die Große Landgräfin Caroline ebenfalls grüßen lässt, ist Jacob Julius von Kaulbars (1700 - 1789). Ro(u)ssillon wurde Colonel attaché in französischen Militärdiensten mit 3.000 Livres Gehalt und am 7.4.1774 in Landau pensioniert, laut seiner Personalakte.

35. Brief, Pétersbourg, 5. Sept. 1773:

Nachschrift: Le 26. [Sept. 1773]: Je reviens du manége, où man fille a montè la première fois, et, en vérité, très bien; Rossillon en auroit été content ...

Deutsch: Am 26. [Sept. 1773]: Ich komme von der Reitbahn, wo meine Tochter zum ersten Mal aufgestiegen war [auf ein Pferd?] und wirklich sehr gut; Ro(u)ssillon wäre damit zufrieden gewesen ...

Anmerkung: Mit diese Ro(u)ssillon ist wiederum der ältere Christian Karl von Ro(u)ssillon gemeint (*6.9.1722), der zuerst Oberstallmeister des Herzogs von Zweibrücken war bevor er ins Regiment Royal Deuxponts eintrat.

44. Brief, Pétersbourg, 6. Oct. 1773:

... Je plains sincèrement Mme de Rossillon et j'admire sa conduite, j'espère que son mari ouvrira, enfin, les yeux et reviendra à elle. On a pu prévoir, il y a déjà du temps, que la Berlichingen lui en a voulu; c'est une dangereuse femme.

Deutsch: Ich bedaure ernsthaft Frau Ro(u)ssillon und bewundere ihre Art; ich hoffe, dass ihrem Mann schließlich die Augen aufgehen und er zu ihr zurückkehren wird. Man hat dies voraussehen können schon seit langem, dass die Berlichingen scharf auf ihn gewesen ist; das ist eine gefährliche Frau.

Anmerkung: Dieser Eheskandal eines Rossillon" kann nur der des Louis de Ro(u)ssillon (*3.10.1733) gewesen sein. Offensichtlich lebte er wegen der Affaire mit der Berlichingen von seiner Frau getrennt. Dies würde auch den Umstand erklären, weshalb ihr einziges Kind Wilhelm Julius Emil erst am 29.12.1778 in Marburg zur Welt kam, wo der Großvater von Kaulbars lebte. Dieser Roussillon wanderte später nach Estland aus.

  Resümee dieser Andeutungen in den Briefen der Großen Landgräfin: Mindestens zwei, wenn nicht sogar drei Barone von Roussillon, versuchen im Jahre 1773 sich anderweitig nach einem neuen Dienstherrn zu bewerben. Schließlich verlassen zwei von ihnen die Heimat. Was könnte der Grund dafür gewesen sein? Der Skandal der Henriette Alexandrine von Roussillon war in der Verwandtschaft bekannt geworden, möglicherweise sogar den Regimentskameraden, gewiss auch in den höheren adeligen Kreisen des Herzogtums Zweibrücken und der Landgrafenhöfe von Darmstadt und Homburg. Die Barone von Roussillon wussten, dass sie deswegen an diesen Höfen keine Zukunft mehr haben würden. Ihr Ansehen, ihr makelloser Familienruf war durch die Schande der Urania zerstört.

  Während meiner Archiv- und Kirchenbuchforschungen ist mir noch eine selten schöne Entdeckung geglückt. Im Bistumsarchiv Trier, das ich am 25. 10. 2001 aufsuchte, fand ich im Register der Einnahmen" (Archivalie Nr. 19 (32) 1752-1807) des Welschnonnenklosters (Kongregation UL Frauen in Trier) einen Eintrag vom Februar 1759: den 16. [Februar 1759] recu de la pension de Melle de Rossillon - 42 Gulden". Henriette Alexandrine von Roussillon besuchte also in Trier das sog. Welschnonnenkloster. Höchstwahrscheinlich sollte sie sich die Fähigkeiten aneignen, um später einmal als Hofdame arbeiten" zu können. Der Hauptzweck des Ordens war die unentgeltliche Unterrichtung der weiblichen Jugend; und zwar nicht nur adelige, sondern auch bürgerliche Mädchen. Zusätzlich wurden gegen Bezahlung auch Pensionärinnen ganz im Kloster unterhalten. Der obige Eintrag bezieht sich demnach auf einen Zeitraum von etwa drei Monaten, März, April und wohl noch Mai 1759, in denen Henriette Alexandrine als Pensionärin im Welschnonnenkloster lebte. Das bedeutet, ihre Mutter befand sich ab Mitte oder Ende Februar des Jahres 1759 während einiger Monate nicht in Trier. Sie gab ihre Tochter in die Obhut der Nonnen.

  Die Lebensstationen der Henriette Alexandrine von Roussillon und ihrer Familie erhellen sich aufgrund von vielen neuentdeckten Archiv- und Kirchenbuchfunden erheblich. Hier noch einmal eine kurze Zusammenfassung: Maria Anna von Geismar heiratete am 6. Februar 1738 den Baron Ludwig von Roussillon (* 22.12.1700). Wo sie heirateten und wo ihr erstes Kind, Karl Wilhelm Emmerich Friedrich (* 30.08.1739) zur Welt kam, liegt noch im Dunkeln. Das zweite Kind, Sophie Louise Franziska Johanna Nepomuk, kam am 29.09.1740 auf die Welt; und zwar während des Aufenthalts der Mutter bei Schwester und Schwager, der Familie de Latre de Feignies, im Schloss zu Gonnesweiler. Gonnesweiler liegt im nördlichen Saarland bei Nohfelden. Mindestens seit dem Jahr 1743 müssen die Eheleute von Roussillon in Saarbrücken gewohnt haben, und zwar im letzten Haus der damaligen Obergasse vor der Marktpforte, das dem Pfarrer Josef Hermann Schmidt zu St. Arnual gehörte (Nr. 72 in Köllners Stadtplan), später wohnte die Familie in der Vorstadt (heute Vorstadtstraße, Nr. 44 des Köllnerschen Plans. In Saarbrücken kam am 25.06.1743 das dritte Kind zur Welt, Friedrich Carl Georg. Nicht lange danach, am 19. Januar 1745, erblickte Henriette Alexandrine in Saarbrücken das, im wahrsten Sinne des Wortes, kalte Licht einer harten und grausamen Welt. Ihr Vater starb noch kein Jahr nach ihrer Geburt, am 22.12.1745, in Straßburg. Die Mutter stand völlig mittellos mit vier Kindern da; der Ehemann hinterließ ihr eine Unmenge Schulden, angeblich mehr als 30.000 Gulden. Sie schlug die Erbschaft aus, um ihre Mitgift zu retten, die sie in die Ehe einbrachte. Wahrscheinlich zog sie nach dem Ende der kalten Jahreszeit, im Sommer des Jahres 1746, mit ihren Kindern zu Schwester und Schwager nach Gonnesweiler, wo sie für die erste Zeit zumindest eine kostenlose Unterkunft erhielt. Sie könnte aber auch bei einer anderen Schwester, der Freifrau Sophia Maria Henrica von Montigny in Utweiler für einige Zeit eine kostenlose Unterkunft für sich und ihre vier Kinder gefunden haben. Auch in Mainz könnte sie zeitweilig gelebt haben, denn ihre Mutter Anna Elisabeth von Geismar auf Riepen starb erst im Jahr 1750. Die folgenden zwölf Jahre von 1745 bis 1757 liegen wieder im Dunkel der Vergangenheit begraben. Am 10. November 1757 starb in Saarbrücken eine Schwägerin der Maria Anna von Roussillon, namens Catharina Christiana von Roussillon. Sie war Rheingräfliche Hofmeisterin zu Grehweiler (heute Gau-Grehweiler) gewesen, lt. einem Taufeintrag, danach Hofdame bei der Witwe des regierenden Grafen von Nassau-Ottweiler. Aus ihrem Testament geht hervor, dass Maria Anna von Roussillon mit ihrer Tochter Henriette Alexandrine im Jahr 1757 und 1758 in oder in der näheren Umgebung von Trier lebte. Möglicherweise hielten sie sich auch über längere Zeit in Gonnesweiler und Utweiler auf; zumindest im Sommer dürften sie bei ihren Verwandten öfters und über längere Zeit zu Besuch gewesen sein. Maria Anna von Roussillon ist lt. Familienbuch der katholischen Gemeinde Neunkirchen/Nahe zweimal Taufpatin bei der Familie von Feignies gewesen: Im Jahr 1750 und im Jahr 1753, siehe im Anhang die Genealogie der Familie de Latre de Feignies. Laut Eintrag im Trierischen Wochen-Blättgen dienten ihre beiden Söhne seit 1758 im churpfälzischen Regiment >Prinz Carl<. Durch die Erbschaft etwas zu Geld gekommen, konnte die Tochter Henriette Alexandrine ab Februar des Jahres 1759 für mehrere Monate im Welschnonnenkloster zu Trier als Pensionärin untergebracht werden, der Schulunterricht war jedoch gebührenfrei. Sie besuchte die französischsprachige Klosterschule um sich diejenigen Fähigkeiten anzueignen, die sie später als Dame d'honneur benötigten würde. Ihre ältere Schwester, die in Gonnesweiler zur Welt kam, wurde im Testament nicht mehr genannt, wahrscheinlich war sie 1757 bereits verstorben. Erst im Jahr 1769 tritt Henriette Alexandrine von Roussillon wieder aus dem Dunkel der Geschichte in den grellen Schein eines empfindsamen und barocken Geschehens zwischen Darmstadt und Homburg vor der Höh, dessen geheime Fäden im Haus Goethe am Großen Hirschgraben zu Frankfurt am Main zusammenliefen. Von keinem Geringeren als von dem angehenden Dichter Johann Wolfgang Goethe in stürmischer Liebe umschwärmt, sollte sich ihr Schicksal tragisch vollenden. Das Unvorstellbare, etwas, das es eigentlich nicht geben durfte, war geschehen. Die adelige Henriette Alexandrine von Roussillon war von dem Bürger Goethe schwanger. Möglicherweise in Folge ihrer verheimlichten Schwangerschaft und heimlichen Niederkunft bekam sie das gefürchtete Kindbettfieber und starb. Als Goethes Urania, als die Goethesche Muse der Dichtkunst, ging sie mit nur 27 Jahren in die Ewigkeit ein. So lange Goethes Name auf dieser Welt lebt, so lange soll Henriette Alexandrine von Roussillon, seine Musengöttin, auch leben. Schließlich hatte Goethe selber ihr bis ins hohe Alter dichterische Denkmäler errichtet.

Dichterische Denkmäler Goethes für Urania

1772

>An meine Minne [alias Urania] nach der 26sten Canzone des Petrarca<

Singspiel >Erwin und Elmire<

Liebesgedichte im Göttinger Musenalmanach auf das Jahr 1772

1773

>Petrarchische Oden<

>Elegien an meine Minna< [alias Urania]

>Die Leiden des jungen Werthers<

Liebesgedichte im Göttinger Musenalmanach auf das Jahr 1773

1774

>Clavigo<

>Das leidende Weib<

1793

(zu Uranias 20. Todestag)

>Bruchstücke aus den Begebenheiten eines unbekannten Beherrschers

der verborgenen Obern der höhern Illuminaten

und höhern Propagande<

(anonym veröffentlichter Illuminaten-Roman Goethes)

1804

>Nachtwachen von [des] Bonaventura< -

Eine [satirische] Autobiographie Goethes

(erschien ein Jahr verspätet)

1823

(zu Uranias 50. Todestag)

>Diana von Montesclaros<

Weitere - bisher unentdeckte - dichterische Denkmäler Goethes für Urania sind nicht nur wahrscheinlich, sondern gewiss!

Fußnoten mit römischen Ziffern

Fußnote I): Genealogie der Barone von Rossillon

Histoire de Bresse

ROSSILLON

Seigneurs de Beauretour

Das Wappen: Zwei schwarze Balken in Gold.

I. Guy de Rossillon

Ritter, genannt Bouvard

Er lebte in den Jahren 1270 bis 1290. Er ist der Älteste dieses Geschlechts, von dem ich Kenntnis habe. Er war der Vater der drei unten genannten Kinder, die er mit seiner Gemahlin Aiglantine de Corleyson hatte, Tochter von Henry, Herr von Corleyson, Ritter.

1. Pierre de Rossillon, welcher unten folgt.

2. Guillemette de Rossillon, verheiratet mit Guillaume de Belmont Damoyseau, Sohn von Jean de Belmont, Ritter und Herr des gleichnamigen Ortes im Gebiet von Valromey.

3. Hugonet de Rossillon, Herr von Chales, der den Zweig der Herren von Chales begründete.

II. Pierre de Rossillon

Ritter, Herr von Bastie, unweit Belley.

Er lebte [noch] im Jahr 1330 und hinterließ die folgenden Kinder:

1. Jean de Rossillon, Ritter, welcher unten folgt.

2. Catherine de Rossillon, Gemahlin des Francois de Longecombe, Chevalier, Herr des gleichnamigen Ortes.

3. Jacques de Rossillon, Herr von Gemillieu en Savoyen, der den Zweig der Herren von Gemillieu begründete.

III. Jean de Rossillon

Ritter, Herr von Beauretour.

Er hatte drei Söhne mit seiner Frau Isabelle ... nämlich:

1. Léonard de Rossillon, der unten erwähnt ist.

2. Amé de Rossillon-Damoiseau, der um 1439 [noch] lebte und Louise de La Fontaine heiratete. Von ihm stammten Anthoine und Amé de Rossillon ab, die keine Nachkommen hinterließen. Amé de Rossillon war einer der 200 Edeleute, die den im Jahre 1482 zwischen dem Herzog von Savoyen und dem König Karl VII. von Frankreich geschlossenen Vertrag beschworen.

3. Guichard de Rossillon, Domherr der Kathedrale zu Belley.

IV. Léonard de Rossillon

Ritter, Herr von Beauretour, Crangeac und Mespillia

Am 4. August 1426 heiratete er Berande de Crangeac, Dame von Mespillia, Tochter des Anthoine de Crangeac, Ritter, Herr des gleichnamigen Ortes und von Mespillia, und der Francoise de Varax. Das Testament der Francoise de Rossillon trägt das Datum des 3. Juni 1447. Aus ihm ist ersichtlich, dass sie in 2. Ehe Guillaume Bouchard heiratete, Ritter und Herr auf Montflory. Die folgenden Kinder stammen aus ihrer Ehe mit Léonard de Rossillon:

1. Anthoine de Rossillon, Ritter und Herr von Beauretour, der im Jahre 1477 Rat und Kammerherr des Herzogs Philipp von Savoyen, Grafen von Bugey und Herr von Bresse, war. Später war er in der selben Eigenschaft bei Ludwig II., Herzog von Savoyen, aufgrund eines in Grenoble am 6. März 1482 aufgesetzten Patents. Dann wurde er auf den Posten eines Präsidenten der Rechnungskammer versetzt, der durch den Tod des André Martel, Ritter und Herr von Grammont, vakant geworden war. Das Patent der Herzogin Blanche von Savoyen ist am vorletzten November 1499 in Turin verfasst. Aus seiner Ehe mit Francoise de Fons aus dem Hause Fons in der Schweiz stammten zwei Töchter.

2. Jean de Rossillon, Herr von Crangeac und Beauretour, der weiter unten genannt wird.

3. Guillaume de Rossillon, Herr auf Mespillia und Garnerens, ständiger Stallmeister der Herzogin Blanche von Savoyen und Hofmeister des Francois von Savoyen, Erzbischof von Auch.

4. Gabriel de Rossillon, jung verstorben.

5. Amyé de Rossillon, Gattin des Jean du Port Inge Maje in Savoyen.

V. Jean de Rossillon

Herr von Beauretour und Crangeac

Bei der am 14. Juni 1485 vollzogenen Erbteilung mit seinen Brüdern erhielt er als seinen Teil die Herrschaft Crangeac, Anthoine, sein älterer Bruder, die Herrschaft Beauretour, der auf ihn folgende Bruder die Herrschaft Mespillia. Jean de Rossillon bekam jedoch durch das Testament des oben erwähnten Anthoine de Rossillon, seines Bruders, die Herrschaft Beauretour, der ihn in dieser Beziehung seinen Töchtern vorzog. Jean de Rossillon hatte folgende Kinder:

1. Francois de Rossillon, Herr von Beauretour, der unten folgt.

2. Claudine de Rossillon, Gemahlin des Girard de Vaudray, Stallmeister, der um 1516 lebte.

3. Andree oder Adriane de Rossillon, vermählt mit Jean Bergier, Stallmeister, Herr von Corrobert.

VI. Francois de Rossillon

Stallmeister, Herr von Beauretour und Crangeac

Er heiratete Marguerite de Longecombe, Tochter des Jean de Longecombe, Stallmeister und Herr auf Thuey und der Claudine de Gramont, die am 7. Februar 1546 ihr Testament machte. Aus dieser Ehe stammen:

1. Joachim Sebastien de Rossillon, der unten erwähnt wird.

2. Anne de Rossillon, Gemahlin ihres entfernten Verwandten Antoine de Rossillon, Stallmeister, Herr von Gemillieu und Virignin.

3. Sybille de Rossillon

4. Jacquemette de Rossillon, Nonne in Bons in der Landschaft Bugey.

VII. Joachim Sebastian de Rossillon

Stallmeister, Herr von Beauretour

Am 25. April 1556 leistete er, nachdem das Land erobert worden war, dem König Franz I. von Frankreich den Lehenseid. Verheiratet war er mit Philiberte de Balarin, Tochter des Philibert de Balarin, Baron de Pollyeney aus der Gegend von Lyon, und der N.N. de Monteynard-Marcieux. Joachim Sebastien de Rossillon hatte zwei Söhne und fünf Töchter, nämlich:

1. Etienne de Rossillon, der die Linie fortpflanzte.

2. Yves de Rossillon, Herr von La Vernouse, der die Linie La Vernouse begründete.

3. Francoise de Rossillon, vermählt mit dem Herrn de Boletieres, aus der Gegend von Rouans.

4. Sebastienne de Rossillon, Gemahlin des Germain de Longeval, Herr von Buys in der Landschaft Beaujolais.

5. Claudine de Rossillon

6. Urbaine de Rossillon, Nonne in Neufville.

7. Antoinette de Rossillon, Nonne in Aix bei Lyon.

VIII. Etienne de Rossillon

Stallmeister, Herr von Beauretour

Er war mit Anne Charlotte de Moyria verheiratet, der Tochter des Jean Philibert de Moyria, Baron de Chastillon de Corneille und der Claudine de Vilette. Von dieser Frau hatte er keine Kinder. In 2. Ehe heiratete er am 8. Februar 1597 Gasparde de Vachon, Tochter des Jean de Vachon, Stallmeister und Herr von Vurey in der Dauphiné, und der Esmeraude de Beloevre. Aus dieser Ehe entstammen folgende Kinder:

1. Balthazar de Rossillon, der später behandelt wird.

2. Marc de Rossillon, Prior und Herr auf Boisse.

3. Jacques de Rossillon, Domherr und Erzpriester an der Kathedrale von Belley.

4. Louis de Rossillon, Kapitän des Regiments Vermantel in Piemont, der ledig starb.

5. Beatrix de Rossillon, Frau des Melchior de Plastre, Stallmeister und Herr von Ambleon Montarfier.

IX. Balthazar de Rossillon

Stallmeister, Herr von Beauretour und Buffieres

Er ist eben noch am Leben. Verheiratet ist er mit Charlotte de Buffieres, Tochter des Anthoine Azard, Herr von Buffieres, und der Louise de Lestouffe aus dem Hause Pradine. Ihre Kinder waren:

1. Anthoine de Rossillon

2. Louis de Rossillon

3. Anne de Rossillon

4. Hélene de Rossillon, verheiratet mit NN. de Seyssel. Später kaufte sie von ihrem Bruder Anthoine die Stammburg Beauretour, die noch eben im Besitz ihres Nachkommen, des Grafen Henri de Seyssel-Cressieux, Herr von Muson in der Landschaft Belley, sich befindet.

5. Jeanne de Rossillon

X. Anthoine de Rossillon

Herr von Beauretour

Er verkaufte 1675 die Herrschaft Beauretour an seine Schwester Helene de Seyssel. Verheiratet war er mit Jeanne de Rochant aus der Landschaft Lyon. Eins seiner Kinder, die anderen sind mir nicht bekannt, war:

XI. Jacques (Jakob) von Rossillon

Herr von Wertenstein, Freisen u. a. Orten

Er war geboren am 22. Dezember 1649 in Lyon, gestorben am 17. Februar 1712, Major der Plätze Mastreck (Mastrich) und Fribourg, Sergeant-Major auf Schloss Dinant, Baron von Wertenstein, Herr von Freisen, Weiersbach, Leitzweiler, Heimbach, Reidscheid, Exweiler, Bleiderdingen, und anderer Orte in [Deutsch] Lothringen. Getraut wurde er am 12.5.1683 (nach AD Nancy, Bestand B 251 Noblesse, Registrement pr. Les Sieurs de Rossillon: oo am 23.3.1686) mit Johanna Louise, Gräfin von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg, geboren am 30. Oktober 1670 und gestorben am 25. April 1726, begraben an der Seite ihres Mannes in der Kirche von Bleiderdingen, Tochter des Grafen Johann Ludwig von Leiningen-Dagsburg und der Amalia Sybille, Gräfin von Daun-Falkenstein.

Sie hatten 13 Kinder:

XII.a. Christian Louis de Rossillon

Herr von Wertenstein, Freisen,

Weiersbach, Heimbach, Reitscheid, Eyweiler, Bleiderdingen u. a. Orten

(Sohn von XI) Er war geboren am 17.09.1684 oder am 23.09.1684 (Taufe?). Er fiel am 22.10.1741 bei Pont à Mouson (bei Nancy) als Lieutenant im Regiment d'Alcace.

oo 07.03.1716 in Bad Dürkheim mit Maria Charlotte Juliane, geb. von Wangelin, * um 1693 in Altensteig/Württemberg, Tochter des Georg Christian von Wangelin, württ. Forstmeister, und der Ursula von Neipperg, + am 05.04.1733 auf Wertenstein, in der luth. Kirche von Birkenfeld beigesetzt, gestorben im Alter von 40 Jahren.

Sie hatten ebenfalls 13 Kinder: (XII.a.1 bis XII.a.13)

XII.a.1: Sophie Christine, * 1716, (früh verstorben);

XII.a.2: Louise Sophie, * 24.03.1717, + 1734 Bad Homburg

      sie diente bei der regierenden Landgräfin von Hessen-Homburg, Christine

      Charlotte, geb. Gräfin von Nassau-Ottweiler;

XII.a.3: Caroline Christina Friderica, * 04.03.1718,

XII.a.4: Polixena Henriette, * 28.04.1719,

      oo von Passern, Christian Gottlieb (Amtmann u. Regierungsrat des Amtes

        Lemberg, sie lebten in Pirmasens und Buchsweiler)

          Kinder (rk): Karoline Sophia von Passern, * 18.11.1741 + 30.06.1772

                    Ludwig Philipp Jakob von Passern, * 06.07.1747

                    Maria Henriette Friederika von Passern, * 07.11.1748

XII.a.5: Wilhelmina Alexandrina Louisa Francisca,

          * 02.05.1720, + 3.8.1785 in Pirmasens, 65 Jahre alt,

        oo 19. 01. 1751 evangelisch, in 77731 Willstätt mit dem Capitän und Adjutant

          Johann Georg Fentzling * (Willstätt?) + 26.7.1764 in Pirmasens

XII.a.6: Charlotte Christine Maria, * 03.07.1721, + 15.08.1798

          oo Franz Ernst d' Hame, Amtmann von St. Wendel (kurtrierischer Rat)

            * 27.07.1699  + 11.02.1770 in St. Wendel

XII.a.7: Christian Karl, * 06.09.1722, 1749 Vicestallmeister, Pate im Hause von und zu Schorrenburg, 1751 Oberstallmeister, erhält von Amtmann E. auf Rechnung s. Herzogs 942 fl., 1758 gewesener Oberstallmeister, Regiments-Kommandeur (Lieutenant-Colonel) von Royal Deuxponts;

XII.a.8: Johann Christian Alexander, * 1724, (früh verstorben);

XII.a.9: Johann Ludwig, * 08.07.1725, (früh verstorben)

XII.a.10: Carl Heinrich, * 11.09.1726, + 24.11.1802 in Mannheim (luth. KB Mannheim: 76 Jahre alt,

      General in ehemaligen Königl. Französischen Diensten)

      Kommandeur des 3. Bataillons Royal Deuxponts;

XII.a.11: Sophie Henriette, * 07.09.1727, Hof-Dame bei der verwitweten Herzogin von

      Pfalz-Zweibrücken in Bergzabern und Darmstadt von 1751 - 1767 (nicht Goethes Urania);

XII.a.12: Catharina Caroline, * 15.10.1729, Hof-Dame der Gräfinnen von Lippe-Detmold in Brake;

XII.a.13: Johann Wilhelm Ludwig (Louis), * 03.10.1730, + 1784;

13. Kind der Juliane Charlotte von Roussillon, geb. von Wangelin. Sie war mit der Herzoginwitwe Karoline von Pfalz-Zweibrücken befreundet. Als sie ihr Ende nahen sah, vermachte sie ihre unmündigen Kinder der Fürstin. Besonders den Jüngsten, Johann Wilhelm Ludwig (Louis) legte sie ihr ans Herz. Er war ein cadet de Familie" des Herzogshauses. So war es natürlich, dass die Herzoginwitwe für ihn eine wohlhabende Frau suchte. Sie fand sie in ihrem anderen Schützling, Caroline Henriette von Kaulbars (1748 - 1813). Der Vater Jacob Julius von Kaulbars (1700 - 1789) entstammte einem baltischen Adelsgeschlecht.

Militärische Laufbahn: Enseigne au régiment de Fersen (1.4.1747), Capitaine en second (1.4.1754), Capitaine dans le régiment Royal Deux Ponts (1.4.1757), Capitaine des grenadiers (1.3.1760), Commandant de Bataillon (25.8.1761), Réformé (1763), Lieutenant-Colonel du Régiment Royal Baviere (27.11.1765) Rang de Colonel (27.7.1769), Colonel attaché avec 3.000 Livres (28.7.1773) Entretenu à Landau avec ses appoitements (7.4.1774);

oo (am 6.9.1765 zu Bergzabern, luth.KB) Caroline Henriette von Kaulbars

* 28.5.1748 + 1813

Einziges Kind: Wilhelm Julius Emil * 29.12.1778 (in Marburg) + 28.10.1855 (in Estland)

oo mit Natalie von Toll * 16.1.1786 + 11.3.1846,

(Wilhelm von Wrangell schrieb die Biographie: >Baron Wilhelm von Rossillon - Ein Lebensbild<, Tartu (Dorpat) 1934);

XII.b: Louise (Tochter von XI), * 20.10.1685, + ?

    oo (um 1712) mit dem Bürger Stefan Hild, Sohn des Schuhmachers Johann Peter Hild

        aus Weiersbach;

        Kinder: XII.b.1: Johann Jakob Hild, Lieutnant aux invalides in Metz, * 28.05.1714;

              XII.b.2: Michel Hild;

              XII.b.3: Philipp Carl Hild, Capitain des dragons in Nancy, * 26.03.1720;

XII.c: Johann Jakob (Sohn von XI), * 07.09.1686, + 13.09.1719;

XII.d: Catharina (Tochter von XI), * 1688, (früh verstorben);

XII.e: Stefan Urban (Sohn von XI), * 1689, (früh verstorben);

XII.f: Johannes Ernst (Sohn von XI), * 1690, (früh verstorben);

XII.g: Catharina Christiana (Tochter von XI), * 12.10.1692, + 10.11.1757 (in Saarbrücken),

    Rheingräfl. Hofmeisterin zu Grehweiler (heute Gau-Grehweiler) von ca 1721 bis 1746,

    (sie ist die G(o)uvernante (Hofmeisterin) in F. Ch. Laukhards Werk >Leben und Thaten

    des Rheingrafen Carl Magnus<, 1798, neu herausgegeben und mit Zeitdokumenten

    versehen von Lothar Baus, Homburg/Saar 2004), dann Hofdame bei der Gräfin

    Louise Sophie im Schloss zu Ottweiler; seit 1751 lebte sie in Saarbrücken;

XII.f: Dinius Ernestus (Sohn von XI), * 1694, (früh verstorben);

XII.i: Carl (Sohn von XI) * 22.01.1696, + 1751, im Jahr 1723 wird wahrscheinlich Carl von Roussillon im lutherischen Kirchenbuch von Neusaarwerden als Taufpate genannt. Er war zu dieser Zeit Hofkavalier am Hof zu Ottweiler. Im reformierten Kirchenbuch von Ottweiler wird er als Taufpate einer Louise Karoline Christiane Reuther (*1.2.1728) erwähnt. Zu dieser Zeit war er bereits Capitän des nassau-saarbrückischen Kreiskontingents und gräflicher Kammerjunker. Zuletzt war er Oberhofmarschall am Hofe des Prinzen von Nassau-Usingen;

XII.j: Pollixena Johanna (Tochter von XI), * 1698, (früh verstorben);

XII.k: Johannes Friedrich (Sohn von XI), * 01.09. oder 17.09.1699,

    kaiserl. Major im Grenadierregiment von Toscana und Platzkommandant in Pisa,

XII.l: Franz Alexander Moritz Christian Ludwig (Sohn von XI)

letzter Herr von Wertenstein aus der Familie von Rossillon

    * 22.12.1700, + 22.12.1745, Straßburg,

Von ihm blieben mehrere Personalakten erhalten. Sie beginnen mit der Ernennungsurkunde zum Page am 17.10.1720 beim Markgrafen Karl von Baden (17.1.1679 - 12.5.1738) und enthalten die Berufung zum Hofjunker und Fähndrich am 28.6.1721. Am 8.8.1723 verletzt er bei einem Raufhandel mit dem Degen den Fähndrich C. von Teuffel von Birkensee, der am 31.8.1723 an den Folgen der Stichverletzung stirbt. Ein Gnadengesuch vom 22.9.1723 hat offenbar keinen Erfolg. Er flieht aus der Gefangenschaft nach Lahr unter Hinterlassung erheblicher Schulden, die mit 350 Gulden schließlich am 8.1.1727 durch Friedrich Ludwig Graf von Nassau-Ottweiler (13.11.1651 - 25.5.1728) teilweise beglichen werden.

  Danach Lieutenant in der Idsteinischen Kreis-Compagnie, später Hauptmann des Ottweilerischen und Saarbrückischen Kreis-Kontingents, zuletzt Rittmeister des Subsidienregiments Nassau-Cavallerie, Kapitän bei den fürstlichen Haustruppen, wohnhaft in Saarbrücken (im letzten Haus der damaligen Obergasse vor der Marktpforte, das dem Pfarrer Josef Hermann Schmidt zu St. Arnual gehörte (Nr. 72 in Köllners Stadtplan) später wohnte er in der Vorstadt (heute Vorstadtstraße, Nr. 44 des Köllnerschen Plans, Quelle: Kurt Hoppstädter, >Der kleine Saarbrücker Hofadel<);

    oo am 06.02.1738 (möglicherweise in der alten Kapelle von Bleiderdingen bei Wertenstein)

                    mit Maria Anna von Geismar auf Riepen und Mosbach von Lindenfels,

        * (vor 1725) + 20.07.1782 in Trier (St. Laurentius), Beerdigung lt. Trierisches Wochen-Blättgen, Nr. 30 vom 28ten Heumonat 1782, am 23.07.1782, Tochter von Christoph Gottfried von Geismar (* 8.9.1662 + Dez. 1725) und Anna Elisabetha (Elise) Charlotta, geb Mosbach von Lindenfels (* ? + 1756);

    Kinder: XII.l.1: Karl Wilhelm Emmerich Friedrich, * 30.08.1739 (Wertenstein), + ?

                  Lieutenant im churpfälzischen Regiment >Prinz Carl< (nicht Royal Deuxponts),

                  1758 nachgewiesen, nahm daher am Siebenjährigen Krieg gegen Preußen teil;

            XII.l.2: Sophie Louise Franziska Johanna Nepomukena,

                  * 29.09.1740 in Gonnesweiler; + ? (1757 bereits verstorben);

            XII.l.3: Friedrich Carl Georg, * 25.06.1743 in Saarbrücken, + ?

                  Fähndrich im churpfälzischen Regiment >Prinz Carl< (nicht Royal Deuxponts),

                  1758 nachgewiesen, nahm daher am Siebenjährigen Krieg gegen Preußen teil;

            XII.l.4: Henriette Alexandrine, * 19.01.1745 in Saarbrücken

                                    + 18.04.1773 in Darmstadt im Kindbett,

                  ebenfalls Hofdame bei der Herzoginwitwe von Pfalz-Zweibrücken, ab ca 1769,

                  Goethes Geliebte, sie bekam von Goethe ein Kind: den späteren

                  König der Romantik" Ludwig Tieck; (siehe L. Baus: >Goethes und Uranias Sohn -

                  Ludwig Tieck<);

XII.m: Sophie Magdalena (Tochter von XI), * 1705, (früh verstorben);



Fußnote II): Genealogie und Familiengeschichte der Johanna Louise von Rossillon, geb. Gräfin von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg

I. Wilhelm Wirich von Dhaun, Graf von Falkenstein und Limburg

* 1613 + 1682

oo am ? mit Elisabeth, Gräfin von Waldeck-Wildungen

II. (Tochter) Amelia Sybilla, Gräfin von Dhaun-Falkenstein

* 1639 (auf Burg Broich) + (unbekannt, ca 1700)

oo 20. August 1664 mit Johann Ludwig, Graf von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg,

nach zehnjähriger Ehe verstieß er seine Ehefrau, diese konvertierte zum Katholizismus;

III.a: (Tochter) Johanna Louisa, geb. Gräfin von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg

* 30.10.1670 (in Guntersblum) + 25.04.1726

oo I.: am 12.05.1683 (in Guntersblum) mit Jacques de Rossillon

                        (siehe Genealogie von Rossillon)

oo II.: mit Franz Stephan von Steincallenfels;

III.b: (Sohn) Johann Ludwig, Graf von Leiningen-Dagsburg-Falkenburg

* 29.07.1673 + 04.1699

oo 1694 (Bretzenheim) mit Anna Ernestine, geb. Gräfin von Vehlen und Meggen;



Eine wichtige Quelle zur Familiengeschichte der Johanna Louise von Rossillon bietet die Inaugural-Dissertation von Gustav Jansen, Mülheim-Ruhr 1941, mit Titel >Die Persönlichkeiten und die Zeit der Leininger Grafen in der Unterherrschaft Broich bei Mülheim-Ruhr im 17. und 18. Jahrhundert<. Unter der Kapitelüberschrift >Der Streit der Töchter Wilhelm Wirichs [von Daun-Falkenstein], Unterkapitel c) Amalie-Sybille, lesen wir:

  Wie bereits erwähnt, schied Amalie Sybille infolge ihrer Gewissensehe [feierliches Eheversprechen] mit dem Grafen Ludwig zu Leiningen-Guntersblum, die sie im Jahre 1664 schloß, als Erbin aus. Jahre später, am 28. Mai 1669, drückt Wilhelm Wirich [ihr Vater] in einem Schreiben an den Grafen sein maßloses Erstaunen darüber aus, von der Vermählung seiner Tochter gerade erfahren zu haben, obwohl sie bereits seit 3 Jahren verheiratet sei. Solches sei ihm als Vater fremd vorgekommen, daß nicht allein keine Ansuchung bei ihm geschehen, ja auch garnicht der geringste Buchstab an ihn geschrieben sei.

  Von dieser Gewissensehe scheinen lediglich die Schwester Charlotte Auguste und der Pfarrer Wilhelm Beiß gewusst zu haben, wie aus einer am 28. Oktober 1669 abgegebenen Erklärung hervorgeht. Solche Freiheiten, die sich Amalie Sybille herauszunehmen wagte, scheinen auch in späteren Jahren nicht unterbrochen worden zu sein. Nach 10-jähriger Ehe von ihrem Gemahl verstoßen, trat sie dauernd mit finanziellen Forderungen an ihre Geschwister heran, wobei sie des öfteren Unterstützung fand. Ruhelos irrte sie umher. Von Schloß Hardenberg gelobte sie ihrem Schwager Emich Christian das Haus nicht ohne seine Einwilligung zu verlassen, widrigenfalls sie ihrer Renten und Gefälle freiwillig verlustig gehen wolle. Darüber hinaus gab sie bindende Erklärungen, insbesondere die Stadt Köln meiden zu wollen. Sie selbst bekräftigte dieses Versprechen mit den Worten: Solange der allerhöchste Gott gäntzliches Land und Schloß Hardenberg in Gnaden behüte, von hier sich niemehren zu begeben. Ausdrücklich wurde ihr allein der Kirchenbesuch erlaubt. Die Gründe der seitens der Gräfin eingegangenen Verpflichtungen sind nicht klar ersichtlich, wahrscheinlich hat der Glaubenswechsel vom lutherischen zum katholischen Bekentnis eine Rolle gespielt. Ihr Name taucht in den Erbverträgen seit dem Jahre 1680 auf. Auf Grund einer Abmachung vom Mai 1682 verzichtete sie freiwillig gegen eine Auszahlung von 15.000 Reichstalern auf sämtliche Ansprüche in Broich. Die Teilzahlungen gingen indes so unregelmäßig ein, daß sie wiederholt bis 1700 den Klageweg beschreiten mußte.

  Trotz wiederholter Zahlungen nahmen ihre Bitten um Unterstützung kein Ende. Da teilte am 4. Juni 1684 Anna Elisabeth mit, kein Geld mehr anweisen zu können, da sie selber über keine Mittel mehr verfüge, und der Prozeß darüber hinaus große Summen verschlinge, auch die täglichen Ausgaben in Broich verhinderten eine weitere Unterstützung. Der Ablehung folgten neue Bitten. Vielleicht stammt ein undatiertes Schreiben an den Grafen Johann Ludwig zu Leiningen aus dieser Zeit, den sie beschwört, von den ihr gebührenden 2.000 Reichstalern die versprochene Teilzahlung von 500 Reichstalern sofort zu senden. Scheinbar handelt es sich hier um eine versprochene Abfindungssumme. Auch aus diesem Schreiben spricht völlige Mittellosigkeit. Der Weigerung ihrer Schwester Annlis (Anna Elisabeth), den ihr zustehenden Betrag auszuhändigen, wird darin ebenfalls Erwähnung getan. Sie sei entschlossen, weitere Vertröstungen nicht hinzunehmen. Sie könne so wahr Gott lebe, nicht länger warten, der praeceptor würde nicht eher fortgehen, bis das Geld gezahlt sey." Mit Entschiedenheit wies sie den Vorwurf der schlechten Versorgung ihrer zwei Kinder zurück. In ihrer Not bat Amalie Sybille ihren Neffen Johann Carl August, bei der Eintreibung des ihr von Anna Elisabeth zustehenden Geldes behilflich zu sein, da im Weigerungsfalle sie die rhänten [Renten] und Gefälle arretieren und durch alle erdenklichen Mittel das Ausstehende beyzutreiben entschlossen sey". Am 1. Dezember 1691 war die Not so groß, daß ihr auf inständiges Anhalten Geld auf die Reithnerischen Gefälle aufzunehmen erlaubt wurde und solches auf drei Jahre zu engagieren". Sie verpflichtete sich bei gräflichen Ehren diese Summe in Rechnung zu stellen oder deswegen andern Akkord" zu machen. Nach drei Jahren sollten diese Gefälle wieder frei, los und ledig sein".



Zahlung des Kaufpreises von Guth Wertenstein

Seite 1

Kopie

  Demnach der Hochgeborene Emich Christian

Graf zu Leiningen-Dachsburg, Herr zu Aspremont,

sich mit dem Herrn von Bahr als Gevollmächtigten

des Gräfl. Frauenzimmers zu Mezam [Metz] [am] 10. Juny

1688 dergestalt verglichen, daß Er alles, was die

Hochgebohrene Amalia Sybilla Gräfin zu Falckenstein

wegen des Guths Wertenstein schuldig verblieben,

bezahlen wollte, und durch die am 28. May bemelten [besagten]

Jahres [1688] gehaltene Rechnung zu ersehen, daß gedachte

Frau Fürstin von Falckenstein noch dreytausendein-

hundert und sechzig Reichsthaler, [und] achtzehn Petermänngen

restiret [zu zahlen hat], werden selbige hier aufgeführet, nehmlichen:

                                            3.160 Rth. 18 sols.

Und weil diese Gelder nicht zu den

veraccordirten [vereinbarten] Terminen erlegt, und

man desfalls Kosten thun müssen,

als hat ged. Herr Graf fünf [Prozent? Zinsen]

derenfalls sechzig Reichsthaler zu

erlegen versprochen:                              60 Rth - - .

[zusammen]                                  3.220 Rth. 18 sols.

Seite 2

Diese dreitausend zweyhundert und zwanzig

[und] ein Drittel Reichsthaler sind nachfolgender Gestalt

bezahlet worden:

1.) Hat Er die von deren weyland Esther, Gräfin zu

  Eberstein und Agathe Louyse Fürstin zu Leiningen

  dem H. Paul versezete [verpfändet], und der Frau Gräfin So-

  phien Sybillen zugehörige Kisten eingelöset, und davor

  an Capital und Zensionen bezahlt:                    287 Rth. 13 1/2 Sols

2.) An den Herrn Graf Carl Ludwig von

  Leiningen thut Er die Ihm von der Fr. Gräfin

  Agathen Louysen geschenkte 500 Rth. gut:            500 Rth - -

3.) An die Fräulein Charlotta Köcherin

  thut der H. Graf wegen des gräfl.

  Frauenzimmers eintausend Rth. gut:                1.000 Rth.

4.) Wegen der Fräulein Esther Juliana

  hat der Herr Graf in Franckfurth zu

  einem Pohlen sein Rock verkauft

                        man bezahlet:                11 Rth. 18 1/2 Sols

5.) Vierzehnhundert ein und zwanzig

  Reichsth. 45 Petermänngen,

  welche 1.421 Rth. 45 Peterm.

  der Herr von Bahr dem gräflichen Frauenzimmer

  bezahlet und gutgethan hat, als                    1.421 Rth. 45 Sols

                                [zusammen:]    3.220 Rth. 18 Sols.

Seite 3

Daß also diese Abrechnung dergestalt wie ob-

stehet, richtig seye, thun wir mit eigenen Handen

und Petschaften bescheinigen und bekräftigen,

geschehen zu Guntersblum, den 13. December 1688.

Sophia Sybilla, Gräfin zu Leiningen, wittib,

Esther Juliana, Gräfin und Fräulein zu Leiningen-Westerburg,

Emich Christian, Graf zu Leiningen.

Zwei Schuldverschreibungen

1.) Daß ich zu Entsunterschriebener von meiner Mutter wegen empfangen von

ma tante [meiner Tante] Charlot hab fünf un zwanzig reinisch [rheinische Währung]

sag 25 [Gulden?] reinisch [rheinische Währung] wird hir mit beyscheinigt

Bruch [Schloss Broich], den 4. Sebtemb. [September] 1685

Johanne Luwisse [Louise] de Rossillion



2.) Je promet de payer à la fille de ma soeur, [Text durchgestrichen] Madame de Roussillon, selon le decir de dit ma soeur Sibila [Sibylla] Comtesse de Falquenstein autres les vingt cinq écus que je lui ai baillée pour faire en voyage cinquante écus, a pasque à Cologne [Köln], a qui que Monsieur de Roussillon, Major de Dinant, la [les?] donnera et pour assecurer ce signe

Bruch [Schloss Broich], de 3. Decembre 1685

Charlott Auguste Comtesse de Falquenstein.

  Johanna Louise von Rossillon hielt sich auch nach ihrer Heirat mit dem Freiherr Jakob von Rossillon längere Zeit in Schloss Broich bei Mülheim/Ruhr auf. Als jung verheiratete Frau von 13 Jahren und während ihrer zahlreichen Schwangerschaften blieb sie gewiss in der Nähe ihrer Mutter.



Fußnote III): Die Ursache seines frühen Todes, er starb mit 45 Jahren, konnte ich bisher nicht herausfinden. Da er an seinem 45. Geburtstag starb (22.12.1745) könnte dies sogar zu Spekulationen veranlassen, dass es nämlich außer einem großen Zufall auch Absicht, nämlich Freitod, gewesen sein könnte. Verschiedene Umstände sprechen dafür: erstens hohe Schulden, seine Gläubiger bedrängten ihn immer mehr, möglicherweise verschaffte er sich geldwerte Vorteile auf Kosten seines Landesherrn, was diesem schließlich bekannt wurde; zweitens war seine Aufgabe als oberster Werbeoffizier keine angenehme, noch dazu in Kriegszeiten, die ihn in tiefe Schuldgefühle verstrickt haben könnte. Aber so lange keine weiteren Indizien gefunden sind, bleibt dies reine Spekulation.



Fußnote IV): Eintrag im Taufbuch der katholischen Basilika St. Johann in Saarbrücken über einen Bruder der Henriette Alexandrine von Roussillon:

anno domini 1743, Täufling Friedrich Carl Georg [von Roussillon] natus [geboren] am 25. Juni 1743, filius legitimus nobilis et generosi L. [Ludwig] Baron de Rossillon capitani legionis circularis pedestis de Nassau et nobilis B[aronin] [Anna Maria de Rossillon, geb.] de Geismar. Taufzeugen:

1. Serenissimus Graf Georg Wilhelm von Erbach [der Schwiegervater des regierenden Grafen von Nassau - Saarbrücken], vertreten durch Baron Friedrich de Deeren [von Düren],

2. Serenissima princip. Friderica Sophia de Nassau, nata compt. d' Erpach [Gemahlin Fürst Ludwigs], vertreten durch Baron de Bode,

3. Serneniss. comptessa Caroline von Leiningen, vertreten durch Fräulein Charlotta de Rossillon (eine Verwandte).



Fußnote V): Genealogie der Freiherren von Geismar auf Riepen (die mütterlichen Ahnen der Henriette Alexandrine von Roussillon)

(von Geismar: ein altes Geschlecht, das aus der Rheingegend nach Hessen, Thüringen und dann in die Kantone Rhön und Werra kam und schon 1139, 1152, 1199 erscheint. Im Jahr 1714 war es in den Ritterkantonen Rhön u. Werra aufgenommen und in diesem Jahre auch in den Freiherrnstand erhoben worden. 1681 wurde der Adel für Martin v. G. bestätigt. (E. S. - v. d. Knesebeck. - Sächs. Wppb. III.95. - Dorst, württ. Wppb. - v. Ledebur I. 250. - J. A. Tyroff, Wppb v. Würtemberg. - Grote, hannöv. Wappenb. C. 59) Eine Linie davon hat auch nach Abgang der Mosbach von Lindenfels deren Güter geerbt und ihr Wappen mit angenommen. (Seifert's Geneal. 115. - Biedermann, Rhön und Werra 300. - Neues geneal. Hdb. 1777, S. 82 u. f. 1778, I. 83 u. f.. - Gauhe I. 46 u. f. - v. Hattstein I, 109 ff. - v. Hefner, hess. Adel S. 10 taf. 9. - Siebmacher I, 143 n. 11. - v. Zedlitz. - v. H.)

I. Heinemann von Geismar * 1601 + 1649

  oo in II. Ehe (1630) mit Anna von Papenheim * ? + 1644

II. Martin Justus von Geismar auf Riepen* 1638 in ? + 1676 in?

  oo in II. Ehe (ca 1661) mit Margaretha Sophia von Exterde ex Lüdge * ? + ?

III. Christoph Gottfried von Geismar auf Riepen (durfte den Adelstitel seiner Frau Mosbach von Lindenfels annehmen, da die männliche Linie erloschen war)

  * 8.9.1667 in Warburg, + 10. Dez. 1725 in Wetzlar

(Kanoniker in Fritzlar 1681 - 1695, 1714 Freiherrenstand mit Zufügung des Namens Mosbach v. Lindenfels (deren Erbtochter er geheiratet hatte)

Der Grabstein ist in Wetzlar zu finden, Stiftskirche (simultan, jetzt noch)

Quellen u.a.: Bundesarchiv Frankfurt, Kartei des RKG Personals,

Staatsarchiv Darmstadt, O.R.R. F2 II Konv. 45/20 und M.R.R.B. II Konv. 44)

  oo mit Elisabeth (Elise) Freiin von Mosbach von Lindenfels * ? + ?

(Tochter von Johann Heinrich III. Mosbach von Lindenfels und der Juliana Sophia, geb. Lopes von Villanova * 1657 + 1752, 95 Jahre alt, Taufpatin bei einem Enkel, Kind des Lothar Franz von Geismar, wohnhaft in Ingelheim am Rhein)

In der Personalakte des Reichskammergerichts von Wetzlar (IV C 6 fol. 34) stehen folgende Informationen: (Dienstbeginn als Assessor am Reichskammergericht: 13. Februar 1711, juravit 20. Mai 1711, mit 44 Jahren)

1.) Name: Christoph Gottfried von Geismar.

2.) Eltern: Justus von Geismar und Margaretha Sophia de Höchster.

3.) non dubitat.

4.) Warburgum in principatu Paderbornensi, das Haus aber heißt Ripen.

5.) das Haus Ripen.

6.) natus anno 1667.

7.) Studium juris quando: Erfordia (Erfurt), Rindelly (Rinteln) et Colonia (Köln) per duos annos et ultimo Praga (Prag) per integrii luadriennium et lic(entiat) per sex annos.

8.) non habet gradumo, interrogabatus ergo nobilis Rh. omnino.

9.) in servitis palatinis Heidelberga per tres et medium annum.

10.) religionis catholica.

Die Eheleute von Geismar wohnten in Mainz und in Ober-Ingelheim im sogenannten Gotischen Haus an der Straße zur Burgkirche. Eine Tochter kam in Wetzlar zur Welt. Von einigen Kindern konnte ich noch kein Geburtsdatum und Ort der Taufe ermitteln. Zwei Töchter heirateten in Mainz.

Ihre Kinder (nicht vollständig):

III.1.) Lothar Franz Anton Heinrich Maria von Geismar auf Riepen,

    mit Hinzufügung des Namens von Mosbach von Lindenfels

  * 24. oder 25. Sept. 1707 in Mainz (Taufe: 26.09.1707, kath. Kirche St. Emmeran)

  Paten: der Kurfürst von Mainz, die Bischöfe von Eichstädt und Paderborn, der Abt

  von Werden und Helmstätt, Ferdinand von Geismar, Kapitular in Korvey,

  + 29.10.1772 in Ingelheim am Rhein

  oo I. Ehe: 25.06.1731 in Rastatt mit Catharina Agate Eva, geb. von Kerpen zu Illingen

  * 2. März 1709 + 19. Februar 1765 in Rastatt (56 Jahre alt)

  oo II. Ehe: mit Anna Agnes Spies von Büllesheim, * ? + ?

III.2.) Alexander Maximilian Kasimir Friedrich Joseph Georg von Geismar

  * 31.10. oder 01.11.1709 in Mainz (Taufe: 02.11.1709, kath. Kirche St. Emmeran)

  + [?]

  Paten: Eugen Alexander von Taxis, Maximilian Karl Graf von Löwenstein,

        Lopez de Villa Nowa (Großvater), Ferdinand Kasimir von Bassenheim,

        Herr von Gise und Domina Juliana Sophia (die Großmutter)

III.3.) Sophia Maria Henrica von Geimar, verheiratete de Marotte de Montigny

  * 28. Juni 1711 in Mainz + 22. April 1750 in Utweiler (Bliestal)

  Paten: von Herrisheim und Mosbachin

  oo 28. November 1731 in Mainz mit Johannes Franziscus Adrian Marotte de Montigny

  * 1704 + 1780 in Bitsch (Frankreich)

  Einziges Kind: Karl Philipp Fortunat Leopold de Marotte de Montigny

    * 24.10.1744 in Zweibrücken + 16.03.1806 in München,

    oo 13.10.1769 in Metz Anna de la Croix

    Einziges Kind: Fortunat Johann Jakob Ludwig Wilhelm * 16.10.1771

                oo in Blieskastel mit Anna Maria Kayser

III.4.) Louisa Charlotta Wilhelmina Theresia von Geismar,

  * 23.05.1715 in Wetzlar, + 30.06.1768 in Gonnesweiler

  oo 8. Juni 1733 mit de Latre de Feignies (siehe Genealogie de Latre de Feignies)

III.5.) Maria Anna von Geismar, verheiratete von Ro(u)ssillon,

  * ? (vor 1725) + in Trier am 20.07.1782 (St. Laurentius), Beerdigung lt. Trierisches Wochen-Blättgen, Nr. 30 vom 28ten Heumonat 1782, am 23.07.1782.

  oo 06.02.1738 Ludwig von Roussillon (siehe oben Genealogie von Roussillon)



Fußnote VI): Genealogie der Familie de Latre de Feignies

I. Peter Ernst de Latre,

        Ritter, Herr von Haute-Feignies, Rombies, Annay usw.

        oo Maria Katharina de Landas

II. Florentius de Latre de Feignies

        Herr zu Ressay

        oo Anna Maximiliane von Schellart

III.: Joseph Florentin de Latre de Feignies, * 1705 in ? + 18.05.1758 in Gonnesweiler

oo 08.6.1733 in Mainz mit Louisa Charlotta Wilhelmina Theresia, geb. von Geismar,

      * 24.05.1715 in Wetzlar, + 30.06.1768 in Gonnesweiler

Kinder:

IV.a.: Carolina Antonia Friderica Wilhelmina Christina Maria Anna,

        * 11.05.1735 in Gonnesweiler + 1804 in Kamp am Rhein

                Nonne, Priorin und letzte Äbtissin des Klosters Oberwerth bei Koblenz;

IV.b.: Ludovicus Wilhelmus Johannes Nepomucus,

          * 04.05.1738 in Gonnesweiler + ?

          Paten: Ludovicus de Roussillon aus Wertenstein

                und Wilhelmina Theresia de Montigny, geb. von Geismar,

IV.c.: Christianus Wilhelmus Franciscus Carolus Ignatius Johannes Nepamucus,

          * 25.07.1741 in Gonnesweiler + 2.5.1815 auf dem Marienpforterhof

          Paten: Franciscus Henricus Liber Baron de Breidebach (von Bürresheim?),

                Princeps Wilhelmus aus Saarbrücken, Carolina Bipontinae,

                Ludovica (Louise) de Dhaun, nata Serenissima Princeps de Nassau,

                Baron de Montigny, Capit. Cohortis,

          oo vor 1769 Augusta Juliana Josepha Friderica,

                geb. von Gemmingen-Massenbach, * in ?, + (in Mainz?)

Kinder: IV.c.1.: Franziscus (Franz) Josephus Ludovicus Bernardus Johannes Nepomuc

            Wunibaldus, * 07.01.1769 in Gonnesweiler + 14.1.1813 Marienpforterhof

                          Paten: Franciscus Carolus L.B. Latre de Feignies, Con-

                          Dominus in Gonnesweiler, Theley, Lauschied,

                          Josephus L.B. de Gemmingen-Massenbach,

                          Ludovica de Linden, Elisabetha Bernardine de Bach, geb.

                          Baronin de Gemmingen-Massenbach, Johannes Daniel,

                          Jodocus de Bach,

            oo I.Ehe: Philippine Weber (Tochter des Schumachers Georg Weber)

                      * ? + 28.10.1811 Marienpforterhof

Kinder: IV.c.1.a.: Eva Christina Feignies * 2.9.1801 + 1849

              oo Heinrich Wilhelm Barbier

      IV.c.1.b.: Elisabetha Wilhelmine Feignies * 14.2.1804 + ?

              oo II. Ehe: (27.2.1812) Anna Margaretha Thres * ca 1796/97  + 1827

                                  war bei der Hochzeit 15 Jahre alt, Tochter des

                                  Hofverwalters Johann Philipp Thres,

        IV.c.2.: Christiana Franzisca Amalia, * 10.04.1774 in Gonnesweiler + ?

                    Paten: Freiherr von Salm-Kyrburg und Gräfin von Dhaun,

                          Maria Anna von Massenbach, Amalia de Feignies,

                          Franzisca von Massenbach, Margaretha Blandin, Tholey,

        IV.c.3.: Elisabeth Henriette, * 24.7.1777 in Kirn + 12.10.1790 in Kirn

IV.d.: Charlotta Christina Maria Francisca Walburga,

          * 08.02.1743 in Gonnesweiler + ? Priorin des Klosters Machern/Mosel,

          Paten: Baron Carolo (Carl) de Roussillon,

          Dominica libera Baronesse de Kerpen aus Illingen, nata de (Mohr) de Walt,

IV.e.: Sophia Ludovica Christina Scholastica Walburga Johanna Nepomucenus

          * 31.01.1746 + ?

            Paten: Christianus de Dhaun, Sophia Ludovica D'ohar (D'Hame?)

            Carolina de Feignies, Gonnesweiler

IV.f.: Friedrich Fortunatus Ignatius Franciscus Xaverius Johannes Nepamucenus

          * 10.07.1750 in Gonnesweiler + 29.01.1754;

            Paten: Friedrich de Roussillon, Baron Fortunato de Jacob zu Hochlach,

            Gerlacus Fritsch, Maria Anna de Roussillon, Witwe, geb. Baronesse de

            Geismar und Weltpurg (?)

IV.g.: Maria Anna Francisca Johanna Walburga

          * 26.07.1753 in Gonnesweiler  + 03.01.1782 in Wadern

Paten: perilustri Maria Anna de Roussillon, vidua vices jupplente,

            perilustris et gratiosa virginis Maria Anna de Walte,

            canonissa de sancta Maria Metis [von Metz] et

            reverendissimo et illustrissimo domino libero [Freiherr]

            Barone Francisco de Schmitburg ecclesia metropolitana trevirensis canonico etc.

            Jacob Emmerich, Gonnesweiler;

        oo 1770 August 2. Ferdinand Franz August von Massenbach * 16.7.1743 + 23.5.1815

              Kinder: IV.g.1.: Maria Johann Adam Franz * 4.7.1771 + 12.2.1826

                    IV.g.2.: Maria Wilhelm Josef 2. Aloys * 28.6.1773 + vor 1785 ?

                    IV.g.3.: Josef Anton * 17.11.1774 in Wadern + 17.10.1781 in Wadern;

IV.h.: Ludovica Charlotta Adriana Honorata,

          * 22.01.1755 in Gonnesweiler  + ?

            Paten: Domina Hauth, Domicilla Honorata de Euler von Perfenheim,

            Adriana de Latre, Jacob Emmerich, Gonnesweiler



Fußnote VII:

Das Tagebuch des Landgrafen Ludwig IX. von Hessen-Darmstadt

Den 13. [Januar 1772] dieses [Monats] sind es 7 Jahr, daß Ich in Wien bin angekom[m]en. Vom 13. ist auch meine Dimission aus Wien datirt."

  Den 15. [Januar 1772] dieses [Monats] sind es 7 Jahre, daß ich das Kayserliche Regiment bekom[m]en habe."

  Seitdem der Landgraf seine Dimission aus Österreichischen Militärdiensten erhalten hatte, lebte er zurückgezogen in Pirmasens. Hier baute er sich sein eigenes privates Heerlager auf und konnte nun seiner Militärpassion fröhnen. Es ist mehr als verwunderlich, dass er zuerst in preußischen und dann in österreichischen Diensten stand. Wie konnte das geschehen? Die beiden Mächte waren zu dieser Zeit unvorstellbar befeindet. Die Große Landgräfin Caroline, seine Frau, blieb Zeit ihres Lebens dem Preußenkönig Friedrich II. eine treue Anhängerin.

  Mit der Gesundheit des Landgrafen Ludwig IX. stand es nicht zum Besten. Sein Rückzug aus allen öffentlichen und geselligen Ereignissen - offiziell blieb er jedoch regierender Landesherr - muss einen gravierenden Grund gehabt haben. War der Landgraf ein Syphilitiker? War seine Psyche so angegriffen und gezeichnet von der Krankheit, dass er freiwillig auf alle Regierungs- und Repräsentations-Pflichten verzichtete oder gar gezwungener Maßen Verzicht leisten musste?

  Seit mehreren Jahren hatte er Darmstadt gemieden. Er verkehrte" mit seiner Frau fast nur noch schriftlich. Sie besuchte ihn manchmal - bei Gelegenheit auf der Durchreise - in Pirmasens, er sie fast nie in Darmstadt. Einzige Ausnahme ist ein Zeitraum von Anfang Juli bis Anfang Dezember 1772, währenddem er sich in der Nähe von Darmstadt aufhielt und die Landgräfin ihn öfters besuchte, weil er schwer erkrankt war. Sie notierte Fieberanfälle ihres Mannes in ihr Tagebuch. Caroline Flachsland schrieb an Herder (125. Brief: [Darmstadt] den 7t. August 72): Der Landg[raf] sitzt schon etliche Wochen in der Nähe auf einem Lustschloß, und will nicht in der Stadt wohnen, um die GeheimeRäthe nicht zu sehen, die er von seinem Angesicht verbannt hält. Alle Lieutenants werden hinaus geladen ... " Sogar bei der Verlobung seiner Tochter Amelie mit dem Erbprinz von Durlach in Bergzabern war er nicht anwesend. Er notierte in sein Tagebuch:

  Den 18ten Januar [1774] hat mir der Hertzog von Zweibrücken die Nachricht gebracht, daß der Eheverspruch zwischen dem Erbprintzen von Durlach und meiner Tochter Amelie in Bergzabern geschehen seye."

  Und die folgenden Einträge im Tagebuch sind noch verwirrender:

  Mittwoch 17. August [1774]: Dato hält der Cam[m]erdiener Pilger Hochzeit. Heute ist der Pfarrer Spoor wieder abgereyßt. 28.802 Marches sind fertig."

  Donnerstag 18. August [1774]: Heute sind 28.810 Marches fertig."

  Freitag 19. August [1774]: Sind 28.816 Marches fertig."

  Samstag 20. August [1774]: Hat die Madame purgirt. Wurden 28.823 Marches fertig."

  Irgendwo steht, dass mit den Marches" Militärmärsche gemeint seien. Das heißt, am Donnerstag hätte er 8 Märsche komponiert, am Freitag 6 Märsche und am Samstag noch einmal 7 Märsche. Nur komisch, dass kein einziger Militärmarsch erhalten geblieben ist. Da muss etwas anderes mit Marches" gemeint gewesen sein.

  Dreimal wird ein Obrist-Lieutenant von Roussillon erwähnt:

  Mittwoch 7. September [1774]: Heute wurden 28.910 M. fertig. Dato ist der Obrist-Lieutenant von Roussillon von Churpfalz einpaßirt."

  Donnerstag 8. September [1774]: Wurden 28.918 Marches fertig."

  Freitag 9. September [1774]: Sind 28.924 Marches fertig."

  Samstag 10. September [1774]: Ist der Obrist-Lieutenant von Roussillon wieder abgereißt. 28.930 Marches fertig."

  Den 15. December [1774]: Roussillon von Rodalben."

  In mehreren Jahrgängen ist im Tagebuch eingetragen: Zu Bruchsal sind folgende Cavalliers:

O[ber] Amtmann zu Kislau: v. Geismar."

  Nun komme ich zu dem berüchtigten Eintrag, der angeblich beweisen soll, dass das ältere Fräulein von Roussillon, namens Sophie Henriette, Goethes Urania gewesen sein soll:

  Sonntag 18. Aprilis [1773]: Dato ein Brief von der Frau Landgräfin sbr. [selber] erhalten. ..., 28 [bedeutet wohl: der 28. Brief].

  Den 18ten abends um 7 Uhr ist die Fräulein v. Roussillon bei der Frau Herzogin Dchl. im 45ten Jahr ihres Alters gestorben u. wird den 21ten begraben."

  Dienstag 20. Aprilis [1773]: [...]diesen Mittag um 3 Uhr ist die Frau Landgräfin [die Große Landgräfin - seine Ehefrau] angekom[m]en. Der 28.105te Marchs ist fertig.

  Den 20ten ist der Hauptmann von Wolfsgarten von dem Fürsten von Saarbrücken expresse hier angekom[m]en, um sich wegen meiner Kranckheit zu erkundig[en]."

  Zuerst möchte ich den letzten Eintrag erläutern: Der Hauptmann von Wolfsgarten kam nicht etwa von Saarbrücken nach Pirmasens expresse" gefahren, um sich nach dem Gesundheitszustand des Landgrafen zu erkundigen. Die Umschreibung um sich wegen meiner Kranckheit zu erkundigen" soll heißen um sich zu erkundigen, wie die Ärzte meine Krankheit behandelt haben". Um welche Krankheit des Landgrafen von Hessen-Darmstadt handelte es sich? Ich tippe auf die Syphilis. Und wer fragte an? Nicht der Hauptmann von Wolfsgarten, das hätte dieser niemals von sich aus gewagt, sondern sein Dienstherr, der Graf Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken.

  Am 20. April 1773 um 3 Uhr am Nachmittag kam die Große Landgräfin Caroline in Pirmasens an. Sie stand vor dem größten Abenteuer ihres Lebens: kurz vor der Abreise zur Brautschau" nach Petersburg, wohin eine ihrer drei Töchter an den zukünftigen Zar von Russland verheiratet werden würde. Um jeden Verdacht eines Skandals zu vermeiden, ließ sie ihren psychisch kranken Ehemann im Irrtum, es handele sich um das ältere Fräulein von Roussillon. Dass eine jüngere Roussillon in die Dienste ihrer Mutter, der Herzoginwitwe Caroline von Pfalz-Zweibrücken getreten war, wusste der Landgraf nicht, weil er bereits seit Jahren nur höchst selten in Darmstadt und noch weniger in Bergzabern bei seiner Schwiegermutter gewesen war.

  Wenn der Landgraf von Hessen-Darmstadt ein Syphilitiker war, der wegen psychischer Auffälligkeiten seit mehreren Jahren (seit seiner Rückkehr aus Wien) nur noch höchst selten öffentlich in Erscheinung trat, der wegen der schweren psychischen und physischen Auswirkungen (moralische Enthemmung und zugleich Neurasthenie (Nervenschwäche), was beim Militär leicht als Feigheit ausgelegt werden konnte) seiner Krankheit den Militärdienst (zuerst in der preußischen und dann in der k. und k. Armee) quittieren musste, so kann die Große Landgräfin Caroline ihm auch niemals die Wahrheit über die Liebestragödie des Dichters Wolfgang Goethe mit der adeligen Henriette Alexandrine von Roussillon erzählt und noch viel weniger schriftlich anvertraut haben. Ich bin sogar überzeugt, sie ließ ihren kranken Gemahl absichtlich in dem falschen Glauben, es handele sich bei der Verstorbenen um die ältere Roussillon. Je weniger Menschen die genauen Personen und Vorgänge, die zum Tode der Rossillon geführt haben, bekannt waren, um so weniger bestand die Gefahr eines Skandals an ihrem Hofe. Und das noch kurz vor der Verheiratung einer ihrer Töchter an den Zarenhof in Petersburg.

  Aus diesen Gründen und Überlegungen halte ich den Eintrag des Landgrafen Ludwig IX. in seinem Tagebuch vom 20. April 1773 für eine falsche Vermutung und keineswegs für einen endgültigen Beweis dafür, dass die ältere Sophie Henriette von Roussillon Goethes Urania war.


© 2002-2006 Lothar Baus